AWO will in der Müritz-Region zwei Kitas schließen

16. September 2017

Müssen die Kleinsten das ausbaden, was die Chefs verbockt haben? Bei der AWO Müritz sieht es gerade so aus. Das vor mehr als einem Jahr in die Schlagzeilen geratene Unternehmen will nach Informationen von „Wir sind Müritzer“ zwei Kindertagesstätten schließen, und zwar die „Peenefüchse“ in Groß Gievitz sowie „Uns lütt Kinnerhus“ in Alt Schwerin. Die Eltern sind in dieser Woche auf einer Versammlung informiert worden und haben inzwischen auch einen Brief des Interim-Geschäftsführers Peter Reizlein erhalten.

In dem Schreiben, das „Wir sind Müritzer“ vorliegt, kündigt Reizlein die Schließung der Kitas zum Frühjahr 2018 an. Als Gründe nennt der vorläufige Chef eine seit Jahren schwierige Auslastung ohne eine bessere Belegungsprognose, eine schwierige Personalsituation und hohe Investitionen wegen erteilter Behörden-Auflagen. Außerdem hießt es, dass die Wirtschaftlichkeit in den letzten Jahren defizitär war.

Derzeit gebe es Gespräche mit dem Jugendamt, den Gemeinden und Elternräten, um Alternativen zu prüfen. Denkbar wäre beispielsweise ein Trägerwechsel.

Nadine Julitz, SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied im AWO-Vorstand, redet auf Nachfrage von „Wir sind Müritzer“ nicht lange um den heißen Brei herum:“Ja, der Vorstand hat die Schließung der beiden Kitas auf Vorschlag der Geschäftsführung beschlossen. Hauptgrund sind die dringend nötigen Investitionen, die wir aber gar nicht leisten können, weil uns die Häuser nicht gehören. Eigentümer sind die Gemeinden und die haben einen Neubau bislang in Gesprächen abgelehnt“, erklärte die Politikerin, die zugibt, dass ihr diese Entscheidung sehr schwer gefallen sei.

Die Elternräte der beiden Kitas wollen die verkündete Entscheidung nicht einfach so hinnehmen, sondern alles versuchen, ihre Kita in ihrem Dorf zu erhalten.

Die AWO Müritz ist vor mehr als einem Jahr in die Schlagzeilen geraten, weil sich der Ex-Geschäftsführer Peter Oljinyk und der ehemalige Vorstandsvorsitzende Götz-Peter Lohmann hohe Gehälter gezahlt und weitere Vergünstigungen eingestrichen haben sollen. Die Ermittlungen dazu sind nach wie vor nicht abgeschlossen.
Nachdem zunächst Simone Ehlert die Geschäftsführung übernahm, musste auch sie gehen, seither steht Unternehmensberater Peter Reizlein am Steuer. In der kommenden Woche soll dann ein neuer Geschäftsführer präsentiert werden.

KOMMENTAR

Wie war das mit dem Leitbild der AWO? Steht da wirklich etwas von sozialer Gerechtigkeit, von Verlässlichkeit sowie Kinder- und Familienfreundlichkeit? Alles Grundsätze, die von der Müritz-AWO seit langem mit Füßen getreten werden. Erst stopfen sich die Chefs die Taschen voll und bezahlen ihre Mitarbeiter zum Teil so schlecht, dass die das Weite suchen, sobald sie Alternativen haben, und dann sollen es jetzt die Kleinsten ausbaden.
Der neue Boss, der bald wieder verschwunden ist und wohl noch nie den Kindereinrichtungen der gemeinnützigen GmbH vorbei geschaut hat, sieht  nur die Zahlen, nicht die Menschen dahinter. Das kann man ihm wahrscheinlich nicht mal zum Vorwurf machen, denn dafür wird er bezahlt, gut bezahlt. Aber dass der Vorstand solche Pläne absegnet, ist mehr als unverständlich, nicht nur für die betroffenen Familien. Zumal mit Nadine Julitz eine SPD-Politikerin im Vorstand sitzt, die nicht nur im Wahlkampf vor einem Jahr viel für Kitas versprochen hat.

Sicher, die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder müssen eine schwierige Situation meistern, und das neben ihrer eigentlichen Arbeit und dazu noch kritisch beobachtet von der Öffentlichkeit. Sie haben die Verantwortung für rund 700 Mitarbeiter und müssen handeln, wenn das „Schiff AWO“ in Schieflage gerät. Doch sie setzen den Rotstift an der falschen Stelle an. Bei Kindern, die auch von der AWO gerne als „unsere Zukunft“ bezeichnet werden. Das kann und das darf nicht der richtige Weg sein. 

Die Eltern sind bereit, mitzuhelfen, wenn es darum geht, ihre Kitas zu erhalten. Jetzt ist es an der AWO, mit ihnen gemeinsam sowie mit den verschiedenen Behörden nach Lösungen zu suchen. Und zwar ohne, nur auf den Euro zu schielen, sondern mit besonnenem Blick auf die Kinder. Denn dass die Kleinen „unsere Zukunft“ sind, ist nicht einfach nur eine gern gebrauchte Floskel.
                                                                                                                                                     Antje Rußbüldt-Gest


8 Antworten zu “AWO will in der Müritz-Region zwei Kitas schließen”

  1. Ricarda Weis sagt:

    Sie haben nicht ganz unrecht jedoch ist Ihre Betrachtungsweise doch etwas oberflächlich. Wenn über Jahre Einrichtungen mit durchgezogen werden, die rote Zahlen schreiben dann muss man irgendwann eine Entscheidung treffen. Warum soll denn die AWO in gemietete Objekte investieren. Das hat sie jahrelang getan um eben diese Standorte zu erhalten. Bauliche Mängel und daraus resultierende Auflagen sind zum größten Teil Aufgabe der Vermieter, also z.T. der Gemeinden. Wenn die jedoch nicht bereit sind und nicht reagieren, was soll die AWO da tun. Die haben über Jahre viel aufgefangen und gestemmt, was nicht ihre Aufgabe gewesen wäre eben um die Kitas nicht schließen zu müssen. Dass manchmal kleinere Kitas geschlossen werden müssen ist völlig legitim und das machen andere Träger genauso. Bevor hier wieder der bösen AWO Schuld gegeben wird, sollte man mal woanders Kritik üben. Beispielsweise bei Jugendämtern, die viele Kosten nicht mit verhandeln, bei denen der Träger draufzahlen muss. Oder bei den Gemeinden, die über viele Jahre nicht bereit waren in ihre eigenen Objekte zu investieren um sie als Kitas zu halten. Man kann nun wirklich von keinem Träger verlangen in bauliche Maßnahmen immer weiter zu investieren. Dass da nach vielen Jahren so eine Entscheidung getroffen wird, ist doch verständlich. Denn, und das ist Fakt, die AWO hat nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Kindern sondern muss auch jeden Monat Gehälter an über 600 Mitarbeiter zahlen. Und das tut sie meines Wissens nach jeden Monat pünktlich. Dass die AWO in einer schwierigen Situation steckt ist allen klar, da sind gewisse Entscheidungen notwendig und längst überfällig gewesen.

  2. Peter Sohr sagt:

    Wenn sich die AWO mal endlich auf deren Kernaufgaben und Grundgedanken zurück besinnen und ihre Finger aus Immobiliengeschäften ect. lassen würde. Macht sie aber nicht und daher ist dieser Haufen zu entrümpeln. Die die das Geld an der Basis mühe- und aufopferungsvoll erwirtschaften, bekommen an Lohnzuwendungen einen Bruchteil dessen, was in der Verwaltung „verwaltet“ und verschludert wird. Das Ganze unter dem Deckmantel der SPD. Pfui ! Schluß damit !

  3. Peter L. sagt:

    Hier wird mal wieder schön Wahlkampf betrieben. Als wenn die SPD jetzt verantwortlich ist für die Schließung.

    Zu wenige Kinder in den Dörfern, zu wenig Geld welches in den Immobilienbestand gesteckt wurde. Da kann die SPD nun nichts dafür. Es wurden und werden auch Grundschulen in den Dörfer geschlossen. Finde ich auch nicht gut, aber manchmal steigen die Kosten ins Uferlose.

    Frau Rußbüldt-Gest, sie haben wahrscheinlich keinen EInblick in die genauen Zahlen der Kitas.
    So einfach schließt man keine Einrichtungen.
    Aber lieber ein paar kleine Kitas schließen (und ich verstehe den Kummer der Eltern), als dass vielleicht die ganze AWO daran krankt.

    „Doch sie setzen den Rotstift an der falschen Stelle an. Bei Kindern, die auch von der AWO gerne als „unsere Zukunft“ bezeichnet werden. Das kann und das darf nicht der richtige Weg sein. “

    Klingt wirklich leichter gesagt, als getan.
    Wo soll man das Geld hervorzaubern für diese Kitas?
    Und vom Bundesland kann auch nicht mehr viel kommen. Es gibt ab 2019 eine Schuldenobergrenze und die muss eingehalten werden. Also kann das Land leider auch nicht viel Geld verteilen (wäre mir ja auch lieber).

    • S.Garmshausen sagt:

      Lieber Peter, sehr geehrter Leser, Ihr habt in Gievitz eine super Schule aufgebaut und viele Warener Eltern bringen Ihre Kinder in unser schönes Dorf, natürlich hatten wir die Hoffnung, dass auch unsere Kita davon profitieren würde, denn jeden Tag fahren die AWO Busse nach Gross Gievitz und in Zeiten knapper kitaplätze würde das auch Sinn machen. Herr Borchert hatte mir vor der letzten Kommunalwahl eröffnet, dass nun in die kita investiert wird ich könnte mit der INFO losziehen. Das ist lange her. In der Gemeindevertretung haben wir immer das Gespräch mit der AWO gesucht und hatten auch den Verkauf angeboten. Meine vier Kinder haben, unter verschiedenen Trägern, unsere Kita erlebt und gemocht und nun soll mein kleinster „Peenefuchs“ nicht nahtlos in die Peeneschule gehen sondern muss noch vorher zwei Jahre woanders hin?! Wir haben in der kita 18 Kinder und weiterhin viele Anmeldungen, es könnten noch ein paar mehr sein aber es ist eben eine Landkita! warum sollen wir unsere Kinder in die Stadt fahren, wenn es doch hier viel schöner ist? Investieren, werben und Erfolg haben! „Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, die AWO macht es anders rum?! “ Freundliche Grüße aus Gross Gievitz Stefan Garmshausen

  4. Mario sagt:

    Mal eines vorweg – den Kommentar von Herrn Sohr kann ich irgendwie nicht diesem Thema zuordnen. Er wirkt für mich komplett deplaziert und am Thema vorbei. Aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren… Sicherlich hat die AWO eine unrühmliche Vergangenheit und noch einen steinigen Weg vor sich. Es hilft aber keinen, wenn immer wieder die gleiche Keule herausgeholt wird und dabei völlig am Thema vorbeigeredet wird.
    Zum Thema: Es ist natürlich bitter, solche unpopuläre Entscheidungen treffen zu müssen, gerade wenn diese die Jüngsten unter uns betrifft. Ich habe mal versucht, es ganz nüchtern zu betrachten. Die AWO ist wie viele andere ein privater Träger. Und solche Unternehmen (auch wenn es eine gGmbH ist) sind darauf angewiesen, dass am Ende des Tages etwas mehr als eine schwarze Null unter dem Strich stehen bleibt. Wenn eine Einrichtung defizitär arbeitet, muss das Geld von anderen Einrichtungen abgezweigt werden.
    Also sucht man Wege um dieses Defizit abzubauen. Aber wo will man in diesen Einrichtungen denn bitte sparen? Am Personal? Geht nicht, da es hier durch das Kifög Mindestanforderungen gibt und die Erzieher bei der AWO eh schon alles andere als gut verdienen. An der materiellen Ausstattung? Geht aus verständlichen Gründen auch nicht. Also scheidet das Thema Einsparungen hier aus. Bleibt nur die Einnahmenseite. Mehr Geld möchten die Eltern bestimmt nicht zahlen, sollen sie auch nicht (Anmerkung: aus meiner Sicht sollte der Kita-Besuch kostenlos sein). Das Land hat sich durch das Kifög Grenzen gesetzt, bleibt also nur die Kommune.
    Ich kenne die finanziellen Verhältnisse in den beiden Gemeinden nicht, allgemein sieht es wohl aber in keiner Gemeinde rosig aus. Nicht umsonst wurden in vielen Gemeinden die kommunalen Kitas in private Hände überführt. Nun ist guter Rat bekanntlich teuer – ich möchte in dieser Situation nicht entscheiden müssen. Man kann eigentlich nur verlieren.
    Zudem – wenn es stimmt was Frau Julitz zum Thema Sanierung und Neubau gesagt hat, dann müssen sich die Kommunen zuerst mal an die eigene Nase fassen. Ich hoffe nur für die Kids, dass in der nächsten Zeit eine einvernehmliche Lösung für alle Seiten gefunden wird.

  5. Wolfgang Holbe sagt:

    Wer hier mitredet ,sollte möglichst über die Sachlage informiert sein. Das gilt auch für Frau Julitz!!
    Die Gemeinde Alt Schwerin investiert seit Jahren in die Einrichtung und ist auch bereit vollumfänglich weiterhin als Vermieter die notwendigen Investitionen zu leisten. Das ist der AWO auch bekannt und in mehreren Gesprächen erörtert worden.

  6. Wolfgang Holbe sagt:

    Bevor man sich an der Diskussion beteiligt sollte man die Sachlage wirklich kennen. Das gilt insbesondere auch für die Entscheidungsträger. Die Gemeinde Alt Schwerin hat die notwendigen Investitionen immer aufgebracht und wird dies als Vermieter auch zukünftig vollumfänglich tun um die Kita zu erhalten. Diese Zusage ist der AWO auch bekannt. Wer etwas anderes behauptet ist schlecht informiert oder beabsichtigt den „schwarzen Peter“ wegzuschieben.

  7. w sagt:

    Ich sehe das Problem darin, dass alles auf einmal ohne klare Nennung der Fakten diskutiert wird. Sind die Verantwortlichen beim Spiel Schrapps hat den Hut verloren? Manche Kommentatoren zumindest machen diesen Eindruck. In solchen Dingen gibt es eine klare Regel, die stets zur Versachlichung und meist auch zum Erfolg führt.

    1. Zuerst reden vernünftige Projektbeteiligte über Fakten, den Ist-Zustand: Wieviel Kinder, welchen Zustand hat das Haus, wie ist der Personalbestand und die absehbare Entwicklung dessen, welche Kosten liefen auf und wie wurden sie getragen. Wie der Ist-Zustand zustande kam und wer das zu welchem Teil verbockt hat, ist Fahrradkette und wird nicht diskutiert.

    2. Nun redet man über realistische Entwicklungen, Notwendigkeiten an Investitionen:
    1. zur Erfüllung der Gesetzlichkeit,
    2. Wirtschaftlichkeit und
    3. am Ende über Wünschenswertes.
    Das wird später nicht noch einmal diskutiert.

    3. Nun reden die Vernunftbegabten man erstmals über Geld, abgesehen von der Beschreibung des pekuniären Ist-Zustands. Angefangen wir damit: Was braucht man wegen der gesetzlichen Notwendigkeiten, dann für Investitionen in die mittel- und danach in die langfristige Wirtschaftlichkeit und wieder am Ende für das Wünschenswerte.

    4. Nun wird es Zeit, über die Finanzierung zu reden und das ist auch erst jetzt dran!!! Wer es vorher tut, guckt Sterne, betreibt Politik oder Intrigen. Das führt zum Austarieren der in 2. genannten und in 3. quantifizierten Dinge. Wer viel Wünschenswertes will, darf gleich Geld dafür mitbringen. Wenn es aber an dieser Stelle scheitert und nur weil die Gesetzlichkeiten nicht erfüllt werden können, wird zwangsläufig dicht gemacht.

    So geht das mit klarer Zuweisung der Verantwortlichkeit, ganz ohne schmutzige Wäsche zu waschen. Leider wird aber immer über Schuldige und ohne Fakten über Finanzierungen gequatscht, weil das Ziel wohl ein Anderes ist, als die Sache zu einem guten Ende zu führen.