Ein Warener Ort, den es nur noch in Erinnerungen gibt

26. Juli 2020

Mit diesem Ort verbinden nicht nur viele Müritzer wunderschöne, aber auch weniger angenehme Kindheits- und Jugend-Erlebnisse. Ein Ort mit Geschichte. Heute erinnert nur noch eine kleine Tafel an das ehemalige Ferienlager „La Pasionaria“an der Feisneck. Die Bungalows und das Mehrfamilienhaus sind längst verschwunden, Mauer und Gedenkstein am Eingang zum damaligen Lager ebenfalls. Auch den großen Strand mit Brücke gibt es nicht mehr. Wer heute von dort aus in die Feisneck springen möchte, muss durch eine schmale Schneise im Schilf.
Jahrelang hat die Stadt nach der Wende versucht, das idyllisch gelegene Grundstück im Nationalpark wieder touristisch zu nutzen – ohne Erfolg. Neue Versuche wird es nicht mehr geben, wie die Verwaltung auf Nachfrage von „Wir sind Müritzer“ erklärte. Das Areal bleibt unbebaut.

In den 90er Jahren ist das schöne Fleckchen Erde von der Stadt ausgeschrieben worden, es gab mehrere Interessenten. Der Zuschlag ging nach vielen politischen Querelen an eine Warener Investorengruppe, zu der auch der CDU-Politiker Jürgen Seidel gehörte. Doch diese Gruppe setzte ihre verkündeten Pläne nie um, so dass das Grundstück schließlich wieder an die Stadt ging. In den Folgejahren gab es weitere Interessenten, zum Teil auch mit sehr vielversprechenden Projekten. So wollte ein Bewerber beispielsweise auch Urlaub für behinderte Menschen anbieten.

Zum Zuge kam nicht. Und auch kein anderer Interessent. Denn jetzt machte das Nationalparkamt einen Strich durch die Rechnung. Die Pläne der Investoren scheiterten zumeist an der Zahl der Betten, die entstehen sollten, die das Nationalparkamt aber nicht wollte, und auch an der Zufahrt zum Gelände.

Und so hat sich die Natur den Platz in den vergangenen Jahren zurückgeholt. Die Flächen haben jetzt laut Stadtverwaltung einen Schutzstatus, aus baurechtlicher Sicht gebe es jetzt keine Möglichkeit mehr, das zu ändern.

Was bleibt ist die Erinnerung an ein Ferienlager, in dem tausende Mädchen und Jungen glückliche Stunden verbrachten, in dem aber auch der so genannte „Wehrunterricht“ stattfand, an den nicht alle gerne zurückdenken.

12 bis 20 Ostmark für zwei bis drei Ferienwochen

Und das weiß das Stadtarchiv über die Geschichte des Pionierlagers: Die Neptunwerft Rostock erhielt 1951 den Auftrag zur Einrichtung eines Kinder- und Pionierlagers an der Feisneck. Bis zu 900 Übernachtungsmöglichkeiten, ausschließlich in Zelten, wurden geschaffen. Von Beginn an trug das Lager den Namen „La Pasionaria“, und der ist ein Pseudonym der spanischen Revolutionärin Dolores Ibárruri. Es gehörte zum Brauch der DDR, die großen Pionierlager nach Persönlichkeiten der deutschen und internationalen kommunisitischen Arbeiterbewegung zu benennen.

Als Gegenleistung für den Aufbau des Lagers durften Kinder von Mitarbeitern des Trägerbetriebs VEB Neptunwerft ihre Ferien hier in eigenen Feriengruppen verbringen. Noch in den 1960er Jahren schlief man in Zelten. Feste Gebäude wurden für Aufenthaltsräume, die Küche sowie die Verwaltung gebaut, und auch die Straßen zum und im Lager erhielten Platten. Bis 1970 entstand ein Bungalowdorf, in dem 900 Kinder und 150 Betreuer untergebracht werden konnten.

Für die Durchgänge von 14 oder 21 Tagen mussten die Eltern durchschnittlich 12 bis 20 DDR-Mark für Verpflegung, Unterkunft, Anreise und Betreuung über- nehmen. Wanderungen, Sport, Spiel, kulturelle Betätigung und vieles mehr wurden organisiert. Auch einen Sportplatz, eine Bastelwerkstatt, ein naturwissenschaftliches Kabinett, ein Fotolabor und eine Übertragungsanlage für den Lagerfunk gab es am Ufer der Feisneck.

In der Anlage verbrachten überwiegend Kinder aus dem Norden der DDR ihre Ferien. Das Lager war zu etwa einem Viertel Betriebsferienlager und gehörte darüber hinaus zu den etwa 50 Zentralen Pionierlagern. Hier stand die Gruppenarbeit im Mittelpunkt. Alles hatte zur Erziehung der Kinder zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ beizutragen.

Als Internierungslager im Verteidigungsfall vorgesehen

Geführt von der Pionierorganisation wurden Erziehungspläne vorbereitet. Der tägliche Fahnenappell informierte über aktuelle politische Ereignisse, wie den Freiheitskampf kolonial unterdrückter Völker, Abrüstungsvorschläge der Sowjetunion, Sportmeisterschaften oder Ernst Thälmanns Todestag. Die Einbringung der Ernte wurde durch einen „Tag der Erntebereitschaft“ unterstützt. Die Kinder pflegten die Thälmann-Gedenkstätte und verschönerten den Sportplatz. Es gab Kurse für Mathematik, Biologie, Junge Künstler, Junge Agitatoren, Polytechnik/Basteln, Batik/Künstlerisches Gestalten, Funk, Sport, Touristik, Junge Sanitäter, Historiker, Feuerwehr und Junge Verkehrshelfer.

In der Werkstatt und in Zirkeln wurden Gegenstände für Solidaritätsbasare angefertigt. Über die 1955 in Düsseldorf gegründete „Zentrale Arbeitsgemeinschaft (ZAG) – Frohe Ferien für alle Kinder“, wurde bis 1961 der Aufenthalt von westdeutschen Kindern in DDR-Ferienlagern organisiert. Er endete mit dem Schließen der DDR-Grenzen 1961 und dem Verbot der Ferienaktionen durch die Regierung der BRD – die Aktionen galten Ende der 1950er Jahre als kommunistische Unterwanderung der Bundesrepublik durch die SED. In den Jahren der politischen Entspannung nach 1970 waren Mitglieder der Naturfreundejugend und Kinder, der Eltern der DKP angehörten, erneut Gast im Lager.

Bis zum Ende der DDR gab es zusätzlich einen Austausch mit sozialistischen Ländern, u.a. mit Polen, Ungarn oder der CSSR. Für alle Kinder war trotz allem die Erholung eines der Hauptziele für den Aufenthalt während der Ferien.

Außerhalb dieser Zeit diente das Lager an der Feisneck der GST und vormilitärischen Ausbildung von Jugendlichen im Rahmen des Schulunterrichts. Ebenfalls zur dunklen Seite der großen Pionierlager in der DDR gehörte ihre geplante Verwendung bei Unruhen in der DDR. Das Ferienlager an der Feisneck war ab 1982 als Internierungslager zur Unterbringung von Ausländern und Transitreisenden vorgesehen, die sich in Spannungsperioden und im Verteidigungszustand auf dem Gebiet der DDR aufhielten.

Nach dem Ende der DDR 1990 wurde das Lager zunächst als Erholungszentrum an der Feisneck weiter betrieben. Gebäude wurden abgerissen.

Foto unten: Das ist alles, was von dem großen Strand des Ferienlagers „La Pasionaria“ geblieben ist.

 


5 Antworten zu “Ein Warener Ort, den es nur noch in Erinnerungen gibt”

  1. M. sagt:

    Mit einem anderen Bürgermeister zu der damaligen Zeit hätte man das Gelände sicher nutzen können…aber was nicht für Rentner oder gut betuchte Westler gemacht war wurde ungelesen und unbesprochen direkt in Ablage „P“ verschoben.
    Es gab genügend Ideen für das Areal wie beispielsweise eine Wiedernutzbarmachung für Kinder,auch mit Behinderungen oder finanziell eingeschränkten Möglichkeiten. Oder als Eventgelände für Beachpartys im Wasser usw usw…aber für sowas war seitens des Bürgermeisters kein Platz in Waren….und ist es ja auch immer noch nicht wenn man nicht Falo heißt und macht was man will…

  2. Christel sagt:

    Ich finde es mega schade…. Ohne Worte

  3. East West sagt:

    Sehr schade um dieses Areal. Waren früher sehr oft dort gewesen als Kinder. Aber wie so oft, erstmal alles abreißen und dann nicht wissen, wie es weiter gehen soll. Das beste Beispiel ist doch Klink. Da wurde so schnell wie möglich alles in die Luft gesprengt. Für ein Neubau, der bis heute, noch nicht einmal begonnen wurde. Und so ging es mit vielen Einrichtungen, ohne Sinn und Verstand, erstmal abreißen. Sehr sehr Schade. Und dieses Areal, LA Pasionaria, hätte sich doch, von selber empfohlen, als Ferienlager.

  4. Kerstin sagt:

    Es glaubt doch wohl keiner, dass der Abriss zufällig geschehen ist. Wie bei so vielen anderen Projekten der Vergangenheit:
    Ersteinmal abreißen. So hält man sich eventuelle zukünftige Konkurrenz vom Leibe. Schade drum. Ein schönes Fleckchen
    Erde.

    • Natürlich ist das nicht zufällig geschehen.
      Sonst wären nicht Konzepte verschwunden,luxusresorts gecancelt und eine wiedernutzbarmachung im Keim erstickt worden.
      Man wollte damals und auch heute nichts haben was der Ruhe eines heilbades entgegenstand.das war die größte und einzige Sorge des damaligen BM.Der „Schuppen“war ein tiefer Stachel bis er endlich entfernt werden durfte,die Veranstaltungen in Warenshof wurden durch Zulassung diverser zusätzlicher Veranstalter ohne Gewissen oder Auflagenerfüllungswillen zerstört…und so kam was kommen musste…die Stadt wurde Heilbad,das trieb die Mieten in die Höhe,B&B konnten sich an allen alten Einrichtungen vergehen und Altersheime errichten,die Kultur für die Jugend wurde zerstört,nur noch ausgesuchte Veranstalter konnten sich die Rosinen herauspicken mit immer steigenden Forderungen an die Stadt so dass nur noch n Clown und campervermieter mit Kompagnon übrig blieben und die Events der Stadt betreuen durften und hierfür überall die Hand aufhielten,bis es nichts mehr gab was man noch schlechter hätte machen können ….und nun sind wir was wir sind….der BM von damals ist weg und sein Nachfolger auf nem guten Weg den selben Weg zu gehen,die 30 Zone Waren Müritz ist Fahrradstadt ohne Regeln für die Drahteseltreiber und alle die sich einbringen kommen von außerhalb und wissen nicht was sie tun oder versinken im nichtgehörtwerden…aber wenigstens kommen die alten Westler die sich B&B leisten können oder sie kaufen hier ihre Datschen und Ferienhäuser die sich die Einheimischen eh nicht leisten können und heulen sich dann aus wenn MV die Einreise wegen Pandemie einschränkt und drohen mit Boykott der Stadt…Alles richtig gemacht!!!