„Versorgungsanstalt“: AWO-Skandal jetzt Thema im Wahlkampf

14. August 2016

Der Skandal beim Müritz-Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt ist jetzt auch im öffentlichen Wahlkampf angekommen. Der Landesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Leif-Erik Holm, nannte die Firmen des AWO-Kreisverbandes auf einer Kundgebung am Wochenende in Neubrandenburg eine „Versorgungsanstalt für altgediente Abgeordnete“. Ausbaden müssten dies die Pflegekräfte, die täglich ihre Arbeit machten. Die AfD, die sich als „Alternative zu den Altparteien“ bezeichnet, war die erste Partei, die dies an der Mecklenburgischen Seenplatte auf einer großen Kundgebung thematisierte.

Es sei ein Skandal, dass ein Vorstandsvorsitzender – er meinte Götz-Peter Lohmann – über neun Jahre mehr als 700 000 Euro bekommen habe, meinte Holm. Der Vorstand des AWO-Kreisverbandes hatte in einem Offenen Brief erklärt: „Es ist richtig, dass ..Lohmann seit fast neun Jahren in der AWO-Service GmbH bis Ende 2015 angestellt war, und die AWO dafür insgesamt eine Summe von mehr als 700 000 Euro ohne wesentliche abrechenbare Leistungen aufbringen musste.“ Dies sorgt an der Müritz schon länger für Kopfschütteln.

AwoLogoWie inzwischen bekannt wurde, will die AWO in der kommenden Woche besprechen, wie sie weiter mit dem Thema Lohmann/Olijnyk umgeht. Der ehemalige Geschäftsführer der rund 650 Beschäftigten soll Verträge, wie die mit Lohmann, am Vorstand vorbei abgeschlossen haben. Olijnyk war am 15. Juni fristlos gekündigt worden.

Gegen ihn und Lohmann ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Untreue. Lohmann war von 1998 bis 2005 unter Gerhard Schröder (SPD) als Bundestagsabgeordneter unter anderem für Gesundheitsfragen zuständig. Bei seinem Ausscheiden  2005 war der Psychologe und Ex-Bürgermeister 63 Jahre alt.

Ein Anwalt aus Rostock prüft für den Vorstand derzeit, inwieweit auch die AWO-Verträge mit Olijnyk überhaupt rechtmäßig waren. Dabei geht es auch darum, ob einer der Verdächtigen – die eigentlich Schaden von der Arbeiterwohlfahrt abwenden sollten – die Gelder als Schadenersatz wieder zurückzahlen müsste, wenn die Verträge rechtswidrig wären.
Eine Vorstandsneuwahl würde im Herbst turnusgemäß anstehen.

Die AfD hatte in Neubrandenburg ihre „heiße Phase“ des Wahlkampfes gestartet. Dazu waren rund 150 Zuschauer gekommen, mehrere Gruppen demonstrierten gegen die AfD, darunter auch Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD), die aus Waren stammt.

Die AfD-Sprecher machten sich dabei Mut, dass sie die Landtagswahl auch gewinnen könnten. Einige Zuschauer schüttelten allerdings die Köpfe über manche Wortwahl. So nannte der als „Rechtsaußen“ bekannte Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, die Mitglieder von SPD, CDU, Linken und Grüne „vaterlandslose Gesellen, die unser Deutschland auflösen wollen.“

Die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, die inzwischen durch Abkommen mit der Türkei und die wieder installierten Grenzzäune in der EU deutlich geringere Zuwandererzahlen erreicht hat, bezeichnete Höcke als „asylpolitischen Amoklauf der Kanzlerdiktatorin“.


4 Antworten zu “„Versorgungsanstalt“: AWO-Skandal jetzt Thema im Wahlkampf”

  1. Fritz sagt:

    ausgerechnet die AfD erhebt den AWO-Skandal zum Wahlkampfthema. PDS, SPD und SPD hüllen sich derweil in Schweigen. Darüber darf man nachdenken!

  2. Sonja sagt:

    Dem kann ich nur beipflichten. Keine Meinung von der SPD und CDU . Das die Vorstandswahlen erst im Herbst stattfinden ist genauso ein Unding. Wenn der Vorstand behauptet vieles nicht gewusst zu haben dann haben sie Ihre Arbeit sehr schlecht gemacht und für schlechte Arbeit bekommen andere die Kündigung. Vieles läuft genauso weiter wie bisher z.B. von der langjährige Sekretärin von Hr.O. ist die Mutter im Vorstand. Der Austausch von leitenden Mitarbeitern in der Geschäftsstelle ist genauso nötig wie der Wechsel des Vorstandes. Schäbig das sie nicht von allein darauf kommen.

  3. harald sagt:

    schwer vorstellbar, dass sich die (nicht) handelnden Akteure nicht darüber im klaren sind, dass sie ihre Partei in der Müritzregion für diesmal nahezu unwählbar gemacht haben. Mit jedem Tag, den sie weiter kläglich in der vermeintlichen Deckung bleiben, frisst sich der Schaden in Richtung Schwerin weiter, echt tapfer!

  4. Jens 66 sagt:

    Das andere Parteien dieses Verhalten von Lohmann und Borchert zu ihren Gunsten ausnutzen werden, war zu erwarten.
    Das die SPD sich das gefallen lässt aber nicht. Wenn Politiker dem Ansehen der eigenen Partei derart Schaden zufügen und das so kurz vor den Wahlen, sollte auch hier über Konsequenzen nachgedacht werden.
    Das Letzte was wir hier, in einer aufblühenden Region gebrauchen können, ist ein im wahrscheinlich werdender Rechtsruck, der mir persönlich Angst macht.