Bekannten mit Kantholz niedergeschlagen, beraubt und nach Frankreich geflüchtet: Mauretanier vor Gericht

19. Juni 2019

Den 1. Juli 2018 wird der Neubrandenburger Ronny Schmidt sicher nicht so schnell vergessen. Der 33-Jährige passte in der Plattenbauwohnung in der Oststadt auf seinen kleinen Sohn auf, als er plötzlich durch die Wände Schreie, ein Poltern und eine knallende Tür hört. „Als ich auf den Flur kam, lag dort der Nachbar und blutete stark“, erzählt der Mann als Zeuge in einem Prozess am Landgericht. Es geht um „versuchten Mord, Körperverletzung und schweren Raub“, Motiv soll Habgier gewesen sein, die Vorgehensweise sei heimtückisch, hieß es.
Der Tatverdächtige verschwand damals nach Belgien und Frankreich, wurde von Zielfahndern des LKA aber im Herbst aufgespürt, gefasst und ausgeliefert und muss sich nun verantworten.

Der Vorwurf: Der 1,90 Meter große Asylbewerber aus Mauretanien soll an jenem Tag seinen 64 Jahre alten Bekannten in dem „Block“ besucht haben. Dabei habe der Angeklagte von Anfang an vorgehabt, sich bei dem 64-Jährigen nicht wieder Geld zu leihen, wie schon vorher, sondern etwas zu stehlen, glaubt die Staatsanwältin. Erst spricht man miteinander, dann geht der Ältere in die Küche, setzt Teewasser auf und dreht dem Mauretanier den Rücken zu. „Dann hat der Angeklagte mit einem Kantholz gegen den Kopf des Mannes geschlagen“, erläutert die Anklägerin.

Als dieser ruft, der andere soll aufhören, schlägt der Beschuldigte trotzdem mehrfach zu. Dann soll er aus einer Schublade in einem anderen Zimmer 500 Euro genommen und das Handy des Opfers gestohlen haben und gegangen sein. Das Opfer, ein syrischer Flüchtling, konnte sich auf den Flur schleppen, wurde notoperiert und überlebte. Zum Prozessauftakt erschien der Geschädigte, wie zwei andere Zeugen aus seinem Umfeld, zwar erstmal nicht. Das soll aber nachgeholt werden.

Spuren am Kantholz

Somit sah sich der Angeklagte zunächst vor allem mit den Aussagen eines Kriminalisten konfrontiert. Er sei an dem Tag gar nicht in Neubrandenburg gewesen, erläuterte der Mauretanier den Richtern. Sondern er sei mit einem Zug nach Schwerin gefahren. Mit welchem wisse er nicht und welche Route auch nicht. Mehr wolle er aber nicht dazu sagen. Sein Verteidiger kündigt an, vielleicht nach einer Erklärung des Opfers eine Aussage zu machen. Der Hauptermittler erläuterte dagegen, dass man Spuren des Angeklagten an dem Kantholz und an einer Espressomaschine in der Küche des Opfers gefunden habe. Zudem habe das Opfer später auf einem Bild den Angeklagten auch erkannt.

Der Mauretanier verließ, wie er sagte, 2012 als 27-Jähriger sein Land. Dann habe er als ungelernter Gelegenheitsjobber bis 2014/15 in Libyen in der Gastronomie gearbeitet. Schließlich sei er mit seiner Frau nach Italien gegangen und Mitte 2015 allein nach Stuttgart in Deutschland gekommen. Dort habe er Asyl beantragt, unter einem nicht vollständigen Namen,  und sei nach MV verwiesen worden. Seine Frau sei in Frankreich geblieben. Er habe in Neubrandenburg Geld bekommen und sei immer – ohne Fahrschein, also schwarz – per Zug nach Frankreich gefahren. Mitunter habe er auch in Belgien und Frankreich noch Geld bekommen.

Schuhe wieder erkannt

Der Prozess wird am 21. Juni fortgesetzt, dann soll auch das Opfer nochmal vorgeladen werden. Der 64-Jährige galt in der Szene als Anlaufpunkt für jüngere Asylbewerber. „Bei ihm waren immer viele Besucher“, erzählte ein weiterer Zeuge vor Gericht. Klar ist wohl, dass der Mann mehreren Bekannten damals Geld lieh. Den Angeklagten habe er auch in Neubrandenburg gesehen, nur nicht an jenem Tag, sagte der syrische Zeuge.

Nachbar Ronny Schmidt erinnerte sich aber, die weißen Sportschuhe des Angeklagten damals an der Wohnungstür des Opfers gesehen zu haben. Als der Geschädigte blutend am Boden lag, seien die Schuhe samt Träger aber weg gewesen.

Ein Urteil wird nicht vor dem 25. Juni erwartet, so müssen noch ein Psychiater und ein Gerichtsmediziner ihre Gutachten vorstellen.


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