Mit Baby auf dem Schoß auf der Anklagebank

30. November 2016

Kann man als älterer Mensch noch sicher sein Geld von der Bank abholen?  Diese Frage haben sich seit Ende 2014 viele Senioren an der Mecklenburgischen Seenplatte nach einem spektakulären Raubfall in Malchin gestellt. Dort hatte ein Unbekannter einen 82 Jahre alten Mann abgepasst, nachdem dieser eine vierstellige Geldsumme abhob und in seinen Beutel steckte. Der Täter war gerade ebenfalls in der Bank und entriss dem Opfer mittags auf der Straße einfach den Beutel – nun soll er ein Jahr und drei Monate in Haft.

„Bisher hat der Strafvollzug noch nicht besonders auf sie eingewirkt“, stellte Richterin Tanja Krüske in der Urteilsbegründung am Dienstag am Amtsgericht Neubrandenburg fest. Deshalb sei für den 33 Jahre alten Malchiner, der von Hartz-IV-Leistungen lebt, diesmal keine Bewährungsstrafe möglich. Vorher hatte sie die 15 Punkte umfassende Vorstrafenliste verlesen, darunter mehrere Diebstähle. Dem Verurteilten waren die Videoüberwachung in der Bank und eine DNA-Analyse des Beutels zum Verhängnis geworden.

gerichtnbg„Was Sie getan haben, beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl älterer Menschen“, hielt Richterin Krüske dem arbeitslosen Mann vor, der ab und zu bei Schaustellern hilft oder Schrott sammelt. Dieser hatte erst geschwiegen, aber nach gut einer Stunde Verhandlung alle Vorwürfe zugegeben.
„Meine Freundin hatte von einer Betreuerin nur 40 bis 70 Euro pro Woche“, erzählte er vor Gericht. Das sei zu wenig gewesen. Als er gesehen habe, wie der Rentner 1500 Euro an dem Tag in der Bank abhob und den Umschlag in einen Beutel steckte, habe er später einfach zugegriffen.

Dabei rissen die Henkel des Beutels, die der Geschädigte um die Hand gelegt hatte, ab. Das Opfer ging mit einem Krückstock, stürzte aber nicht. Mit dem Geld habe er Essen und Sachen kaufen wollen, sagte der Angeklagte. Tatsächlich ging das Paar in eine Spielothek, wie jeden Tag, und gewann damals auch noch einen Jackpot von mehr als 700 Euro. Ab trotzdem sei das ganze Geld etwa drei Monate später für Sachen, neue Möbel und Essen weggegangen.

Der Anwalt des 33-Jährigen forderte mit Blick auf die noch junge Vaterschaft seines Mandanten ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe, die aber möglichst zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Das Pärchen war mit der vier Monate alten Tochter vor Gericht erschienen, da die Mutter auch als Zeugin geladen war. Während ihrer Vernehmung saß das Baby beim Vater still auf der Anklagebank. Die Frau hat zudem einen Sohn aus einer anderen Beziehung.

Trotz allem ließ sich das Gericht nicht auf eine Bewährung ein. Der Verurteilte könne von Glück sagen, dass dem Rentner nichts Schlimmeres passiert sei, hieß es. Der Verteidiger hat nun eine Woche Zeit, Berufung einzulegen.


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