Persönlicher Nachruf

29. August 2014

Er war das, was man einen Vollblut-Journalisten nennt und er war ein großartiger Mensch: Der bekannte und beliebte Warener Journalist Gerhard Lange – an der Müritz meistens mit seinem Autoren-Kürzel „gela“ gerufen –  ist gestern im Alter von 85 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.
Ein sehr persönlicher Nachruf.

Es gibt Begebenheiten aus Kindertagen, die vergisst man ein Leben lang nicht. Bei mir zählt zweifellos das erste Treffen mit Gerhard Lange dazu. Im Alter von zwölf Jahren spazierte ich aufgeregt und unwahrscheinlich ehrfurchtsvoll in die Warener Redaktion der damaligen „Freien Erde“, um bei der Arbeitsgemeinschaft „Junger Reporter“ mitzumischen.

Der Chef persönlich, Gerhard Lange, nahm sich für unsere fünfköpfige Mini-Truppe Zeit und schaffte es innerhalb weniger Wochen, mich fürs Schreiben zu begeistern. Nach dem ersten veröffentlichten Artikelchen mit meinem Namen stand für mich fest: Ich werde Journalistin.
Fortan gab’s kein links und kein rechts mehr, nur noch diesen einen Berufswunsch. Gerhard Lange, der schon zu DDR-Zeiten den Finger in die Wunde legte und hier und da aneckte, hat mich unter seine Fittiche genommen und maßgeblich mit dafür gesorgt, dass ich tatsächlich den Job machen konnte, von dem ich als Kind geträumt habe.

Dabei gab’s auch Rückschläge, die im Nachhinein betrachtet gar keine waren. Wie zum Beispiel die Geschichte mit der Ananas. Es war in den Sommerferien zwischen der 9. und 10. Klasse, als mich Herr Lange zu einem Warener Anwalt schickte, der zu Hause eine Ananas im Blumentopf züchtete, die sogar eine Frucht trug. Was für eine Story zu DDR-Zeiten!

gelaalt

Nach dem Termin vor Ort machte ich mich gleich ans Schreiben und gab meinen Artikel mit der Überschrift „Ananas im Schlafzimmer“ stolz und natürlich überzeugt von der Qualität ab. Doch dann der Schock. Der Lokalchef zerriss das Manuskript und meinte eher nebenbei: „Das kannst Du besser, bitte noch einmal.“ Das Ganze wiederholte sich sage und schreibe fünf Mal (!). Ich habe Gerhard Lange damals verflucht. Heute weiß ich natürlich, dass er Recht hatte und seine Hartnäckigkeit nichts anderes als eine perfekte Lehrstunde war.

Wie so oft in all den Jahren danach. Als ich im September 1990 einen Job beim „Nordkurier“ bekommen habe. Oder ein paar Monate später, als ich frustriert alles hinschmeißen wollte und Gerhard Lange mich wieder aufgebaut hat.

Auch, nachdem er in den Ruhestand ging, war Gerhard Lange immer für mich da. Ein Ratgeber, dessen ehrliche Meinung manchmal richtig weh tat und schwer zu verknusen war, aber der den Nagel stets auf den Kopf traf.
Herr Lange war keiner, der um den heißen Brei geredet hat, um bloß nicht in Ungnade zu fallen. Er war einer der ehrlichsten Menschen, die ich kannte. Und einer der fairsten. Denn er hat nicht kritisiert, um zu kritisieren, sondern um zu helfen.

Obwohl schon lange in Rente, hat er jahrelang als freier Mitarbeiter die Sportseiten der „Müritz-Zeitung“ betreut. Sportseiten, um die uns andere Lokal-Redaktionen des Nordkurier oftmals beneidet haben. Denn obwohl seine Liebe dem Fußball galt und er Jahrzehnte lang wohl jedes Wochenende mit Block und Kamera auf irgend einem Fußballplatz stand, war es ihm unwahrscheinlich wichtig, ausgewogen zu berichten und allen Sportarten ausreichend Platz zu geben. Das ist ihm bestens gelungen. Die Sportseiten von Gerhard Lange waren legendär und wurden auf internen Nordkurier-Sitzungen stets als Super-Beispiel in die Höhe gehalten. Vielen jungen und von sich überaus überzeugten Sport-Reportern hat er – ohne es zu wollen und selbst schon jenseits der 70 – etwas vorgemacht.

Nicht umsonst ist der Journalist auch von der Stadt Waren mehrfach geehrt und zudem unter anderem mit der Ehrennadel des SV Waren 09 ausgezeichnet worden. Auszeichnungen, die ihm gar nicht so Recht waren, denn wie sagte er immer so schön: „Es geht hier nicht um mich.“

Und genau das gehörte zu den Prinzipien, die Gerhard Lange vielen Nachwuchs-Journalisten immer mit auf den Weg gegeben hat: „Nicht verbiegen lassen, Rückgrat zeigen, auch wenn’s noch so schmerzt und der Gegenwind groß ist, sich selbst als Journalist nie in den Vordergrund stellen und vor allem: Trotz aller Emotionen auch beim Kritisieren die feine Klinge führen.“

Regeln, die Gerhard Lange bis zum Schluss befolgt hat. Regeln, die ihn zu einem beliebten und geachteten Journalisten an der Müritz  gemacht haben – nicht nur am Spielfeldrand.

Auch für „Wir sind Müritzer“ hat Gerhard Lange geschrieben, auch „Wir sind Müritzer“ hat er trotz seines Alters aufmerksam begleitet. Und: Auch für „Wir sind Müritzer“ war mir seine ehrliche Meinung unwahrscheinlich wichtig.

Lieber Gerhard Lange, ich werde Sie vermissen. Ihre aufrichtigen Ratschläge werden mir fehlen. Ihre treffenden, unverwechselbaren Formulierungen.  Und natürlich Ihre Sätze, die da begannen: Aber Mädchen, das hätte man auch so oder so schreiben können…

                                                                                                                                                                    IHRE ANTJE

Foto im Text: Dieses Bild hat Gerhard Lange von seiner Jungen Reportertruppe 1985 gemacht.

Gela


Eine Antwort zu “Persönlicher Nachruf”

  1. biene sagt:

    Mein herzliches Beileid gilt den Angehörigen.
    Ich kannte ihn persönlich, er war eine ganz nette Person
    Lg. BIENE