20 Jahre Müritz-Klinikum: „Kapitän“ der Urologie geht von Bord

19. April 2019

Wer ist Dr. Andreas Baars, mit welchen Worten beschreibt man den Warener Mediziner am treffendsten? Der Chefarzt der Urologie des MediClin Müritz-Klinikums lässt sich nämlich in keine Schublade stecken. In diesen Tagen suchen aber einige Müritzer nach einer Beschreibung für den 65-Jährigen, denn Ende des Monats sagt er dem Warener Krankenhaus und seinem Stationsteam nach 20 Jahren „Adieu“.
Und da auch wir keine Standard-Begriffe für die Beschreibung von Andreas Baars gefunden haben, zitieren wir einfach mal ein paar Erklärungen aus dem Umfeld des Arztes: Da heißt es beispielsweise, er ist ein „begnadeter Operateur“, ein „Kumpel-Typ“, ein „gestandener Mann mit jungenhaftem Charme“, ein „überaus sensibler Mensch“, ein „Arzt aus Leidenschaft“, ein „Mediziner, der für seine Patienten kämpft“ und nicht zuletzt ein „liebevoller Ehemann und Vater.“ Soweit die Beschreibungen aus dem Umfeld von Dr. Andreas Baars, den viele Warener einfach nur „Enno“ nennen.
Und was sagt er selbst?

„Ich bin ein ganz normaler Arzt, der seine Arbeit gerne macht und der das Glück hatte, einen Beruf auszuüben, bei dem man Menschen helfen und viel Dankbarkeit erfahren kann“. So einfach ist das also.

Nach Waren kam der Mediziner im Mai 1999. Eigentlich eher zufällig. Zu dieser Zeit arbeitete der Urologe an einer Klinik in Essen, doch eigentlich zog es ihn – zumindest privat – immer wieder ans Wasser. Schließlich hat er in Rostock studiert, war in seiner Armeezeit in Neubrandenburg stationiert und arbeitete zehn Jahre am Klinikum Wismar. Einer seiner damaligen Kollegen in Wismar war Dr. Ronald Rußbüldt, heute niedergelassener Urologe in Waren. Und der erzählte ihm irgendwann, dass man am Warener Krankenhaus einen neuen Chefarzt für die Urologie sucht. Dr. Andreas Baars „bastelte“ schnell eine Bewerbung und siehe da – unter den 15 Bewerbern stach er hervor – auch wegen seines guten Rufes als Operateur, der ihm vorauseilte.

In Waren übernahm der heute 65-Jährige eine gut gehende Urologie von Dr. Heinrich Riesel. Eine Urologie, die in einer Baracke neben dem Klinik-Gebäude untergebracht war. Doch so primitiv sich das Wort „Baracke“ für Außenstehende jetzt auch anhören mag – für „Enno“ war es mit die schönste berufliche Zeit. „Klar, moderner Standard sieht anders aus. Aber unsere Patienten haben diese familiäre Atmosphäre geliebt und unsere Mitarbeiter auch. Wir hatten einen kleinen Garten, in dem wir sitzen konnten, der typische Krankenhaus-Mief fehlte, das Zusammenhörigkeitsgefühl war einmalig“, erinnert sich der Chefarzt.

Abschied von der „Familienstation“

Nichtsdestotrotz modernisierte Andreas Baars die Urologie. Er führte neue Operationsmethoden ein, unter anderem die laparoskopische „Knopfloch-Chirurgie“. So war er der erste Arzt in Mecklenburg-Vorpommern, der eine radikale Prostata-Operation mit dieser Methode durchführte. Seine Fähigkeiten sprachen sich schnell herum. Es dauerte nicht lange, da kamen die Patienten nicht mehr nur aus der Müritz-Region, sondern aus ganz Mecklenburg-Vorpommern und sogar aus anderen Bundesländern.

Auch in Sachen Ausstattung tat sich einiges. So kämpften der Urologe und seine Mitarbeiter für eine bessere Anbindung ans Klinikum, denn die Patienten mussten bis dahin bei Wind und Wetter auf den Tragen ohne Schutz über den Hof ins Haupthaus gefahren werden – zu den Untersuchungen genauso wie in den OP. Irgendwann kam dann der schützende Glasgang, die Urologie blieb in der Baracke. Mit der Erweiterung des Krankenhauses endete aber die Ära der „Familienstation“, die Urologie zog ins Haupthaus und teilt sich heute eine Station mit der HNO-Klinik.

Zwei Chefärzte hervorgebracht

Und Andreas Baars? War auch nach dem Umzug immer noch ein ganz normaler Arzt, der in seinem Beruf viele schöne Momente erleben durfte, aber manchmal eben auch nicht so tolle verkraften musste. „Wenn Dir jemand auf dem OP-Tisch stirbt ist das immer schlimm. Es gab Patienten, die habe ich viele Jahre betreut und sie waren mir ans Herz gewachsen, bevor sie gestorben sind. Da brauchte ich bei allem Abstand, der nötig ist, auch länger, um das zu verarbeiten“, gibt der Mediziner unumwunden zu.
Ohnehin gilt er als Mensch, der sich viele Dinge manchmal zu sehr zu Herzen nimmt. Dinge, die ihn ärgern und unglücklich machen, denen er aber teilweise machtlos gegenüber steht. Wie zu DDR-Zeiten, als für große OP’s, die man auch damals schon durchführen konnte, das Material fehlte. Oder wie die aktuelle Situation, in der Pflegepersonal Mangelware ist und für die Patienten leider nicht die Zeit bleibt, die man gerne hätte. Da kann Andreas Baars nicht aus seiner Haut, da hadert er mit dem System und manchmal auch mit sich.

Dagegen freut er sich heute noch, wenn er an die vielen Patienten denkt, denen er durch seine Arbeit viele Lebensjahre schenken konnte. „Wer einmal in die Augen von dankbaren Patienten geguckt hat, weiß, was ich meine“, so der Müritzer, der in seiner Zeit als Chef der Warener Urologie immerhin auch zwei Chefärzte „formte“ – Dr. Patrick Ziem, der heute die Urologie am Neubrandenburger Klinikum leitet, und Dr. Karsten Heine, der jetzt eine private Praxis führt, aber auch weiterhin leitend am Klinikum tätig ist.

Viele Pläne für die Zeit nach dem Klinikum

Dr. Andreas Baars ist aber nicht nur ein ganz normaler Arzt, er ist ein Familienmensch. Während seiner Zeit in Waren lernte er seine Frau Mona kennen. „Ein Glücksfall“, schwärmt er auch noch Jahre nach der Hochzeit. „Meine Frau hat mich stets unterstützt, was sicher nicht immer ganz leicht war“, sagt der Müritzer, der nicht nur Ehemann und Vater, sondern inzwischen auch schon Opa ist.

Neben Ehefrau Mona gibt’s aber noch eine andere Leidenschaft im Leben des Chefarztes: Er ist der Müritz verfallen. Als Bootsfahrer und Angler. So hat sich die Frage nach seinen Plänen für den Ruhestand auch fast erübrigt. Klar will der 65-Jährige viel Zeit auf dem Wasser verbringen. Wenn seine Pläne aufgehen, möchte er daran auch andere teilhaben lassen, denn Andreas Baars will sein Boot für besondere Anlässe anbieten. Vielleicht sogar mit einmaligen Unterwasseraufnahmen, die entsprechende Technik hat er sich schon besorgt.

Außerdem ist der Warener ausgebildeter Pilzcoach und kann sich auch in diese Richtung viele Aktivitäten vorstellen, zumal es ihm – wie treffend – die Heilpilze besonders angetan haben. Nicht zuletzt hat der künftige Ruheständler auch eine künstlerische Ader, die aber in den vergangenen Jahren viel zu kurz gekommen ist und wieder aktiviert werden will.

Also keine Langeweile bei Dr. Andreas Baars, dem „ganz normalen Arzt“, der in keine Schublade passt und der Ende dieses Monats am Müritz-Klinikum von Bord geht, um auf seinem Boot als Langzeit-Kapitän anzuheuern.


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