Bundesgerichtshof hebt Urteil gegen Einbrecher auf

11. September 2020

Nicht immer ist ein Urteil das letzte Wort, auch nicht von einem Landgericht. Was sehr oft bedeutet, dass der oder die Täter eigentlich mildere Strafen bekommen. In Neubrandenburg kann dies nun mal anders laufen: Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat nach eineinhalb Jahren das Urteil gegen zwei Einbrecher aufgehoben und als „zu milde“ bewertet. Sie hatten je drei Jahre Haft wegen gemeinschaftlichen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit einem Angriff auf Polizisten erhalten. Die Staatsanwaltschaft hatte aber siebeneinhalb Jahre Haft verlangt. Auch weil die Männer gewusst haben sollen, dass ihr Komplize im Notfall Polizisten mit Pfefferspray attackieren würde. Diesen Aspekt soll das Landgericht auch noch einmal neu bewerten, fanden die Karlsruher Richter.
Bei dem Einbruch war ein Täter durch einen Polizisten erschossen worden.

Die Männer hatten im März 2018 eine größere, versteckte Bargeldsumme aus einem fremden Döner-Imbiss in der Neubrandenburger Oststadt gestohlen (WsM berichtete). Der Vorfall sorgte für Schlagzeilen, weil die türkischstämmigen Täter nachts zu dritt kamen und auf frischer Tat ertappt wurden. Einer von ihnen war 40, Neubrandenburger und hatte Geldprobleme, die zwei anderen aus Berlin. Sie wollten 100 000 Euro aus einem Geldautomaten im Keller holen, fanden aber nur 35 000 Euro. Als ein junger Berliner dann oben Pfefferspray in Richtung eines Polizisten sprühte, wurde dieser Einbrecher erschossen. In der Folge musste der Polizist noch Personenschutz erhalten.

Der Bundesgerichtshof hat nun festgestellt, dass „bestimmte Umstände zu Unrecht strafmildernd herangezogen wurden.“ So hätten die Verurteilten mit angesehen, dass eine ihnen nahe stehende Person – der Erschossene soll ein Neffe des 40-Jährigen gewesen sein – getötet wurde. Zudem war einer der Verurteilten bereits mehrfach vorbestraft. Dies soll im Urteil nicht korrekt berücksichtigt worden sein.

So muss das Landgericht nun mindestens einen neuen Termin machen. Weil das BGH sich besonders „auf den Strafausspruch“ bezieht, muss aber nicht alles ganz neu verhandelt werden. In diesem Fall müssen die Prozessparteien ihre Plädoyers neu halten und dabei berücksichtigen, was der BGH angemerkt hat, wie ein Experte WsM erläuterte. Erst dann fällt die Kammer ein neues Urteil – das vermutlich etwas höher als das vorherige ausfallen dürfte. Die erste Strafe wäre – mit Anrechnung der U-Haft – bereits Mitte 2021 verbüßt gewesen.

„Das Entscheidende war: Sie haben sich nicht ergeben“, hatte Richter Carl Christian Deutsch in der Urteilsbegründung damals erklärt. Polizisten hätten ein Anrecht darauf, dass die anderen sich ergeben. Und der Rechtsstaat habe ein Recht darauf, dass die Regeln eingehalten werden. Richter Deutsch muss dies aber nun nicht mehr neu bewerten: Er ist inzwischen im Ruhestand.


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