Waren: Wo Arbeitnehmer bestimmen, wann sie zur Arbeit gehen

7. Oktober 2021

Fachkräfte-Mangel hier, Mitarbeiter-Not da: Immer mehr Unternehmen sind verzweifelt auf der Suche nach Mitarbeitern, vor allem in der Gastronomie und in der Pflege. Doch wie schaffen sie es, damit sich Frauen und Männer für sie und die von ihnen angebotenen Jobs interessieren? Während sich bislang die künftigen Arbeitnehmer „verkaufen“ mussten, ist es jetzt andersherum: Der Arbeitgeber muss Angebote machen, ja, er muss seine künftigen Mitarbeiter regelrecht umwerben. Wie das funktionieren kann, zeigt die AWO-Müritz, die in unserer Region zahlreiche Pflegeheime, Kitas, eine Schule sowie Pflegedienste betreibt und ingesamt knapp 600 Frauen und Männer beschäftigt. Zum einen zahlt die AWO Tariflohn, zum anderen hat sie ein so genanntes „Flexi-Team“ gegründet. Das heißt, die Arbeitnehmer suchen sich ihre Arbeitszeiten aus, Arbeitszeiten, die sich ihrem Leben anpassen und nicht umgekehrt.
Eine, die in diesem „Flexi-Team“ arbeitet, ist Katrin Fritsch aus Waren.

Die 57-Jährige hat rund 30 Jahre lang im MediClin Müritz-Klinikum gearbeitet, die meiste Zeit davon als Stationsleiterin der Unfallchirurgie. Als sie die Anzeige der AWO zum Flexi-Team gelesen hat, war das wie so ein Anstoß für sie. „Ich hatte wirklich schöne Jahre im Klinikum, aber die Belastung ist doch enorm, und nach so langer Zeit wollte ich gerne etwas kürzer treten. Deshalb fand ich das Angebot der AWO sehr interessant“, erzählt Katrin Fritsch. Und sie hat nicht lange gezögert, sondern ist einfach mal in der Geschäftsstelle vorbei gegangen. Über die Bedingungen wurde man sich schnell einig, und so gehört die Warenerin nun zum „Flexi-Team“ – mit Arbeitszeiten, die sie sich ausgesucht hat.

„Flexibel muss heutzutage nicht nur der Arbeitnehmer sein, sondern auch der Arbeitgeber. Unser Modell ist beispielsweise für junge Eltern gedacht, für Berufseinsteiger, die verschiedene Bereiche ausprobieren wollen, aber auch für Menschen, die sich etwas dazu verdienen möchten. Und: Es gibt immer mehr Menschen, denen ihre Freizeit und das Familienleben sehr wichtig sind, sie möchten so arbeiten, wie es ihnen passt“, berichten Nadine Mehl und Dominika Schubert-Zell von der AWO-Personalabteilung.

Katrin Fritsch hat sich entschieden, drei Tage in der Woche zu arbeiten und wurde zunächst in der ambulanten Pflege in Vipperow eingesetzt. Jetzt ist sie im Pflegeheim am Tiefwarensee. „Ich bin von allen Kollegen sehr gut aufgenommen worden. Sie sind alle sehr froh, dass Hilfe da ist, Neid auf meine Arbeitszeiten gibt es nicht“, berichtet die 57-Jährige, die aber auch zugibt, dass die Arbeit in der Pflege für sie fast wie Neuland ist. „Die Arbeit auf der Unfallchirurgie und in einem Pflegeheim kann man nicht vergleichen. In der Pflege baut man mehr Beziehungen zu den Bewohnern auf“, so Katrin Fritsch, die nach eigenen Aussagen viel Spaß in ihrem neuen Job hat und das „Flexi-Team“ nur weiterempfehlen kann.

Wer Interesse an einem Job im Team hat, findet hier weitere Informationen: https://www.awo-mueritz.de/wir-als-arbeitgeber/flexiteam/

Foto oben: Katrin Fritsch (Mitte) ist sehr froh, dass sie sich für das „Flexi-Team“ der AWO entschieden haben und Nadine Mehl (links) sowie Dominika Schubert-Zell freuen sich, dass sie dabei ist.


2 Antworten zu “Waren: Wo Arbeitnehmer bestimmen, wann sie zur Arbeit gehen”

  1. Jenny sagt:

    Den Flexi-Pool mit genau diesem Arbeitsmodell sowie einer Flexi-Pool Zulage zusätzlich zum Gehalt, gibt es im MEDICLIN Müritz-Klinikum schon seit mehreren Jahren. Mit diesem Konzept war das Klinikum Vorreiter in der Region.

    http://www.mueritz-klinikum.de/pflege

  2. Dr.med. Stefan Bergt sagt:

    Liebe Leserinnen und Leser bei „Wir-sind-Müritzer“ – ich möchte an dieser Stelle doch einmal einen Kommentar abgeben…
    Sicherlich ist jeder Führungskraft in den deutschen Unternehmen – aber auch weltweit – klar, dass sich die Zeiten der Arbeitswelt komplett geändert haben. Es ist absolut zu begrüßen, dass die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel stärker in den Vordergrund gerückt werden. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance, Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung, eine flexible Arbeitszeitgestaltung und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind zu Recht ein hohes Gut in der heutigen Unternehmenskultur.
    Allerdings ist aus der Sicht eines Klinikums in der Akut- und Notfallversorgung auch zu berücksichtigen, dass die Natur auf die oben genannten Belange keine oder nur eine geringe Rücksicht nimmt. In einer Akut-Klinik muss die Versorgung der Patienten rund um die Uhr (in den Abend- und Nachtstunden, an Wochenenden und an Feiertagen) gewährleistet werden. D.h. einen unendlich hohen Freiheitsgrad zur völlig freien Gestaltung von Arbeitszeiten kann es aktuell in Akut-Kliniken nicht geben. Partiell ist es sicher möglich – und auch durchaus zu begrüßen – aber, aufgrund der Zahl von verfügbaren, qualifizierten Pflegekräften ist es aus meiner Sicht nicht möglich, eine sichere Patientenversorgung auf dem Boden von Teilzeit- und „Flexi“arbeitsverträgen zu gründen.

    Wir setzen alles daran, die Arbeitsbedingungen für unserer Mitarbeiter – unter den Bedingungen eines Klinikums der Akut- und Notfallversorgung, dass seiner Verantwortung für die ihm anvertrauten Patienten gerecht werden möchte – so gut wie möglich, familienfreundlich, individuell-verträglich, modern und zeitgemäß zu gestalten.

    An dieser Stelle möchte ich allen Pflegekräften des MEDICLIN Müritz-Klinikums ein großes Dankeschön für Ihre Einsatzbereitschaft und die tägliche wertvolle Arbeit, die mit den Patientinnen und Patienten für deren Genesung geleistet wird, zurufen.