Ein ganz besonderes Model: Bei ihr klicken die Kameras unentwegt

3. Juni 2016

GP1Was fotografieren Urlauber, die in Waren die Seele baumeln lassen, wohl am häufigsten? Auf jeden Fall das Rathaus. Bestimmt den Hafen. Und  ganz oft– Gertrud Piontek. Die 80-Jährige ist Stadtführerin und präsentiert Touristen die schönsten Seiten der Müritzmetropole nun schon seit 25 Jahren, meistens in selbst genähter Mecklenburger Tracht. Silberhochzeit als Stadtführerin hat die Warenerin in diesen Tagen und feiert das heute auch all ihren „Kollegen“.
Grund genug für „Wir sind Müritzer“, einmal nachzufragen, was Stadtführer so erleben. Und auch während unseres Termins mitten in der Altstadt zücken Urlauber die Kameras oder Handys und wollen Gertrud Piontek unbedingt fotografieren, fragen nach dem Ursprung ihrer Tracht oder winken nur ganz freundlich ‚rüber zu ihr.
So dürfte die liebenswerte Rentnerin inzwischen die am meisten geknipste Warenerin überhaupt sein.

Dabei gehört Gertrud Piontek eigentlich nicht zu den Menschen, die gerne im Mittelpunkt stehen. Vielmehr wirkt die Seniorin bescheiden, verhehlt allerdings nicht, dass ihr die Arbeit als Stadtführerin unwahrscheinlich Spaß macht.
Schon als Kindergärtnerin – unter anderem im „Seeschlößchen“ in der Gerhart-Hauptmann-Allee – hat sie nebenher Vorträge über die Müritzstadt gehalten, vor allem im Urlauberdorf Klink. Und so war es auch der damalige Klinker Kultur-Chef Jochen Oesterheld, der sie nach dem Eintritt in den Vorruhestand ermunterte, sich doch als Reiseführerin zu versuchen. Der Beginn einer neuen Leidenschaft.

„Klar musste ich am Anfang auch ganz schön büffeln und vor allem die Geschichtsdaten alle lernen. Aber das war nicht schlimm“, erzählt die Rentnerin, die eigentlich nie Zeit hat und trotz ihres Alters und trotz manch gesundheitlicher Hürden, die sie meistern musste, eine unwahrscheinliche Lebensfreude ausstrahlt. Eine ansteckende Lebensfreude noch dazu.

GPBis vor kurzem hat Gertrud Piontek – Mutter von drei Kindern, achtmal Oma und viermal Uroma – noch drei bis zu vier mal in der Woche neugierige Urlauber durch Waren geführt, jetzt belässt sie es bei zweimal.
Mehr als 2000 Kilometer legte sie in den vergangenen 25 Jahren als Stadtführerin nur in Waren zurück, doch über ist ihr diese Aufgabe nie geworden. „Ich lerne so viele nette Menschen kennen, führe ganz interessante Gespräche und erfahre so viel Neues. Was gibt es Schöneres“, meint die Müritzerin in einem Gespräch mit unserer Redaktion. Und sie schwärmt von Erlebnissen, die ihr ohne ihre Stadtführer-Aufgabe wohl nicht „untergekommen“ wären.

So wie der Brief einer netten Dame aus der Nähe von Braunschweig, der sie vor kurzem erreichte. Die Frau schreibt, dass sie vor 20 Jahren eine Bustour mit Gertrud Piontek mitgemacht hat. Damals litt die Touristin gerade unter den Folgen einer schweren Brandverletzung. Die Stadtführerin wusste Rat und holte fix ihre „Wunderpflanze“, eine Aloe Vera. Und die hat geholfen. Jetzt, 20 Jahre später, wollte die Urlauberin einfach noch mal danke sagen.

Gerne denkt Gertrud Piontek auch an einen Auftrag zurück, den sie um Sommer 2013 bekam. Sie sollte in Tracht einen plattdeutschen Abend im Klinker Müritz Hotel gestalten. Dort angekommen, gab’s aber erst mal einen Riesen-Blumenstrauß, denn die Gäste hatten ein paar Jahre zuvor bei einem Klassentreffen eine Führung mit der heute 80-Jährigen genossen und wollten mit dieser Überraschung einfach mal DANKE sagen.

Solche und ähnliche Geschichten kann die Stadtführerin ohne Ende erzählen. Und man möchte ihr stundenlang zuhören. Vielleicht schreibt sie ihre Erlebnisse ja – wenn die knappe Zeit es zulässt – irgendwann einmal auf. Nicht auf Papier. Denn auch am Computer ist die 80-Jährige fit – gestaltet Einladungen, schreibt e-Mails und liest täglich „Wir sind Müritzer“. Und sie freut sich über Bilder, die Urlauber von ihr geknipst haben und ihr via Internet schicken. Und das sind inzwischen einige.

Auszüge aus Briefen an Gertrud Piontek:

„…Die große Tagesrundfahrt durch Mecklenburg-Vorpommern und auf der Insel Rügen erläuterte Gertrud Piontek als Reiseführerin ‚par exelance…“ Marga Richter, Gladbach

„…Sie haben uns ja so unermüdlich und umfassend unterrichtet… Sie sind bei uns in allerbester Erinnerung und Hochachtung und werden noch oft erwähnt.“ Marga Richter, Gladbach

„Ich denke noch gern an die Fahrt und Ihre Erklärungen dabei zurück und muss Ihnen nochmals für Ihre einmalige und unterhaltende Art herzlich danken. Nicht nur ich, sondern alle Fahrtteilnehmer waren von Ihnen restlos begeistert.“ Reither, Hessen

„…Wir denken noch oft an die schönen Stunden, die wir unter Ihrer sachkundigen Führung erleben durften, dank Ihrer interessanten Erläuterungen…“ Karl Maurer Daubingen

„…Die interessante Entdeckungsreise durch eine für mich unbekannte Landschaft – und deren kompetente Betreuerin ist bei mir noch lange nicht vergessen.“ Renate Winkler, Ulm

„…Frau Piontek hat nicht nur ihr großes Wissen über das Land Mecklenburg vermittelt, sondern sie verstand es auch, die Reisegruppe in guter Stimmung zu halten.“ Heinz Itzenplitz

„… eine besondere Überraschung: Eine sehr hübsche hin und wieder singende Reiseführerin in Mecklenburger Tracht begleitete uns, vermittelte auf interessante Weise, akustisch und optisch, viel Wissenswertes…“ Schaumburger Zeitung

 


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