Denkmalstatus für Hochhäuser mit „Leiterplatte“: Stück DDR-Architektur- und Sozialgeschichte

8. März 2020

Mehr als 30 Jahre nach dem Fall der Mauer wird in Neubrandenburg ein weiterer Teil der DDR-Geschichte konserviert. Auch, damit sich nachfolgende Generationen später ein möglichst wertfreies Bild vom real existierenden Sozialismus und seiner Architektur machen können.
Wie WsM von der Stadt Neubrandenburg erfuhr, haben die Landesdenkmalbehörden den Komplex mit vier Hochhäusern in der Neustrelitzer Straße – früher Leninstraße – (WsM berichtete) als städtebauliches Ensemble nun doch unter Denkmalschutz gestellt – die Wohnungsgesellschaften als Betreiber hatten da Bedenken. Sie befürchten, dass Sanierungskosten steigen könnten.

Die bis zu 14 Geschosse hohen Häuser sindn bei Mietern recht beliebt. Sie stehen stadtnah und nicht weit vom Tollensesee. Zudem bilden die Gebäude vier Gruppen und mit Kaufhalle, Ladenzeilen und Kita sowie Höfen und Spielmöglichkeiten ein „abwechslungsreich strukturiertes und funktional organisiertes Ensemble von besonderer städtebaulicher Qualität und von hohem baugeschichtlichem und künstlerischen Wert“, urteilten die Fachleute. Neben der künstlerischen Gestaltung – Erkennungsmerkmal sind vier riesige Wandbilder – stünden die authentisch erhaltenen Plattenbauten der Reihe WBS 70 für die Ära Honecker, die Geschichte Neubrandenburgs sowie die Sozialpolitik in der DDR.

Damit hat Neubrandenburg eine Sonderstellung, denn auch der erste jemals errichtet WBS 70-Block steht als Denkmal in der einstigen Bezirksstadt – in der Oststadt. Ähnliche Denkmalensemble von Plattenbaugebäuden gibt es auch in Halle-Neustadt, Dresden oder Rostock
Besonders auffällig ist dabei das Werk “Die Quelle”, das von Wolfram Schubert stammt. Der 93-Jährige war von 1965 bis 1988 Vorsitzender des Bezirksverbandes Bildender Künstler in Neubrandenburg und freut sich, dass seine Arbeiten jetzt wieder geschätzt werden.

„Die Quelle“ sollte an den Kommunisten und Sowjetunion-Begründer Wladimir Iljitsch Lenin erinnern, denn die „Quelle von allem“ sollte damals der Marxismus-Leninismus als Ideologie sein. Hat – wie die Geschichte zeigt – nur 40 Jahre gehalten. Der Name für das 30 Meter hohe Fliesenwerk setzte sich in Neubrandenburg aber nicht durch – im Volksmund sagen die Leute einfach „Leiterplatte“, erklärte der Geschäftsführer der Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft, Frank Benischke.


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