Müritzer haben die meisten Stasiakten vor Vernichtung gerettet

16. Januar 2018

Vor 28 Jahren wurde in Berlin die Stasi-Zentrale in der Normannenstraße gestürmt. Kurz davor besetzten mutige Leute schon an der Müritz die Dienststellen der ungeliebten Staatssicherheit.
Es hatte sich herumgesprochen, dass die „Geheimdienstler“ dabei waren, eifrig Spuren zu verwischen und Akten zu vernichten. Wie „Wir sind Müritzer“ nun herausfand, können die Menschen an der Müritz stolz sein, dass sie damals noch größere Aktenverbrennungen verhinderten.

„In der Kreisdienststelle Waren wurden mit 78 Metern laufende Akten und Papiere die meisten Unterlagen im damaligen Bezirk gesichert“, sagte die Leiterin der Außenstelle des Bundesbeauftragten für die Aufarbeitung der Stasi-Hinterlassenschaften (BStU) in Neubrandenburg, Marita Richter gegenüber „Wir sind Müritzer“. Also 78 Meter Akten von 35 hauptamtlichen und 264 inoffiziellen Mitarbeitern für rund 53 000 Einwohner des damaligen Kreises Waren.

In der Kreisdienststelle Neubrandenburg konnten 63 Meter Akten gesichert werden, in Anklam 47 Meter, in der Kreisdienststelle Röbel immerhin noch 23 Meter Stasi-Akten. Hier hatte ja Ex-Ministerpräsident Berndt Seite bereits ein Buch über die Leute, die ihn und seine seine Familie bespitzelten, vorgelegt.

Marita Richter ermuntert die Menschen an der Müritz und der gesamten Seenplatte, möglichst zügig weitere Anträge auf Akteneinsicht zu stellen. Die Mitarbeiter der Jahn-Behörde, wie Lisamarie Kasten, die in Waren Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste gelernt hat, kennen sich bestens im Archiv aus und hätten inzwischen sehr viele Akten mit erschlossen. Auch zerrissene Akten, die säckeweise gesichert wurden, seien zu 85 Prozent  rekonstruiert worden. „Wir merken immer wieder, dass in manchen Familien erst dann wirklich Frieden einzieht, wenn Verdächtigungen ausgeräumt sind.“

Die Wartezeit liegt im Schnitt derzeit bei zweiundeinviertel Jahren. 2017 gingen rund 1300 Anträge auf Auskunft, Einsichtnahme und Herausgabe von Akten in Neubrandenburg ein, etwas mehr als 2016.

„Wo früh besetzt wurde, blieb mehr erhalten, das ist eindeutig“, verdeutlichte Richter nochmals. So blieben in Neustrelitz nur 17 Meter Akten übrig, in Pasewalk ganze 8 Meter, Strasburg 7, Malchin und Altentreptow nur 5 und in Teterow, wo es 1953 auch Unruhen und eine Außenstelle des Panzerreparaturwerkes Neubrandenburg gab, blieben nur 4 Meter Stasiakten übrig.

Die nächste Info-Veranstaltung zum Thema „Staatsplan Sieg“ Überwachung von Kindern und Jugendlichen in den Kinder- und Jugendsportschulen findet am 17. Januar statt.

BStU, Außenstelle Neubrandenburg
Neustrelitzer Straße 120
17033 Neubrandenburg
Telefon: (03 95) 77 74-0
astneubrandenburg@bstu.bund.de


3 Antworten zu “Müritzer haben die meisten Stasiakten vor Vernichtung gerettet”

  1. REINER FRÖHLICH sagt:

    ICH HABE VOR JAHREN EINEN ANTRAG AUF AKTENEINSICHT GESTELLT. DOCH DIE STASI MITARBEITER DER STASI UNTERLAGENBEHÖRDE WISSEN ES SCHON ZU VERHINDERN DAS MAN AKTENEINSICHT BEKOMMT. SOBALD IM ANTRAG ERWÄHNT WIRD, DAS MAN SCHWER ERKRANKT IST, WANDERT DER ANTRAG IMMER WIEDER UNTER DEN STAPEL, IRGENDWANN STIRBT DER ANTRAGSTELLER SCHON ! DAS SITZT DIE „BEHÖRDE“ AUS. ANDERS KANN ICH MIR 4 JAHRE WARTEZEIT NICHT ERKLÄREN.

  2. HaPe sagt:

    Leider sind die Archive immer noch mit einzelnen Alt-Stasibeamten besetzt. So wundert es nicht, daß Anträge auf Akteneinsicht mehrere Jahre „bearbeitet“ werden, bevor Einsicht gewährt wird. Und das, obwohl pro Arbeitstag nicht einmal 8 (acht !) Antragsteller zur Einsichtnahme zugelassen werden. Da erübrigt sich jeder weitere Kommentar!

  3. Annonym sagt:

    Was bringen Akteneinsichten, wenn die Straftaten der Stasi nie Strafrechtlich verfolgt werden!