Langzeitarbeitslose trotz vieler offener Stellen häufig ohne Chance

28. Januar 2017

Im vergangenen Jahr waren durchschnittlich 16.401  Menschen im Landkreis der Mecklenburgischen Seenplatte arbeitslos. Davon 7.279 Männer und Frauen ein Jahr oder länger auf Arbeitssuche. Damit war fast jeder zweite Arbeitslose langzeitarbeitslos. Neun von zehn beziehen Arbeitslosengeld II – umgangssprachlich Hartz 4 genannt.

In der Seenplatte wird es nach Ansicht des Arbeitsagenturchefs, Thomas Besse, immer schwieriger, freie Jobs mit Männern und Frauen zu besetzen, die ein Jahr oder länger auf Arbeitssuche sind. „Sie profitierten kaum vom positiven Beschäftigungstrend der vergangenen Monate.“

So ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen im Landkreis in den letzten fünf Jahren merklich gestiegen. Lag dieser im Jahr 2011 (Jahresdurchschnitt) bei 30,6 Prozent, waren es im vergangenen Jahr 52 Prozent und damit jeder Zweite.

ie Gründe, weshalb Langzeitarbeitslose bei der Besetzung von Arbeitsplätzen oft das Nachsehen haben, sind vielschichtig. Hier führt Neubrandenburgs Arbeitsagenturchef beispielsweise an, „dass das Profil der zu besetzenden Stelle spezielle fachliche Qualifikationen auf dem neuesten Stand erfordert.“ Um die Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen zu erhöhen, empfiehlt er unter anderem „Qualifizierungsmaßnahmen und Coaching“.

Es geht aber nicht nur um Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt, sondern auch um eine „verstärkte Bereitschaft der Unternehmen, sich Langzeitarbeitslosen zuzuwenden“, fordert Besse. Noch lange nicht genug Betriebe bei uns sind dazu bereit. Helfen würde schon die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch oder auch eine Probebeschäftigung als Trainingsmaßnahme. „Der Weg ist aber alles andere als einfach“, sagt er.

Im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit kündigt Besse ein gemeinsames Arbeitsmarktprogramm zwischen Landkreis, Arbeitsagentur sowie den beiden Jobcentern in der Seenplatte an.

2016 meldeten Arbeitgeber dem Arbeitgeber-Service von Arbeitsagentur und Jobcentern fast 8.650 offene Stellen, 130 mehr als im Vorjahr (8.505). Allein im Dezember registrierten wir über 2.200 offene Stellen. Gefragt waren vor allem Fachkräfte und Spezialisten für Callcenter und Zeitarbeit, aus den Bereichen Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung, im verarbeitenden Gewerbe, Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, im Baugewerbe sowie im Gastgewerbe“ sagt der Agenturchef.


2 Antworten zu “Langzeitarbeitslose trotz vieler offener Stellen häufig ohne Chance”

  1. HaPe sagt:

    Das Lohnniveau in sehr vielen Tätigkeiten ist so niedrig, daß so manch Arbeitsloser mit Harz 4 plus Gelegenheitsarbeit (landläufig Schwarzarbeit) besser gestellt ist. Der Anreitz, sich unter diesen Umständen in ein festes Arbeitsverhältnis einbinden zu lassen, ist für so manchen Arbeitslosen nicht sehr interessant. Fast 1Million Vollzeitbeschäftigte sind zusätzlich zu ihrem beschämend niedrigen Einkommen darauf angewiesen, Beihilfen aus den Sozialkassen zu beziehen. Das ist beschämend und muß zu Scham und Frust führen. Für viele Arbeitswillige lohnt“ es sich bei diesem beschämend niedrige Einkommensniveau einfach nicht, einer schlecht bezahlten Vollzeittätigkeit nachzugehen. Für die handwerklichen Gewerke, in denen es immer genügend „nebenher“ zu arbeiten gibt ist der Bezug von Hartz 4 plus Schwarzgeld häufig lukrativer. Ein sog. Schattenarbeitsmarkt, der beachtliche Zuwächse verzeichnet. Und das zum Schaden der Handwerksbetriebe, des Steuer- und Sozialversicherungsaufkommens, der Sozialkassen (Hartz 4) und damit zu Lasten der Gesellschaft. Es ist daher ein Irrglaube, daß ein niedriges Lohnniveau gesamtwirtschaftlich günstiger ist, als ein wirklich auskömmliches, von staatlichen Transferleistungen unabhängiges, Lohn-und Gehaltsniveau. Die Steuer- und Sozialversicherungeinnahmen würden steigen, die Sozialhilfeleistungen sinken, die Konsumwirtschaft profitieren, die Staatsverdroßenheit abnehmen und der gesellschaftliche Konsenz würde wieder steigen.

  2. MS sagt:

    Fragen Sie mal einen Langzeit-Hartz 4-Empfänger nach seinen Zielen. Ich habe das gemacht und mehrfach nur gehört: Hartz 8, nicht Arbeit oder Lehrstelle. Als besonders ungerecht empfinde ich es, wenn junge, gesunde Menschen mit „Null-Bock-Stimmung“ auf Schulabschluss oder Ausbildungsplatz dann sofort auch Hartz 4 erhalten und Menschen älteren Semesters wird die Arbeit noch bis 67 zugemutet. Was ist das für eine Politik!
    Hartz 4 sollen gern alle bekommen, die nicht so viel Geld erhalten wie z. B. Rentner, die ein Leben lang für wenig Geld gearbeitet und ihre Kinder groß gezogen haben ohne so viele soziale Leistungen, die es jetzt gibt oder Familien mit Kindern. Ich wäre auch dafür, das Geld so einzusetzen, dass die Beiträge in den Kitas sinken oder für eine kostenlose Essensversorgung der Kinder in den Einrichtungen.