Warens Chef-Standesbeamtin sagt heute „Ja“ zum Ruhestand

27. Januar 2021

„Dann antworten Sie bitte mit Ja!“ Fast 2400-mal hat Carmen Possekel diesen Satz im Warener Rathaus gesprochen und genauso viele Ehen geschlossen. Heute verabschiedet sich die Chefin des Warener Standesamtes. Und zwar nach 42 Jahren im Dienste der Stadtverwaltung. Die 63-Jährige startete ihre Laufbahn bei der Stadt in einer ungewöhnlichen Zeit – im Super-Winter 1978/79 mit meterhohem Schnee und Versorgungsausfällen. Und sie beendet ihre berufliche Karriere wieder in einer besonderen Situation, denn die Corona-Pandemie ist natürlich auch am Warener Standesamt nicht spurlos vorüber gegangen. Mit 160 Trauungen gab es im Jahr 2020 in Waren gut 40 Eheschließungen weniger als 2019. 40 Eheschließungen, die eigentlich schon geplant waren, aber dann aufgrund der Pandemie abgesagt wurden. Dennoch: Carmen Possekel geht zufrieden in den Ruhestand. Denn in den vielen Jahren im Standesamt hat sie viele wunderschöne Momente erlebt. Und auch immer wieder Überraschungen.

An einen Fall erinnert sich die Warenerin besonders oft: Ein Paar aus Hamburg – er Arzt, sie Arzthelferin – bat um einen Termin an einem Sonnabend, 15. September. An diesem Tag hat Carmen Possekel selbst Hochzeitstag und wollte ihn eigentlich mit ihrem Mann verbringen. Doch sie ließ sich überreden. Als sie dann an besagtem Sonnabend in den kleinen Vorraum des Standesamtes kam und den Mann so nebenher fragt: Und sie wollen also heute heiraten?, antwortet dieser: „Heiraten? Nein, wie kommen Sie denn darauf?“. Wie sich herausstellte, hatte die Partnerin die Hochzeit als Überraschung geplant. Doch daraus wurde nichts. Auch nach einer Bedenkzeit, die Carmen Possekel ihnen gewährte, war der Auserwählte nicht bereit, seiner Freundin das Ja-Wort zu geben.

Vom Fahrrad bis zur überlangen Stretch-Limousine

Ein „Nein“ während der eigentlichen Trauung hat die Standesbeamtin in all den Jahren aber nicht erlebt. Dafür aber Trauungs-Termine, die kurz vordem noch abgesagt wurden. Und viele besondere Momente. Paare, die mit dem Fahrrad vorfuhren, oder mit dem Trabi, der Schwalbe, der überlangen Stretch-Limousine, Kutschen oder auch zu Fuß. Abgelehnt vom damaligen Bürgermeister wurde dagegen der Wunsch eines Bräutigams, mit dem Hubschrauber auf dem Neuen Markt landen zu dürfen.

Apropos Bürgermeister: In ihrer Dienstzeit hatte Carmen Possekel sieben verschiedene Verwaltungschefs. Angefangen von Werner Kloth über Konrad Schwarck, Götz-Peter Lohmann, Bernd Kautzmann, Monika Kunert, Günter Rhein und jetzt Norbert Möller.

Mit vielen „Größen“ hatte sie es auch bei den Trauungen zu tun: Grafen, Schweizer Honorarkonsul und auch ein Prinz war dabei. Doch Rang und Namen spielen für sie und ihre Mitarbeiterinnen keine Rolle, sondern immer nur die Menschen, die gerade vor ihnen stehen und den Bund fürs Leben eingehen möchten. Naja, fürs Leben ist es nicht bei allen. „Leider“, wie Carmen Possekel bedauert. Denn wenn irgendwann die Scheidungspapiere im Amt eintrudeln, um sie den Familienbüchern zuzufügen, ist manchmal auch eine „unabhängige“ Standesbeamtin traurig. „Da erinnert man sich dann, Mensch, das war doch die und die wunderschöne Hochzeit und jetzt das.“

Schon fast 90 Voranmeldungen für dieses Jahr

Die Paare, die in den mehr als 40 Jahren vor der Standesbeamtin standen, waren so unterschiedlich, wie ihr Outfits oder die Musik, die sie wählten. Da gaben sich Verliebte in Jeans oder Rocker-Kluft genauso das Ja-Wort wie in Trachten, Uniform oder im Edel-Zwirn. Und da wählten die Paare Blasmusik und Schlager als Begleitung genauso wie Klassik oder Pop. Sogar der Titelsong von Al Bundy war dabei. Auch für die Standesbeamtin immer wieder etwas besonderes waren die Trauungen mit Live-Musik. Da bekommt sogar eine „Frau vom Amt“ mit zig Jahren Erfahrung eine Gänsehaut. Beispielsweise, wenn der Vater für seine Tochter singt.

Wenn sich Carmen Possekel heute nach 42 Jahren von der Stadtverwaltung verabschiedet übergibt sie übrigens ein gut gefülltes Terminbuch für dieses Jahr. Darin stehen schon 86 Voranmeldungen, vor allem für die Monate Mai bis September. Ein Termin ist sogar schon komplett ausgebucht: Der 21.08.2021.

Wir wünschen Carmen Possekel eine spannende Zeit, die jetzt vor ihr und ihrem Mann liegt, und wünschen ihr viel Spaß mit der achtjährigen Enkeltochter. Und wir sind gespannt, ob Warens Bürgermeister heute zum Abschied sagt: „Wenn Sie in den Ruhestand gehen möchten, dann antworten sie bitte mit Ja!“


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