Dieselskandal – Anwälte aus der Müritz-Region geben Tipps

10. September 2019

Nach langem Warten ist es bald soweit – das Musterfeststellungsverfahren im Dieselskandal vor dem OLG Braunschweig steht kurz vor dem ersten Verhandlungstermin. Dieser soll, so der zuständige 4. Zivilsenat des Gerichts, am 30.09.2019 stattfinden.
Was bedeutet dies für diejenigen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben und für die Kunden des VW-Konzerns (VW, Seat, Audi, Skôda), die Ihre Ansprüche noch nicht geltend gemacht haben? Die Warener Anwälte Sönke Brandt und Daniel Thurn haben das für die Leser von „Wir sind Müritzer“ einmal dargestellt:

Für diejenigen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, beginnt mit Ablauf des 30.09.2019 eine weitere lange Phase des Wartens, in der das OLG Braunschweig in einem bislang noch nicht geklärten Umfang Rechtsfragen rund um das Thema VW-Dieselskandal abhandeln wird. Dass hierbei für die beigetretenen Kunden etwas Zählbares herauskommt, muss immer stärker bezweifelt werden.

Wie das Gericht per Beschluss vom 03.07.2019 mitteilte, erstreckt sich „die Musterfeststellungsklage nicht auf die Feststellung von Ansprüchen – auch nicht dem Grunde nach“. Hiermit bestätigt sich die bis dato allgemeine Ansicht, dass auch nach Abschluss des Musterfeststellungsverfahrens jeder einzelne Kunde seine Ansprüche dennoch in einem individuellen Klageverfahren geltend machen muss. Zu Recht muss man immer lauter nach dem Sinn dieses Verfahrens fragen, nicht ohne Grund wird den Teilnehmenden von vielen Seiten geraten, sich von der Musterfeststellungsklage abzumelden.

Und dies muss – wenn gewünscht – sehr bald geschehen:

Mit dem 30.09.2019 endet nämlich die Möglichkeit der Mitglieder, sich von der Musterfeststellungsklage zu lösen und Ihre Ansprüche individuell einzuklagen, was sie später ohnehin tun müssten. Wer kann, sollte sich daher zeitnah die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll ist, schon jetzt einen hierauf spezialisierten Anwalt für ein Individualverfahren in Anspruch zu nehmen.

Dies hat neben dem Umstand, dass eine Individualklage deutlich schneller sein wird, auch den wichtigen Vorteil, dass ein Verfahren nicht vor dem OLG Braunschweig geführt würde.

Möglichkeiten unbedingt ausloten

Denn was viele Mitglieder der Musterfeststellungsklage nicht wissen dürften: Das OLG Braunschweig ist das einzige OLG in Deutschland, welches in einer abschließenden Entscheidung die Ansprüche von VW-Kunden zurückgewiesen hat, während im Übrigen das OLG Köln und das OLG Koblenz die Ansprüche der VW-Kunden bestätigt haben. Es mag nur eine Anekdote sein, dass ausgerechnet das Landgericht Braunschweig (zuständig für Wolfsburg) und das OLG Braunschweig am Sitz der VW AG eine von vielen anderen Landgerichten und anderen OLG nicht geteilte Rechtsauffassung vertreten.

Dies bedeutet aber jedenfalls, dass die teilnehmenden VW-Kunden eine für sie positive Entscheidung nicht zu erwarten haben, was die Sinnhaftigkeit einer Teilnahme noch weiter infrage stellt.

Für diejenigen Kunden von VW, die Ihre Ansprüche bis dato überhaupt nicht geltend gemacht haben, endet mit dem 31.12.2019 die hierfür voraussichtlich letzte Möglichkeit. Da nahezu alle VW-Kunden im Jahr 2016 schriftlich dazu aufgefordert wurden, ein Softwareupdate aufzuspielen, sind somit auch nahezu alle Kunden im Jahr 2016 über die Manipulation ihres Fahrzeugs in Kenntnis gesetzt worden. Somit endet die Verjährungsfrist zum Ende des Jahres 2019.

Gleiches gilt selbstverständlich für diejenigen, die sich noch kurzfristig von der Musterfeststellungsklage abzumelden gedenken.

Die Chancen zu seinem Recht zu kommen sind besser denn je. Nach ständiger Rechtsprechung des örtlich zuständigen Landgerichts Neubrandenburgs stehen den betroffenen Kunden der VW AG Schadensersatzansprüche in Form von Einmalzahlungen oder der Fahrzeugrückgabe gegen Kaufpreisrückzahlung zu. Es muss jedem betroffenen VW-, Audi-, Seat- oder Skôda-Kunden dringend geraten werden, die Möglichkeit der Geltendmachung seiner Ansprüche in Rahmen einer Individualklage auszuloten.


2 Antworten zu “Dieselskandal – Anwälte aus der Müritz-Region geben Tipps”

  1. Dieter S sagt:

    Naja.
    Wenn das OLG Braunschweig das einzige Gericht in Deutschland ist, welches die Ansprüche von Kunden zurückgewiesen hat, dann wird es mit Sicherheit bis zum Bundesgerichtshof gehen.
    Wird es wahrscheinlich sowieso, denn VW steht diese Tür auch offen.
    Dass ein Anwalt jetzt natürlich den Weg einer Individualklage vorzieht, ist auch verständlich.
    Das bedeutet auch für den Anwalt mehr Aufwand, denn es ist ja ein komplettes Verfahren.
    Ich bin mir sicher, dass nach der Musterfestellungsklage reihenweise Vergleiche getroffen werden. Und das kann ganz schnell gehen und daran verdient man (Anwalt) nicht so viel. Weniger Schriftverkehr/Verhandlungstermine etc..

    Und ob man am Ende mehr Geld durch die Individualklage bekommt, ist auch nicht unbedingt gesagt.
    Ich kenn da von Bekannten und Verwandten Vergleichsangebote von oben bis unten.
    Teilweise so schlechte Vergleiche, dass man den PKW zurückgibt und den Gebrauchtwagenwert bekommt.
    Nur dann kann ich auch den Wagen selbst verkaufen.

  2. Anne sagt:

    Ziemlich Unrecht hatte hier die Kanzlei.

    Die Musterfestellungsklage ging schnell durch – VW hat danach ein Online-Formular freigegeben und jeder konnte sein Vergleichsangebot innerhalb von ein paar Tage per Brief bekommen.

    Für PKW-Käufer mit hoher jährlicher Fahrleistung hat sich diese Musterfestellungsklage richtig gelohnt.
    Man hatte eh nicht vor sein Auto vorzeitig zu verkaufen, sondern bis 300.000 Kilometer und mehr zu fahren.
    Jetzt bekommt man noch zusätzlich 1600 bis 6000 Euro von VW und hatte 2 mal 5 Minuten Arbeit und keine Kosten.
    Einmal 5 Minuten für das Formular zur Musterfestellungsklage, die anderen 5 Minuten für den Vergleich.