Nur wenig erinnert an das schwere Flugzeugunglück bei Nossentin

19. Juni 2021

Vor fast zwei Jahren, am 24. Juni 2019, schrammte die Müritz-Region haarscharf an einem noch schwereren Unglück vorbei.Über dem Fleesensee kollidierten bei einer Luftkampf-Übung zwei Eurofighter, die Urlaubssaison hatte gerade begonnen. Beide Kampfmaschinen stürzten ab, ein Pilot konnte sich mit dem Fallschirm retten, der andere Mann am Steuerknüppel des zweiten Eurofighters aus Laage kam ums Leben (WsM berichtete). Was erinnert heute noch daran? Und gibt es irgendwelche Konsequenzen?

Am sichtbarsten sind die Folgen immer noch an der Straße bei Nossentin, wo es an der Kurve einen plötzlichen Kahlschlag gibt. Wo Radfahrer zur Erholung entlang radeln, soll ein Wildzaun die noch immer sehr kleinen jungen Bäume vor Verbiss schützen, vielleicht auch gegen „Schatzsucher“.

Offen erinnert dort nichts an das Drama des 27 Jahre alten Unglückspiloten aus Mecklenburg. Doch es gibt ja ein Militärdenkmal, das an einen Kampf gegen napoleonische Krieger erinnert. Es wurde 50 Jahre später, 1856, geschaffen, trägt die passende Inschrift „Ehre den auch im Unglück Unverzagten“ und zur Einweihung kam damals auch der Großherzog aus Schwerin.

Aufmerksamen Beobachtern ist nicht entgangen, dass dort  Steine-Maler aus dem Süden ihre Botschaft hinterlassen haben. Eine Botschaft, die „finden, lächeln und posten“ heißt. Die Gruppe aus Bad Dürkheim unweit von Heidelberg bemalt kleine Steine mit bunten Botschaften, und wer sie findet, kann sich der Community anschließen.

Das hat vielleicht nicht direkt mit dem Unglück und der Schlacht von 1806 zu tun, doch der Stein setzt einen positiven Aspekt hinter die beiden militärischen Vorfälle, die diese Region erleben musste.

Wie die Bürgermeisterinnen der betroffenen Dörfer sagten, sind die Ereignisse bei den Bewohnern manchmal noch ein Gesprächsthema, aber es gibt keinen Gedenkort. „Der Alltag hat das schon überlagert, die Corona-Krise kam noch dazu“, sagte beispielsweise die Silzer Bürgermeisterin Almuth Köhler (CDU).  Ganz selten werden noch Flugzeugteile auf Feldern gefunden.
Ein paar Kilometer weiter wächst Roggen, wo das Wrack der zweiten Maschine hinab gestürzt und in Flammen aufgegangen war. Ein großes Flugzeugteil wurde damals auch direkt neben der Kita in Nossentiner Hütte gefunden. Nachdem der Ackerboden auf dem Feld ausgetauscht wurde, scheint das Getreide inzwischen wieder wie früher zu wachsen.

Von der Bundesluftwaffe war inzwischen zu erfahren, dass sie die Tiefflugübungen wieder wie früher fortsetzt. Das verraten auch manche lauten Donnergeräusche, die mehrfach schon wieder über der Müritz und den anderen Seen zu hören waren. Genutzt wird der gesamte Luftraum im Norden Deutschlands, am häufigsten allerdings die Region zwischen Berlin und der Ostsee. Ein Antrag der Linken, dass sich der Kreis gegen diese Flüge über der Mecklenburgische Seenplatte einsetzen soll, fand in dieser Woche keine Mehrheit.

„Als es im Juni vor zwei Jahren zu dem Eurofighter-Absturz nahe Nossentiner Hütte kam, war die Empörung parteiübergreifend groß. Angesichts der Tatsache, dass wir nur knapp einer Katastrophe entkamen, war zum Beispiel Landrat Kärger einer der ersten, der ein Ende dieser Flüge über unserer Region forderte. Auch andere Kommunalpolitiker unterschiedlichster Parteien forderten dies so oder ähnlich. Von diesem Widerstand ist nichts übrig geblieben“, so Tobias Hecht als Chef der Kreis-Linken Statt dessen die Frage: Wo sollen sie denn fliegen üben…“Nun, diese Frage beantwortet unter anderem die Bundeswehr selbst indem sie zum Beispiel die Bedingungen für Flugtrainings nahe Nevada für sich selbst als ideal findet. Aber das ist hier nur eine Scheindebatte. Hier geht es um die Frage, ob es in einer touristisch aufstrebenden und ökologisch sensiblen Region weiterhin solche Trainings als notwendig und sinnvoll erachtet werden“, meint Hecht. Die Linken würden diese Frage mit Nein beantworten und sie laden am 24. Juni ab 16 Uhr nach Malchow auf den Alten Markt ein, um darüber zu diekutieren.

Der Vorfall gilt als das schwerste Unglück der Luftwaffe mit diesen Flugzeugen.


6 Antworten zu “Nur wenig erinnert an das schwere Flugzeugunglück bei Nossentin”

  1. Ed sagt:

    Wie oft muss man es der Redaktion auch dieser Website eigentlich noch sagen, bevor mit die Mähr von Tiefflügen als Unfallursache endlich nicht mehr wiederholt wird? Es war kein Tiefflug, der zum Unfall führte, sondern einer der „ganz normalen“ Trainingsflüge in mittlerer Flughöhe, wie sie werktäglich stundenlang (und übrigens über der Unfallstelle bei Nossentin bereits am darauffolgenden Tag wieder) im gesamten Luftraum der im Herbst 2013 heimlich aktivierten militärischen Flugzone vom neuen Typ „Military Variable Profile Area“, ED-R 401 MVPA NE, stattfinden. Warum wird immer wieder die Mähr von den Tiefflügen strapaziert – selbst hier, auf dieser Website? Bitte recherchiert und informiert so, dass eure Leser nicht erst auf einer WordPress-Seite die Tatsachen gegenchecken müssen: https://edr401mvpa.wordpress.com

    Und bitte: es werden nicht nur über der Müritz und der Seenplatte diese Übungen geflogen. Was soll diese Kleinstaaterei? Warum beteiligt ihr euch daran? Auch wenn im Nachbarland Brandenburg geflogen wird, dröhnt es bei euch! Und umgekehrt.

  2. Ed sagt:

    Sehr schöne Bebilderung zum Thema! ;) Aber ich möchte mal die Headline berichtigen. Fast jeden Werktag erinnert stundenlanger militärischer Fluglärm an den Absturz. Die immer drastischer werdenden Flugübungen zeugen davon, wie gefährlich ein Wohnort im Gebiet der militärischen Flugzone ED-R 401 MVPA NE, die sich zwischen Berlin und der Ostsee erstreckt sein kann – und erinnern viele an die Abstürze der Eurofighter vor einer voll besetzten Kita, mitten im angeblichen Erholungsgebiet Müritz, zu dem sich tausende UrlauberInnen jedes Jahr aufmachen. Sicherlich wird es auch die regelmäßigen Besucher an die Abstürze erinnern, wenn mal wieder ein Tornado aus Jagel, Büchel, Eurofighter aus Nörvenich, Tankflugzeuge aus den Niederlanden, den USA, aus Kanada, Israel, elektronische Kriegsübungsflugzeuge der kommerziellen Kriegsübungsprofiteure der Gesellschaft für Flugzieldarstellung, der EIS AG, der PTO Flugschule oder eben die Kampfjets aus Rostock-Laage auch über den Frühstückstisch brettert oder durchdringender Treibswerkslärm oder Überschallknalle den Blutdurck in die Höhe schnellen lassen.

  3. Hermann W. sagt:

    Ed, dann erklären Sie uns doch einmal welchen Unterschied es macht, ob ein oder zwei solcher Geräte aus „mittlerer Flughöhe“ oder im Tiefflug das zeitliche segnet. Übrigens sind nicht alle Menschen wie Sie in der Lage aus einem Triebwerkslärm herauszuhören ob nun gerade Tiefflug oder „mittlere Flughöhe“ angesagt ist.

  4. Ed sagt:

    Herrmann, es macht keinen. Aber für die Berichterstattung und den Diskurs macht es einen. Tiefflüge sind zwar unmittelbare Folge, zwar faktischer aber nicht formeller Bestandteil des militärischen Flugbetriebs im Luftraum der ED-R 401 MVPA NE. Das macht einen Unterschied, wenn Sie informiert und argumentativ wirkungsvoll gegen die Militarisierung des Luftraums üper Ihrem Haus vorgehen wollen. Denn nur so werden Sie überhaupt eine Chance haben, ernst genommen zu werden. Es geht auch nicht darum, ob man den Unterschied hört. Aber mal unter uns: man muss schon ziemlich taub sein, um den Unterschied eines tieffliegenden Kampfjets nicht von dem in 1000 bis 3000m Höhe fliegenden unterscheiden zu können. Denn der Tiefflug wird sie nur unmittelbar beim direkten Überflug terrorisieren, während der höher fliegende Kampfjet eine viel größeren Fläche mehr oder weniger „gleichmäßig“ verlärmt. Dies ist aber nur Nebensache. Die Fokussierung auf Tiefflüge führt dazu, dass die Bundeswehr immer behaupten kann, die seien überall erlaubt und hätten auch nichts mit der Flugzone ED-R 401 MVPA NE zu tun. Die hat aber nun mal dazu geführt, dass hier jeden Werktag der Himmel militärisch dröhnt. In der Folge dieser unscharfen Berichterstattung werden die Tiefflüge kritisiert, die aber überhaupt nicht zu den Unfällen geführt haben! Und das ist relevant. Als Journalist muss man dieses Detail herausarbeiten, denn nicht alle nehmen militärischen Fluglärm so undifferenziert war, wie dies durch solche unscharfen Wiederholungen von Unwahrheiten impliziert wird. Doch wenn die besonders lauten und nicht minder gefährlichen Übungen in mittleren Flughöhen (die übrigens bekanntermaßen besonders laut sind) jedoch thematisiert würden, wäre es ein kurzer Weg zur Diskussion darüber, wie es eigentlich sein konnte, dass eine EU-weit einmalige Military Variable Profile Area und die größte deutsche Luftkriegssimulationszone an der Politik und der Bevölkerung vorbei, mit Sondervrorrechten, die sämtliche Gesetze zum Lärm- und Umweltschutz aushebeln, einfach so aktiviert und dann acht Jahre lang in den Medien nicht behandelt werden konnte. Und das wäre verheerend für die Bundeswehr und für die politisch Verantwortlichen, die übrigens allesamt anonym sind. Denn sie fürchten nichts mehr, als eine demokratische, transparente Diskussion zum Thema, die auf Daten und Information beruhen. Deshalb gibt´s auch imemr nur diesen Häppchenjournalismus und Daten sind mittlerweile sogar im Bundestag zur Geheimsache deklariert worden! Wissen Sie das eigentlich? Diese Flugzone führt dazu, dass der Übungsbetrieb der Luftwaffe in den Osten verlegt wird. Warum das nicht thematisiert wird – wissen Sie es? Ich weiß nicht, ob Sie von der Redaktion sind? Falls ja, dann muss es doch in Ihrem Interesse liegen, möglichst genau zu berichten. Dazu gehört auch die ewige Mähr vom angeblichen Flugmoratorium, welches sich die Bundeswehr nach den Abstürzen auferlegt hätte. Dabei haben ein paar Bürger u.a. hier auf der Website nachgewiesen, dass die Bundeswehr bereits am Tag nach dem Absturz mit Eurofightern über der Absturzstelle übte! Warum wird das so unscharf und desinteressiert unter den Teppich gekehrt?

  5. Anwohner sagt:

    Hermann,

    Ed geht es vermutlich darum, dass immer wieder über ‚Tiefflüge‘ berichtet wird, obwohl es um die *gesamte* Bundeswehrfliegerei im Nordosten geht.

    Man kann den Flugbetrieb im Internet live verfolgen, solange die Kampfjets nicht im Tarnmodus unterwegs sind:

    https://globe.adsbexchange.com

    Dort sieht man, in welcher Höhe sie unterwegs sind.

    Übrigens sind heute am frühen Nachmittag zwei Eurofighter mit Einsatznamen STONE über Malchow hinweg geflogen.
    Die wollten wohl checken, wie der Stand der Vorbereitungen für die Veranstaltung um 16 Uhr ist. >:-)

    An die Linke: Wer soll um 16 Uhr nach Malchow kommen? Sicher nicht die, die arbeiten. 18 Uhr wäre deutlich sinnvoller gewesen.

  6. Ed sagt:

    @ Anwohner: So in etwa, ja.
    Zur Demo: gut ein Drittel der Demo bestand wohl deshalb auch aus Polizisten – die konnten während der Arbeitszeit hin. Haha. Die Lagebeschreibung spricht von 4 Beamten ;) Alle bewaffnet. Man kann ja nie wissen, wo die grünen Laser so stecken. Es wurden wohl gute Reden gehalten – die aber leider alle für die Katz waren. Diese aber konnte aufgrund des lärmenden Verkehrs an der Stelle von Malchow auch nicht bis zum alten Markt vordringen, wie es scheint. Also hat die Reden niemand gehört – nur die Leute aus der eigenen Partei, die dicht genug am Redner standen. Megafon oder Lautsprecher – Fehlanzeige. Na gut, die Leute fahren an der Stelle ehe alle im Auto vorbei. Schon sehr mekrwürdig, wie so ein Antrag im Kreistag dann durch so eine schlecht besuchte Demo an Ort mit schlechter Lage zu ungünstiger Zeit zusätzlich im Nirvana landet. Aber besser als nichts. (Oder?) Dummerweise wurde nichteinmal der Name der Flugzone auf dem Transparent genannt! Stattdessen war gegen Bomberlärm (?) plakatiert. Also vielleicht bin ich ja von übermorgen, aber „Bomber“ war irgendwie gestern. Und es gibt bestimmt irgendwelche Gründe für diesen ganzen Merkwürdigkeiten…