Erinnerung: Von einem Visionär, der die Stadt Waren geprägt hat

16. November 2019

„Das geht nicht!“ Wenn es einen Satz gab, den Wolfgang Albrecht absolut nicht hören konnte und wollte, dann war es dieser Satz. Denn der langjährige Vorstandsvorsitzende der Warener Wohnungsgenossenschaft (WWG) hatte immer wieder neue Ideen und Visionen und suchte immer nach Wegen, diese auch zu verwirklichen. Damit hat er viele Teile Warens entscheidend geprägt. Vor wenigen Tagen ist Wolfgang Albrecht im Alter von 75 Jahren gestorben.

Was für die meisten Warener heute selbstverständlich ist, war noch vor einigen Jahren ein richtiger Kampf. Und häufig auch ein Risiko, denn diejenigen, die nach der politischen Wende Verantwortung übernommen haben, wussten häufig nicht, was jetzt richtig oder falsch ist, sie handelten eher intuitiv, hatten keine Angst, vielleicht auch mal Fehlentscheidungen zu treffen, waren aber unglaublich motiviert, etwas zu verändern. Wolfgang Albrecht gehörte zu diesen Menschen, die nach der Wiedervereinigung eben nicht warteten, bis ihnen irgendeiner von irgendwoher etwas diktierte, sondern der selbst mitgestaltete und mit seinem Tempo hier und da sicher auch mal aneckte.

Der Beginn einer Warener Erfolgsgeschichte

Bis 1989 arbeitete der Hobby-Fotograf im damaligen Landbaukombinat sowie im VEB (K) Bau und wechselte mit der Wende zur AWG, der heuten Wohnungsgenossenschaft. Von 1991 bis 2011 agierte Wolfgang Albrecht als Geschäftsführender Vorstand. Und in dieser Position hat er sowohl das Unternehmen, das heute mehr als 1500 eigene Wohnungen vermietet, geprägt, aber auch die gesamte Stadt Waren.

So war die WWG seinerzeit einer der ersten Vermieter in Mecklenburg-Vorpommern, die an Menschen gedacht hat, die nicht ganz so gut zu Fuß sind. Um mehr Barrierefreiheit zu schaffen, rüstete die Genossenschaft beispielsweise auf dem Papenberg und in Waren-West sehr früh sechsgeschossige Häuser nachträglich mit Aufzügen aus. Und natürlich rückte die Sanierung der alten Wohnungen immer mehr ins Blickfeld.
Aber Wolfgang Albrecht wollte auch neu bauen, um der Wohnungsnot entgegentreten. So entstanden zunächst neue Häuser im Warenshöfer Weg. In der Warener Goethestraße sanierte die WWG einen Altbau, einen anderen ließ sie abreißen und neu bauen – und das war der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Denn das Haus Goetehstraße 17, das die Genossenschaft neu bauen ließ, stand genau vor zwei alten Schulen – dem einstigen Wossidlo-Gymnasium und der ehemaligen Sobottka-Schule. So richtig hat sich an diese „Altlasten“ damals niemand herangetraut. Bis auf Wolfgang Albrecht und seine Genossenschaft. Denn er hatte eine Vision – ein Wohngebiet mit bestens ausgestatteten Häusern und großzügigen Gartenanlagen am Rande der Warener Innenstadt.
Niemand weiß heute, wie viele Menschen ihn damals ungläubig angeguckt haben, als er das Grundstück kaufte, aber „Das geht nicht“ gab’s für Wolfgang Albrecht eben nicht. Und er behielt Recht – das neue Gebiet, das den Namen „Rosengarten“ bekam, gehört inzwischen zu den beliebtesten Wohnstandorten in Waren, ist im Laufe der Jahre weiter gewachsen und wächst auch immer noch.

Den Fotoapparat immer dabei

Aber Wolfgang Albrecht war nicht nur Visionär und Geschäftsmann, sondern auch unglaublich sozial eingestellt. Ältere und schwächere Menschen lagen ihm immer am Herzen. So hob er beispielsweise den Verein „mit uns – in Geborgenheit leben e.V.“ aus der Taufe, der heute mehr als 200 Mitglieder zählt und sich um viele Belange älterer und behinderter Menschen kümmert. Und er brachte das „Rote Haus“ der WWG auf den Weg, in dem es heute kaum noch freie Termine für Veranstalter gibt, weil fast täglich etwas angeboten wird – kulturell, sportlich oder eben feierlich.

Neben der WWG gab es für Wolfgang Albrecht zwei weitere Leidenschaften: Das Fotografieren und Reisen. Beides konnte er bestens miteinander verbinden. Dabei zog es ihn nicht in die warmen Gefilde, sondern mit Vorliebe dahin, wo er sich dick einmummeln musste. Ob Spitzbergen, Grönland, Island, ob die Antarktis oder die Arktis – der Warener liebte diese Reisen in den „Winter“, legte dabei keinen Wert auf viel Komfort, sondern wollte Land, Leute sowie Natur kennenlernen und begeisterte anschließend mit seinen Fotovorträgen über seine Erlebnisse.

Am Rande des Warener „Rosengartens“ entstehen momentan zwei weitere Häuser. Geht nicht, gibt’s eben nicht. Auch nicht bei Wolfgang Albrechts Nachfolger. 2011 übernahm – sehr zur Freude des Seniors – sein Sohn Mike die Geschicke der WWG und setzt jetzt das fort, was der Vater begann. Mit eigener Handschrift und eigenen Visionen, aber sicher immer mit der Erinnerung an einen Mann, der in Waren viele Spuren hinterlassen hat.

 

Das Foto unten ist eines der letzten, das Wolfgang Albrecht geknipst hat: Dieser Teichmolch hatte sich vor wenigen Tagen ins Haus des Wareners verirrt, wurde kurz abgelichtet und anschließend dahin ausgesetzt, wo er sich wohl fühlt.


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