Geldstrafe und Monats-Fahrverbot für Rentnerin nach tödlichem Vorfahrtsfehler für Motorradfahrer

8. Februar 2017

Das Amtsgericht in Waren hat gestern einen Fall verhandelt, der leider viel zu oft auf den Straßen vorkommt: Fahrlässige Tötung. Die angeklagte Autofahrerin hat im April 2016 einem Motorradfahrer östlich von Neustrelitz auf der Bundesstraße 198 die Vorfahrt genommen. „Nein ich habe den Motorradfahrer nicht gesehen und ich habe keine Erklärung, woher er gekommen war“, sagte die 72 Jahre alte Frau vor dem Amtsgericht.

In der Verhandlung wurde aber auch deutlich, dass die Frau und ihr Verteidiger daran zweifelten, dass sich der Motorradfahrer aus der Region an die Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometer gehalten hätte. Das spielte aber am Ende keine entscheidende Rolle: Geldstrafe von 2250 Euro und ein Monat Fahrverbot lautete das Urteil von Richter Manfred Thiemontz.

„Wir haben es hier mit einem sehr, sehr tragischen Fall zu tun“, sagte Thiemontz am Ende. Der Unfall war an der Auffahrt von dem Grundstück der Frau in einem einsamen Ortsteil von Carpin auf die Bundesstraße passiert. „Ich wollte zum Frisör nach Neustrelitz und hatte dann eine Woche Urlaub“ erläuterte die Frau in einem Schreiben.

An der Unfallstelle gebe es leider keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Bundesstraße. Sie habe noch einen Motorradfahrer vorbeifahren sehen, dann niemanden bemerkt und sei nach links abgebogen. In Höhe der Sperrlinie in der Fahrbahnmitte kam es zum Zusammenstoß. Der Motorradfahrer flog über die Motorhaube, an beiden Fahrzeugen entstand Totalschaden. Der 63-Jährige hatte zwar Lederkluft und Helm an, starb aber an den schweren Verletzungen sofort an der Unfallstelle.

Ein Dekra-Gutachter errechnete anhand der Verformungen eine Aufprallgeschwindigkeit von 70 bis 80 Stundenkilometern. Das zweifelten der Anwalt und die Angeklagte zwar an. Letztlich wollte die Rentnerin aber keine weiteren Beweisanträge, die die Verhandlung verlängern würden, sondern ein Urteil. Sie leide selbst unter den psychischen Folgen des Unfalls, sagte sie.

„Wer an einer so gefährlichen Stelle auf die B 198 auffährt, muss die dementsprechend hohe Aufmerksamkeit aufbringen“, sagte der Richter. Wenn das nicht gehe, müsse sich der Fahrzeugführer eben „vortasten“. Das habe die Fahrerin nicht gemacht. Der Motorradfahrer soll noch gebremst und versucht haben, einen Zusammenprall auszuweichen, was aber nicht gelang.

Mit der Strafe ging das Gericht noch etwas über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die eine etwas geringere Geldstrafe gefordert hatte. „Ich hatte den Eindruck, dass Sie Schwierigkeiten haben, die Verantwortung zu übernehmen“, sagte der Richter.

Der Anwalt der Verurteilten, die seit mehr als 40 Jahren Auto fährt und keine Voreintragungen im Verkehrszentralregister hat, hatte sogar Freispruch gefordert. Die Frau gab ihr Einkommen – danach richtet sich die Höhe der Geldstrafe – mit etwa 750 Euro monatlich an. Der Unfall wäre nur vermeidbar gewesen, wenn die Autofahrerin kein „Augenblicksversagen“ gehabt hätte, sagte die Staatsanwältin.


4 Antworten zu “Geldstrafe und Monats-Fahrverbot für Rentnerin nach tödlichem Vorfahrtsfehler für Motorradfahrer”

  1. Flix sagt:

    Menschen tot fahren wird in Deutschland wohl kaum noch bestraft. Urteil viel zu milde

    • jens 66 sagt:

      Wenn Menschen wirklich „totgefahren“ werden, wie in Waren am Seeufer geschehen, gibt es dafür leider keine Strafen, noch jedenfalls nicht!!!….egal ob der Täter einen Führerschein hat oder der längst abgenommen wurde!
      Die Beschuldigte hat fahrlässig einen riesen Fehler gemacht und war dann auch noch ehrlich, denke ich jedenfalls.
      Hätte sie ordentlich Alkohol getrunken und reichlich Drogen genommen, wäre sie mit Sicherheit straffrei davongekommen.
      Deutsches Recht, muss man nicht verstehen, aber leider ertragen.

  2. Karin sagt:

    Vor einiger Zeit wurde das Urteil diskutiert von dem totfahrer an der Kuhtränke. Er war unter Drogen,alkoholisiert und hatte den Führerschein schon abgeeben müssen .Wenn ich das gegenüberstelle dann ist dieses Urteil viel zu hoch . Aber generell haben Sie recht ein Menschenleben gilt nicht mehr viel in unserer Rechtssprechung. Für Steuerhinterziehung sind die Strafen höher aber da geht es ja auch um Geld und nicht um ein Menschenleben.

  3. Elimar sagt:

    Über das Strafmaß will ich nicht urteilen, fahre ich doch selbst Auto und weiß dass es jederzeit passieren kann. Ich würde aber, wenn ich jemandes Leben ausgelöscht habe und sei es durch einen Augenblick Unachtsamkeit, jedes Urteil annehmen, denn wie soll es dabei Gerechtigkeit geben? Auch wenn es zeitweise sehr viel war, aus Umweltgründen und auch deshalb fahre ich nur, wenn es unbedingt nötig ist, Gott sei Dank seit 46 Jahren unfall- und seit 23 Jahren blitzerfrei.

    Dass der Beitrag direkt unter einer Autoreklame erscheint, ist eine andere Sache. Hat wohl was mit dem Stellenwert der Moral in der Gesellschaft allgemein zu tun.