Der schwere Weg aus einem Nebenverdienst in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis

17. Oktober 2021

Marcel Schröder (Name geändert) ist 41 Jahre alt und stammt aus Neubrandenburg. Nach Abschluss der Schule im Jahr 1996 begann er eine Ausbildung als Hochbaufacharbeiter, die er 2001 auch erfolgreich abschloss. Eine Arbeit zu finden, war zu dieser Zeit schwierig, erst recht ohne Führerschein. Diesen konnte er sich damals finanziell nicht leisten. Herr Schröder meldete sich arbeitslos und nahm in den ersten Jahren nach Ende der Ausbildung daher an verschiedenen geförderten Maßnahmen teil, nur um nicht zu Hause zu sitzen. Er lebte damals bereits mit seiner Freundin zusammen, und so kam auch bald das erste Kind.

Mitte 2005 bekam er dann bei einem Zeitarbeitsunternehmen den ersten Job als Helfer auf dem Bau. Allerdings war der Auftrag nach nur einer Woche beendet und so hieß es: weitersuchen. Möglichkeiten, in seinem erlernten Beruf Erfahrungen zu sammeln, bleiben ihm so verwehrt.

Es war wie ein Teufelskreis: ohne Führerschein kein Job, ohne Job kein Geld für den Führerschein. Marcel saß arbeitslos zu Hause und war zunehmend in die Betreuung der Kinder involviert, da auch seine Freundin sich beruflich entwickeln wollte.

In den darauffolgenden Jahren hatte er immer mal wieder sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen in verschiedenen Branchen, meist bei Personaldienstleistern, die jedoch nicht von Dauer waren. Von vielen Arbeitgeber wurde damals noch mehr als heute Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort erwartet, aber eine auswärtige Beschäftigung kam für ihn nicht in Frage, da er seine Partnerin bei der Betreuung der Kinder unterstützen wollte und ohne Führerschein auch nicht mobil war. Während der Zeiten der Arbeitslosigkeit nahm er an Qualifizierungen teil, um seine Chancen auf eine Beschäftigung zu verbessern.

Ein Lebenslauf mit ständig wechselnden Arbeitgebern ist bei Bewerbungen um eine neue Beschäftigung häufig nicht vorteilhaft, so dass es für ihn immer schwieriger wurde, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Hinzu kamen seine mangelnden Berufs- und Erwerbserfahrungen.

Im Januar 2020 nahm ihn das Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd in das „Projekt 450“ auf. Hier handelt es sich um ein Projekt, das sich gezielt um Menschen kümmert, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben und aufstockend Arbeitslosengeld II beziehen. Zusammen mit Arbeitgebern wird eine Übernahme in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angestrebt. Hierbei werden den Arbeitgebern eigens dafür entwickelte Fördermöglichkeiten angeboten.

Damals arbeitete Herr Schröder bei Fa. Remondis als geringfügig Beschäftigter und hegte nun die Hoffnung auf eine Festeinstellung, nachdem seine Integrationsfachkraft ihn über Fördermöglichkeiten als Anreiz für den Arbeitgeber bei einer Wandlung in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis informierte. Marcel Schröder fasste wieder Zuversicht und war hoch motiviert.

Nach einigen Monaten zeichnete sich jedoch ab, dass eine Ausweitung der Arbeitszeit bei der Fa. Remondis nicht möglich ist. Da ihm der Nebenverdienst auf Dauer nicht reichte, suchte er nun weiter nach einer festen Arbeit. Die regelmäßigen, fast monatlichen Gespräche mit seiner Integrationsfachkraft und deren Unterstützung ermutigten ihn und gaben ihm Hoffnung, doch noch eine Arbeit zu finden.

Im Sommer 2020 nahm er an einem 8-wöchigen Bewerbercoaching bei der TÜV Rheinland Akademie GmbH teil.  Mit Unterstützung dieses Bildungsträgers sollte es ab September.2020 endlich zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Helfer im Bereich Gartenbau bei der Fa. Piepenbrock Begrünungen kommen. Voller Vorfreude kündigte er seinen Nebenverdienst bei Fa. Remondis zum und stellte im Jobcenter entsprechende Förderanträge auf Leistungen aus dem Vermittlungsbudget und Einstiegsgeld anlässlich der Arbeitsaufnahme ab 07. September 2020.

Jedoch bekam er auch vom neuen Arbeitgeber wieder nur einen geringfügigen, befristeten Arbeitsvertrag, allerdings mit der Option auf Ausweitung der Arbeitszeit, wenn er sich in dieser Zeit bewährte. Das war ein neuerlicher Rückschlag für ihn, da er bereits fest mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gerechnet hatte und die Förderung der Arbeitsaufnahme seitens des Jobcenters nun nicht möglich war. Trotzdem nahm Marcel den Job an, fest entschlossen, sich zu beweisen. Dies war jedoch leichter gesagt als getan.

Regelmäßige telefonische Kontakte mit seiner Integrationsfachkraft im Jobcenter halfen ihm, Probleme während der ersten Monate zu bewältigen und seine Motivation aufrecht zu erhalten. Immer wieder musste er zu Hause bei der Kinderbetreuung einspringen, wenn diese krank waren, war selbst längere Zeit arbeitsunfähig und musste deshalb der Arbeit fernbleiben. Nicht immer stieß das auf Verständnis beim Arbeitgeber. Daher nahm seine Arbeitsvermittlerin von Anfang an Kontakt mit dem Arbeitgeber auf, warb um Verständnis für die Situation und versuchte im Sinne von Herrn Schröder zu vermitteln.

Seine offene, umgängliche und freundliche Art sprachen beim Arbeitgeber für ihn. Drei Monate nach Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung wurde dem Arbeitgeber durch die Arbeitsvermittlerin für den Fall einer Umwandlung in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis eine Förderung – Umwandlungshilfe – nach § 16f des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in Aussicht gestellt, die eigens für Unternehmen „gestrickt“ wurde, die Beschäftigte aus geringfügigen Beschäftigungen in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse übernehmen.

Am 1. Mai dieses Jahres war es dann endlich soweit. Marcel Schröder erhielt einen Arbeitsvertrag über 35 Stunden pro Woche, zunächst befristet bis 31. Dezember 2021.

Die Arbeit macht ihm Spaß, nach knapp fünf Monaten kann er sagen, dass er endlich angekommen ist. Er fühlt sich wieder wertvoll, wird von den Kollegen und seinem Vorarbeiter für seine Arbeit und Hilfsbereitschaft geschätzt und respektiert.


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