Augenärztliche Versorgung an der Müritz mehr als kritisch

26. Januar 2021

An der Müritz gibt es ein medizinisches Versorgungsproblem: Nachdem die Augenärzte Ingrid und Ulrich Haase Ende November 2020 ihre Praxis für immer geschlossen haben und in den wohl verdienten Ruhestand gegangen sind, ist es für Patienten sehr schwierig, ja nahezu unmöglich geworden, einen Termin bei einem Augenarzt in der Nähe zu kommen. Die beiden Augenärzte in der Müritz-Region in Waren und Röbel können keine neuen Patienten mehr aufnehmen, und auch in den Praxen in der weiteren Umgebung sind die Kapazitäten knapp. Die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern sieht die augenärztliche Versorgungssituation an der Müritz ebenfalls kritisch, doch laut Bedarfsplanung des Bundes ist in unserer Region gar kein zusätzlicher Augenarzt nötig.

„In der Raumordnungsregion Mecklenburgische Seenplatte sind derzeit 23 Augenärzte vertragsärztlich tätig. Sowohl in Waren als auch in Röbel ist jeweils ein Augenarzt niedergelassen. Eine Unterversorgung ist nach der gesetzlich vorgegebenen Bedarfsplanung nicht vorhanden. Im Unterschied zur gesetzlich vorgegebenen Bedarfsplanung schätzen wir die tatsächliche augenärztliche Versorgungssituation in Waren und Umgebung auch als problematisch ein. Die Diskrepanz zwischen der durch den Bundesgesetzgeber vorgegebenen Bedarfsplanung und der daraus rein rechnerisch resultierenden Über- oder Unterversorgung in vielen ärztlichen Fachgebieten kritisieren wir seit Jahren. Leider hat die Bundesregierung bisher nur mit weiteren bürokratischen Vorgaben darauf reagiert, die nicht zur Verbesserung der Attraktivität der ambulanten ärztlichen Tätigkeit beitragen“, so Pressesprecherin Kerstin Alwardt auf Nachfrage von „Wir sind Müritzer“.

Die Kassenärztliche Vereinigung unterstütze Ärzte, die eine ambulante Tätigkeit anstreben, mit einer umfassenden Beratung zur Niederlassung und begleite sie auch im Antragsverfahren sowie bei allen anderen Fragen rund um die vertragsärztliche Tätigkeit. „Mit Gemeinden loten wir die örtlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Fördermöglichkeiten aus. Gleichsam wird für bestimmte Fachgruppen und bei besonderen Versorgungslagen sowie zur Weiterbildung Facharzt für Augenheilkunde finanzielle Unterstützungen gewährt“, erklärte die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung.

Lange Wartezeiten

Für die Praxis der Augenärzte Haase habe es zunächst einen Nachfolger gegeben, der dann aber kurz vor der Vertragsunterzeichnung einen Rückzieher gemacht habe. Die jetzt einzige Augenärztin in Waren arbeitete schon vor der Schließung der Haase-Praxis am Limit und kann auch keine neuen Patienten mehr aufnehmen – Notfälle ausgenommen. Lange Wartezeiten von mehreren Stunden sind die Folge.

Inzwischen haben sich zahlreiche Patienten von der Müritz in der Umgebung umgeschaut, unter anderem in Demmin und Neubrandenburg. Einige, so berichtet eine Leserin, fahren mit ihren Augenproblemen jetzt sogar nach Brandenburg oder Berlin.

„Patienten, die trotz hinreichender Eigenbemühungen keinen Augenarzt gefunden haben, können sich gern an unsere Terminservicestelle unter der Rufnummer 116117 wenden. Weitere Informationen zu den Ansprechzeiten und Voraussetzungen für eine Terminvermittlung halten wir ebenso auf unserer Homepage bereit“, lautet die Empfehlung von Kerstin Alwardt.

Auch in anderen medizinischen Bereichen gibt es an der Müritz offenbar Engpässe. So werden in der Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung freie Hausarztstellen aufgeführt, und auch bei den Nervenärzten besteht Bedarf.

Und obwohl nach der Schließung der Malchower Hautarzt-Praxis auch in dieser Fachrichtung eine große Lücke entstanden ist, braucht die Müritz-Region laut Statistik keine weiteren Dermatologen.

In der Enquete Kommission des Landtages, die Vorschläge zur zukünftigen medizinischen Versorgung in M-V entwickeln soll, wurde der Ärztemangel bereits in vielen Anhörungen von Ärzten, Patienten und Gemeinden thematisiert. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Ärztekammer MV haben deshalb eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Studienplätze an den beiden Universitäten eingefordert. Dieser Antrag wurde von den Mitgliedern aller Fraktionen des Landtages und auch anderen Mitgliedern der Kommission abgelehnt.


9 Antworten zu “Augenärztliche Versorgung an der Müritz mehr als kritisch”

  1. Gerhard sagt:

    Der Bund hat wie schon so oft bewiesen, daß er kein oder wenig Interesse hat sich für die Bedürfnisse der Ostdeutschen Bevölkerungen einzusetzen

    • Stefan sagt:

      …und am Wetter sind sie auch Schuld!

      Seit Jahren verzeichnet diese Region einen stetigen Bevölkerungszuwachs an Personen Ü60.
      Leider sind die wohl eher keine Fachärzte die hier nochmal eine Praxis eröffnen wollen.
      Es ergibt sich also eine steigende Nachfrage bei stagnierendem, oder in diesem Fall sogar sinkendem, Angebot.

      Und natürlich ist es reines Versäumnis der Politik junge Fachärzte nicht zu zwangsverpflichten sich hier nieder zu lassen.
      Ist doch irre hip diese Gegend… und so aufgeschlossene Leute…

  2. M. Drösler sagt:

    Leider haben wir in einem Norfall an einem frühen Freitag Abend die Erfahrung machen müsssen, dass unter der 116117 auch nur eine Weiterleitung erfolgt ist und dann konnte ich auf den AB sprechen. Zwischenzeitlich habe ich in der Notaufnahme einer Klinik angerufen, die uns nach Schilderung des Problems eine Behandlung zusicherte.
    Schnelles handeln war nötig. Eine ganze Stunde später erhielt ich einen Anruf von einer Frau(ohne namentliche Vorstellung oder …), dass ich bei ihr angerufen hätte.
    also Fazit: Bei einem Problem die Nerven behalten und eine Klinik anrufen, damit eine Behandlung stattfinden kann.

  3. AA sagt:

    „Eine Unterversorgung ist nach der gesetzlich vorgegebenen Bedarfsplanung nicht vorhanden.“……..finde auch, EINE Augenärztin für ca. 21000 Einwohner und da sind die Dörfer ja nicht mitgerechnet, reicht doch völlig aus…. IRONIE zu Ende!!!!

    „Dieser Antrag wurde von den Mitgliedern aller Fraktionen des Landtages und auch anderen Mitgliedern der Kommission abgelehnt.“……die haben gut reden, die bekommen sicher gleich einen Termin, ohne Wartezeit an sich und ohne Wartezeit dann in der Praxis…

    Frau Dr. Urban und Team wünsche ich viel Kraft und baldige Verstärkung!

  4. Kerstin sagt:

    „Sowohl in Waren, als auch in Röbel ist jeweils ein Augenarzt niedergelassen. Eine Unterversorgung ist nach der
    gesetzlich vorgegebenen Bedarfsplanung nicht vorhanden !“ 21.000 Einwohner in Waren = 1 Augenarzt, und die
    Kassenärztliche Vereinigung sieht es „kritisch“ ! Ich lach mich schlapp. Hoffentlich kümmert sich jetzt endlich mal einer von
    diesen überbezahlten Hobbypolitikern und schafft entsprechende Rahmenbedingungen. Ich habe schon lange nichts mehr von Frau Julitz gehört, wäre doch ein schönes Betätigungsfeld für Sie, kann sich dann auch wieder medienwirksam fotografieren lassen.

  5. BAT sagt:

    Kein Hautarzttermin nirgends, kein Augenarzt, kein Venenarzt. Und es besteht kein Bedarf??
    Beim Hautarzt in Malchow hat es bis zum Termin damals 3 Monate gedauert, beim Augenarzt in Röbel 4 Monate. Einen Termin beim Venenarzt gab es nirgends, nicht mal in Neubrandenburg angenommen. Wir werden allein gelassen.

  6. anke sagt:

    Seit knapp 10 Jahren begleite ich Senioren aus Waren und Umgebung zu Arztterminen. Den Frust beim Praxispersonal und den Patienten über die vorherrschenden Zustände konnte ich schon oft erleben. Nicht nur beim Augenarzt, auch bei Hautarzt, Urologe, Gastrologe oder Neurologe sind Termine nur in weiter Ferne zu bekommen. Und meist sind lange Wartezeiten und fixe, unpersönliche Abfertigung dann trotzdem Programm.
    Wenn uns im Fernsehen gezeigt wird, wie sich die Doktoren (Ich meine nicht die Sachsenklinik oder Dr. Kleist, das geht ja komplett an der Realität vorbei!) engagiert um die gesundheitlichen Probleme ihrer Patienten kümmern, möchte man hysterisch lachen!
    Gesundheitsland M-V ist unser Credo! Unsere Politiker glauben wohl, mit Wasser, Wald, frischer Luft und ein paar Kurkliniken wäre es getan. Die medizinische Infrastruktur trägt dem aber nicht Rechnung, wenn es um die einheimische, oft betagte Bevölkerung geht.
    Hat eine Arztpraxis mal Urlaub oder die Doktoren gehen nachfolgerlos in Rente, werden die Patienten u. a. nach Stavenhagen oder Neubrandenburg verwiesen. Aber nicht alle haben die Kraft, ein Auto und das Geld, um mit Begleitung und öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin zu gelangen.
    Und die Notaufnahme im Klinikum ist, wenn das gesundheitliche Problem nicht sehr offensichtlich ist, erfahrungsgemäß auch keine Alternative. Denn wenn sich der Verdacht des überweisenden Hausarztes nicht bestätigt, wird man mit dem Kopf unter dem Arm nach Hause geschickt und soll sich an eine ortsansässige Facharztpraxis wenden.
    Ich sehe dringenden Handlungsbedarf! Wir sind nicht vergleichbar mit NRW oder Berlin. Malchow ist nicht vergleichbar mit Waren. Der Versorgungsaufwand einer alternden Bevölkerung ist ein ganz anderer, als der von Menschen unter 50 Jahren.
    Auf welchem Stern leben diese Leute, die darüber nachzudenken und zu handeln haben???

  7. RMK sagt:

    Anke Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen .

  8. Kerstin sagt:

    Diese Leute, die darüber zu entscheiden und zu handeln haben, leben mittlerweile in Ihrer eigenen Realität.
    Diesen Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man Sie reden und argumentieren hört. Sicherlich privat versichert,
    steuerbefreit und später selber mit üppigen Pensionen ausgestattet, ohne jeweils in irgendeine Rentenversicherung
    eingezahlt zu haben. Ich habe das „Vergnügen“ gehabt mich mit solchen Politikern unterhalten zu dürfen.
    Fernab jeglicher Realität ! Ich glaube schon, dass es möglich sein müsste , entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich entsprechende Fachärzte ansiedeln. Aber die Politiker müssten endlich mal Ihren Hintern bewegen, um etwas zu machen, wofür sie eigentlich als Volksvertreter gewählt worden sind ! (nicht nur die 3 Monate vor den Wahlen).
    Aber ich persönlich habe in dieser Hinsicht wenig Hoffnung. Der größte Teil, derjenigen die heute in die Politik gehen, hat nur eines im Sinn: sein persönliches Scherflein sichern und sich zu bereichern.