Bauhelfer stürzt durch Dach und stirbt – Geldauflage für den Chef

19. August 2020

Wer auf große Scheunen oder andere Hallen klettert, um Dächer zu erneuern oder Solarplatten aufzumontieren, muss für eine ausreichende Sicherung sorgen. Was selbstverständlich klingt, ist aber nicht immer so. Diese Lehre zogen mehrere Beteiligte gestern bei einem Prozess am Amtsgericht Neubrandenburg um einen tödlichen Arbeitsunfall, der sich Ende 2018 an der Mecklenburgischen Seenplatte ereignet hatte.

Die Lage damals: Ein junger Mann – der eigentlich Lagerfachkraft gelernt hat, gründet eine Dachsanierungsfirma in Schwerin. Über Kontakte kommt er an Aufträge. „Dachpfannen verlegen dürfte ich nicht“, gibt der angeklagte Firmenchef vor Gericht zu. Aber Asbestplatten gegen Blechdächer auswechseln, das ging. Etwa zehn Dächer wurden von der Vier-Mann-Firma so schon repariert oder erneuert. Dann kam die sehr große und mit Stroh gefüllte Scheune in Chemnitz unweit der Bundesstraße 104.

Dort sollten ein Asbestdach gegen Blechdach ausgewechselt und Solarplatten daraufmontiert werden. An einer Dachseite, waren die Monteure durch Rüstung und Netze gesichert, an der anderen Seite nicht überall. An jenem Tag hatten die Männer einen 35-jährigen Helfer dabei, der erstmals aus Schwerin mitkam.

„Der Mann sollte unten aufräumen und den anderen auf der Nordseite helfen“, sagte der Firmenchef. Als der Chef nur kurz in einem Baumarkt noch einen Akkuschrauber kaufen fuhr, bemerkte er auf der Rückfahrt schon die Rettungswagen. Der 35-Jährige war auf dem südlichen Teil der Scheune durch eine Asbestplatte gebrochen. Sein Pech: Er fiel genau zwischen einem Auffangnetz und Strohballen hindurch acht Meter tief und starb an den Verletzungen.

Im Nachhinein kam heraus, dass der 35-Jährige an dem Vormittag hohe Amphetaminwerte im Körper und auch noch Pulver in der Tasche hatte. „Zugedröhnt darf man aber nicht aufs Dach“, stellte Richterin Tanja Krüske klar. Ein früherer Mitarbeiter bestätigte die Angaben des Firmenchefs. Weil dieser dem 35-Jährigen aber an dem Morgen nicht noch einmal extra gesagt hatte, dass auf der Südseite kein durchgehendes Sicherungsnetz war, treffe den Chef auch eine gewisse Mitverantwortung.

So einigte sich alle Seiten, auch der Nebenkläger, darauf, dass das Verfahren gegen 1500 Euro Geldauflage – ein Monatsgehalt des Chefs – eingestellt wird.

Dies Geld soll der 33-Jährige in Raten an den minderjährigen Sohn des Verunglückten zahlen. Wenn das passiert, gilt das Verfahren als abgeschlossen.


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