Lebensmittel retten in der Müritz-Region: Geht das?

24. Februar 2024

Wer kennt es nicht – wieder mal sind Lebensmittel im heimischen Kühlschrank oder Brotkorb vergammelt. Das passiert nicht nur in privaten Haushalten, sondern auch in Discountern, Bäckereien, Gaststätten, Tankstellen oder Hotels. Seit 2016 gibt es eine App, über die man versucht, Lebensmittel, vor allem so genannte „zeitempfindliche“, zu retten. Sie heißt „Too good to go“ und hat inzwischen rund 12 Millionen Nutzer, um die 25 000 Unternehmen sind mit von der Partie – auch in der Müritz-Region. Über die App  können die Unternehmen übrig gebliebene Waren zu vergünstigten Preisen an Selbstabholer anbieten.
„Wir sind Müritzer“ hat für die Leser getestet, wie es hier bei uns an der Müritz mit „Too good to go“ funktioniert. Aber auch andere Möglichkeiten, Lebensmittel zu retten und dabei auch das eine oder andere Schnäppchen zu schlagen, haben wir ausprobiert.

So viel schon mal mal vorweg: Die Zahl der Anbieter der „Retterbeutel“ oder auch „Überraschungstüten“ ist in der Müritz-Region noch überschaubar. Mit dabei sind unter anderem die team-Tankstellen in Waren, Netto (der schwarze) in Waren, Röbel und Malchow, die Bäckerei Hatscher, Aral in Malchow, der Bauernladen Bollewick,  und BoBoQ in Waren. Per App werden die zu rettenden Lebensmitteltüten angeboten. Doch – man muss richtig schnell sein, um eine zu ergattern. Bei den Angeboten der Bäckerei Hatscher ist uns das trotz vielfacher Versuche in zwei Wochen gar nicht gelungen. 

Aber – es gibt auch in der Müritz-Region Unternehmen, die unabhängig von „Too good to go“ übrig gebliebene Lebensmittel anbieten. Unter anderem die „Bäckerei Junge“. Und die haben wir dann gleich mal als erstes getestet.

Über die Homepage von „Junge“ haben an einem Donnerstagabend eine „Brotretter-Tüte“ bestellt und nächsten Morgen gegen 7.45 Uhr abgeholt. Kosten – 4,95 Euro – Warenwert laut Angaben 11,99 Euro. Die Abholung – völlig problemlos. Bezahlt haben wir schon bei der Bestellung per Paypal.

Die nette Mitarbeiterin hat nur nach Bestellnummer und Namen gefragt, schon hatten wir unsere Tüte. Wir waren an diesem Tag nicht die einzigen, die zu rettenden Lebensmittel reserviert hatten. Ohnehin scheint dieses Angebot von „Junge“ überaus beliebt zu sein, wie zahlreiche Presseberichte zeigen, aber auch die freundliche Warener Mitarbeiterin berichtet.
Und da war er dann der Kick – was ist wohl drin in der Papiertasche für 4,95 Euro? Ist in etwas so wie Geschenke auswickeln. Der Inhalt konnte sich wirklich sehen lassen: Ein halbes geschnittenes Roggenbrot, ein halbes geschnittenes Dinkelbrot, ein Käsebrötchen, ein Käsebaguette, ein Schokoladen-Croissant, zwei besondere Berliner und ein weiteres Stück Kuchen. Das alles für nicht einmal fünf Euro und von sehr guter Qualität. Nichts war alt oder hart. Da wir das nun aber nicht alles alleine verputzen konnten und nicht doch noch wegwerfen wollten, haben wir einiges aus der Tüte weiter gegeben. Fazit: Das machen wir sicher wieder.

Nächster Test am selben Tag: Eine Überraschungstüte der Team-Tankstelle in der Warendorfer Straße ergattert. Abholung am Abend. Auch das völlig unkompliziert, unsere Tüte lag schon fertig in der Kühlung. Die Mitarbeiterin wusste Bescheid und war sehr freundlich. Kosten: 3,50 Euro, Warenwert laut Angaben  10,50 Euro. Der Inhalt – ein Baguette mit Krautsalat und Kochschinken, ein Fußball-Brötchen mit Frikadelle sowie ein halbes Mettbrötchen. Nun ja. Hier hielt sich die Freude doch etwas in Grenzen. Vor allem das Mettbrötchen, von dem wir nicht wussten, wie lange es schon geschmiert in der Tanke lag, haben wir nicht mehr angerührt. 

Am selben Abend haben wir Glück und sichern uns eine Retter-Tüte bei Netto in Röbel für den nächsten Tag. Dort schicken wir zur Abholung einen freundlichen Röbeler hin. Er kannte die App „Too good to go“ noch nicht und war selbst ganz gespannt. Reserviert haben wir am Freitagabend für 3,90 Euro, abgeholt werden konnte sie am Sonnabend fast den ganzen Tag lang. Die Bezahlung wieder unkompliziert per Paypal. Warenwert laut Angaben etwa 12 Euro. Dann gab’s ein kleines Problem. Das haben aber wir  verursacht, weil wir nicht selbst mit unserem Handy und der App vor Ort waren, sondern ein netter Helfer. Aber – die Mitarbeiterin des Röbeler Netto-Marktes war sehr zuvorkommend und hat geholfen. Per Telefon konnten wir das Problem lösen. Und dann die Überraschung: Der Inhalt der Retterkiste hat die Erwartungen übertroffen. Für 3,90 Euro gab’s unter anderem Milch, Bio-Zucchini, Radieschen, Würfelkäse, Tomaten, Möhren, Mandarinen, Rote Beete und Nuggets. Alles in bester Qualität, Obst und Gemüse waren frisch und nicht angegammelt.

So weit zu unseren Erfahrungen. Doch, wie schon erwähnt, die Zahl derer, die dort mitmachen, ist an der Müritz noch überschaubar. Im Netz finden sich dagegen viele Berichte von „Rettern“ in Deutschland, die beispielsweise in Hotels von Frühstücks- und Mittagsbuffets nicht verzehrte Lebensmittel holen, aus Cafés und aus Restaurants. Das fehlt hier noch. Aber weitere Unternehmen – so eine Umfrage von „Wir sind Müritzer“ denken darüber nach, über die App oder auch die eigene Homepage Lebensmittel retten zu lassen.

Wie Kaufmann Ingolf Schubert. In seinen EDEKA-Märkten gab es bereits die „Rettertüte“, die auch gut angenommen wurde. Doch im Zuge von Umstrukturierungen ist dieses Projekt wieder etwas eingeschlafen, wie Ingolf Schubert gegenüber „Wir sind Müritzer“ erklärt. Aber in Kürze soll es „wiederbelebt“ werden. „Ich halte das für eine sehr gute Sache. Unabhängig davon unterstützen wir natürlich auch die Warener Tafel“, sagte Schubert.

Auch die Mecklenburger Backstuben GmbH kooperiert mit der „Warener Tafel“ , die sich mehrmals wöchentlich Lebensmittel holen kann. Die App „Too good to go“ hat die Geschäftsführung des Familienunternehmens aber auch im Blick.

„Wir sind Müritzer“ wird in den kommenden Wochen weiter testen, um auch noch die Tüten zu erhaschen, für die wir bisher zu langsam waren. Generell  eine gute Sache mit Win-Win-Situation – die Lebensmittel landen nicht im Müll, die Konsumenten können für wenig Geld viel bekommen. Und dann noch dieser Überraschungs-Effekt.


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