Die „Samstagabend-Show“ der Warener Bürgermeister-Kandidaten

6. September 2020

Weder „Verstehen Sie Spaß?“ noch „Germany’s next Topmodel“ standen gestern bei rund 200 Warenern auf dem Samstagabend-Programm, sondern „Waren sucht … den nächsten Bürgermeister“. Gemeinsam mit dem Regionalzentrum für demokratische Kultur hatte der Nordkurier zu einem Forum mit den fünf Kandidaten auf die Freilichtbühne eingeladen. Eine gute Gelegenheit, mehr über die Bewerber Christian Holz (CDU) Jörg Krüger (parteilos), Norbert Möller (SPD), Toralf Schnur (FDP) und Thomas Splitt (parteilos) zu erfahren, als auf den überall präsenten Wahlplakaten zu lesen ist.
Kurz: Ein sehr faires Forum, bei dem es die Bewerber zunächst vermieden, die Konkurrenten anzugreifen, mit zunehmender Länge der Veranstaltung dann aber doch den einen oder anderen Seitenhieb verteilten. Tiefschläge gab es nicht – weder von den Kandidaten noch von Reporter Ingmar Nehls, der das Forum souverän moderierte, noch vom Publikum. Auch große Überraschungen waren nicht zu hören, bis auf eine, denn SPD-Mann Norbert Möller äußerte sich nun doch zu Tempo 30 in Waren und seiner möglichen Entscheidung.

In einer Sache waren sich alle Fünf auffallend einig: Sie wollen künftig mehr mit den Bürgern sprechen, sie stärker einbeziehen, ihnen zuhören. Vor allem Jörg Krüger und Thomas Splitt wiederholten diese Versprechungen mehrfach, was aber wohl auch der Tatsache geschuldet war, dass sie im Vergleich zu den Politik-Profis Holz, Möller und Schnur bislang nur wenig Erfahrungen in  der Kommunalpolitik haben und ihnen bei einigen Themen einfach das Hintergrundwissen fehlte. Dennoch zollte ihnen das Publikum für ihren Mut, den Amtsinhaber herauszufordern, Respekt.

CDU-Bewerber Christian Holz, 45 Jahre alt, meint, dass in der Verwaltung in den vergangenen Jahren zu viele Entscheidungen hinausgezögert wurden, was er ändern wolle.

Jörg Krüger – er wird am Mittwoch 49 Jahre alt – stören Bürokratie und Parteiengeklüngel. Wenn’s nach ihm geht, werden die Wünsche und Vorschläge der Bürger ganz fix umgesetzt.

Amtsinhaber Norbert Möller, mit 61 Jahre der älteste im Quintett, gibt sich für seine Arbeit in den vergangenen Jahren selbst die Schulnote 2 und meint, dass vieles, was in den zurückliegenden 30 Jahren in Waren geschafft wurde, schlechter geredet wird, als es ist.

Toralf Schnur, 45 Jahre alt, sieht es inzwischen gelassen, wenn andere ihn als populistisch bezeichnen und hat nach eigener Aussage aufgehört, darüber nachzudenken, was andere über ihn sagen. In der Verwaltung sind seiner Ansicht nach viele falsche Entscheidungen getroffen worden.

Thomas Splitt, 52 Jahre alt, sagt, dass er jeden Strauch in Waren kennt, dass er dem „kleinen Mann“ auf der Straße zuhört, und findet, dass man in der Verwaltung „einfach mal in die Puschen“ kommen muss.

Tempo 30 zur Probe in der Nacht

Natürlich spielte auch beim Kandidaten-Forum das Thema Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt Waren eine Rolle. Schließlich diskutieren die Einwohner darüber seit vielen Wochen, vor wenigen Tagen entschieden sich die Stadtvertreter auf Antrag der CDU mehrheitlich, dem Bürgermeister zu empfehlen, Tempo 30 nicht durchzusetzen.
Möller selbst äußerte sich nach dem Beschluss nicht, sondern verwies auf die vielen Aspekte, die er zunächst abwägen müsse. Auf der Freilichtbühne gab’s von ihm dann aber doch ein Richtung: „Ich tendiere dazu, dass wir am Tag erst einmal alles so lassen, wie es ist und für eine gewissen Zeit ausprobieren, Tempo 30 auch nachts für Pkw anzuordnen. Dafür müssten keine Ampeln umgestellt werden. Diesen Vorschlag werde ich am 24. September in der zuständigen Landesbehörde machen.“

Alle anderen Kandidaten lehnen Tempo 30 ab.

Lieber Grüne Welle, statt Ortsumgehung

Eine mögliche Ortsumgehung wird auch in den kommenden Jahren Thema in der Müritzstadt bleiben. Christian Holz verschließt sich neuen Diskussionen dazu nicht, eine Brücke über den Tiefwarensee wäre nicht seine erste Wahl, wie er auf Nachfrage erklärte. Auf ein erneutes öffentliches Votum zur Ortsumgehung setzt Bürgermeister Norbert Möller, Toralf Schnur erklärte allerdings, dass die Kommunalverfassung keinen Bürgerentscheid zulasse und verkündete: „Eine Brücke über den Tiefwarensee wird es mit mir nicht geben.“
Jörg Krüger hält von einer Umgehungsstraße gar nichts, weil sie zu viel Natur zerstöre, und Thomas Splitt findet, dass man zunächst einmal dafür sorgen soll, dass es in Waren eine „Grüne Welle“ gibt, denn die Ampelschaltungen seien stark verbesserungswürdig.

In Sachen Parkhaus gegen die Vorstellungen der Kandidaten auseinander. Christian Holz hält drei Standorte für geeignet – in der Mecklenburger Straße, hinter der alten Post in der Güstrower Straße und am Landratsamt. Norbert Möller favorisiert den Standort am Landratsamt und hat dort auch schon mit Investoren gesprochen. Auch Toralf Schnur hat Investoren „an der Angel“. Die möchten ein Parkhaus an den Schweriner Damm im Bereich der Post  bauen. Eine richtige Meinung zum Parkhaus hat Jörg Krüger nicht, möchte aber auf jeden Fall, dass die Angestellten, die in der Innenstadt arbeiten, nicht mehr alle zwei Stunden zur Parkuhr laufen müssen. Thomas Splitt kann sich ein Parkhaus zur Entlastung der schlechten Parksituation in der Stadt sehr gut vorstellen.

Durchschnittliche Miete bei 5,46 Euro je Quadratmeter

Etwas schärfer wurde der Ton, als auch die Zuschauer des Forums Fragen stellen konnten. So wollte CDU-Stadtvertreter Sebastian Paetsch von Toralf Schnur wissen, wie es zusammenpasse, dass der FDP-Mann auf der einen Seite bezahlbaren Wohnraum verspreche, aber auf der anderen Seite vor einigen Jahren als Mitglied des Aufsichtsrates der WOGEWA vorgeschlagen habe, dass die WOEGWA ein Drittel ihrer bezahlbaren Wohnungen verkaufen soll. Schnur begründete das mit den damaligen Schulden und erklärte zugleich, dass es für ihn kein sozialer Wohnungsbau sei, dass die WOGEWA in der Gerhart-Hauptmann-Allee teure Wohnungen auf ein Wassergrundstück setzte. Unter anderem aus Protest darüber habe er den Aufsichtsrat nach drei Sitzungen verlassen.

Bezahlbare Wohnungen, so Norbert Möller, gebe es in Waren. Die durchschnittliche Wohnungsmiete bei der WOGEWA liege bei 5,46 Euro je Quadratmeter. Zudem sei Waren eine der ersten Städte in MV gewesen, die ein Förderprogramm für sozialen Wohnungsbau in Anspruch genommen und damit Wohnungen am Nesselberg gebaut habe. Dass man nicht alleine auf die großen Gesellschaften setzen solle, sagte der in der Immobilienbranche tätige Christian Holz. Vielmehr müsse die Stadt die Möglichkeit schaffen, dass Investoren neuen Wohnraum bauen können.

Tourismus unverzichtbar

Für hitzige Diskussionen haben in den vergangenen Tagen zwei Leserbriefe von Regina Cleemann (auf dem Bild rechts) bei „Wir sind Müritzer“ gesorgt. Die Warenerin sprach vielen Einwohnern aus dem Herzen und hat es sich nicht nehmen lassen, beim Forum alle Kandidaten zu erleben. Auf der Freilichtbühne wiederholte sie ihre Kritik an der Tourismuspolitik in Waren. Denn ihrer Meinung nach sei die Grenze des Erträglichen in Waren längst überschritten. Man habe Ufer zugebaut, die Straßen seien überlastet, immer mehr Grün verschwinde.

Ungewollt gab ihr CDU-Kandidat mit einem „Freudschen Versprecher „Recht, als er vom „Qualitätsterrorismus“ sprach, aber natürlich „Qualitätstourismus“, auf den man setzen solle, meinte. Norbert Möller möchte künftig ein größeres Augenmerk auf den Gesundheitstourismus legen und so den Titel Heilbad stärken, und Toralf Schnur machte unmissverständlich deutlich, dass Waren den Tourismus brauche, denn wenn’s den nicht mehr in dieser Form gebe, müssten auch Vereine der Stadt auf Zuschüsse verzichten. Jeder vierte Euro in Waren werde im Tourismus verdient.

Nach rund zweieinhalb Stunden verabschiedete Ingmar Nehls Kandidaten und Publikum, doch es hat sich gezeigt, dass in Waren so viele Themen auf den Nägeln brennen, dass auch fünf Stunden nicht gereicht hätten, um alle anzusprechen.

Die Warener haben jetzt nur noch wenige Tage Zeit, sich mit den Bewerbern auseinanderzusetzen, ehe es am Sonntag, den 13. September, ernst wird mit der Frage „Wer wird … Warens nächster Bürgermeister“.


Eine Antwort zu “Die „Samstagabend-Show“ der Warener Bürgermeister-Kandidaten”

  1. Schulz sagt:

    Schön & gut erstmal das sich die Kandidaten sich dem Bürgern zur Rede & Antwort gestellt haben.
    Aber das Thema ,, Ortsumgehung für Waren“ alle Bürgermeister – Kandidaten dagegen sind , ist in unseren Augen der Befürworter der Ortsumgehung ein Dorn im Auge.
    Hoffen doch das mal endlich für Waren eine zukünftige Ortsumgehung bekommen..