Eine Teil-Ortsumgehung trotz der Ablehnung beim Bürgervotum?

1. März 2016

Die Stadt Waren soll trotz des ablehnenden Bürgervotums doch noch einen Teil der Ortsumgehung bekommen. Darauf haben sich heute Abend zumindest mehrheitlich die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses geeinigt. Demnach soll der Bürgermeister versuchen, die so genannte „Westspange“ in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen zu lassen.

Zur Erinnerung: Zeitgleich mit der letzten Bürgermeisterwahl im Herbst 2013 haben die Warener auch über eine Ortsumgehung abgestimmt und sich dagegen ausgesprochen. Vor allem, weil im vorangegangenen „Bürger-Dialog“ eine Brücke über den Tiefwarensee favorisiert wurde. Aber auch die jetzt wieder hervorgeholte „Westspange“ stand damals schon als Variante zur Diskussion und ist somit ebenfalls abgelehnt worden.

Jetzt nennt man das Ganze aber nicht mehr Westspange, sondern „Lückenschluss“ zwischen der B 192 und der B 108. Diese „Lücke“ gibt es seit der Umverlegung der Teterower Straße vor der Erweiterung des Metallgusswerkes.

Auf die Lückenschluss-Idee gebracht wurde die Stadt offenbar durch Bürger, die in alten Akten eine Vereinbarung zwischen Stadt und dem Wirtschaftsministerium des Landes gefunden haben. Darin ist dieser „Lückenschluss“ zwischen den beiden Bundesstraßen Bedingung für die Umverlegung der Teterower Straße.

Im Stadtentwicklungsausschuss hat lediglich FDP-Vertreter Toralf Schnur gegen die Aufnahme der Westspange in den Bundesverkehrswegeplan gestimmt. Für ihn ist das eindeutig ein Handeln gegen das Bürgervotum.
„Hier wird die Meinung der Mehrheit der Warener mal wieder mit Füßen getreten. Man sucht eindeutig eine Hintertür, um das Bürgervotum umgehen und trotz der Ablehnung eine Ortsumgehung bauen zu können“, so Schnur.

Die Westspange würde etwa 15 Millionen Euro kosten und nur einen Teil der vom Bundesstraßen-Lärm betroffenen Anwohner – nämlich die der Mozartstraße und Röbeler Chaussee – entlasten.

Foto: Die orange Linie zeigt den Verlauf der Westspange

Westspange


4 Antworten zu “Eine Teil-Ortsumgehung trotz der Ablehnung beim Bürgervotum?”

  1. Dr.Hans-Joachim Radisch sagt:

    Nur gut, daß es unsere Stadtvertretung gibt, die die dummen Warener, die beim Bürgervotum 2013 mit ca. 60% gegen eine Ortumgehung gestimmt haben, endlich korrigiert. So ein Stadtvertreter weiß doch, daß Demokratie nicht bedeuten darf, sich um die Mehrheitsentscheidung der Bürger zu scheren, und daß Bürger, gerade wenn sie sich mehrheitlich für oder gegen etwas entscheiden, dieses in Wirklichkeit doch gar nicht wollen. Was der Bürger wirklich will, wissen nur unsere Stadtvertreter.

    Und schließlich darf man sich als verantwortungsvoller Politiker ohnehin nicht nach Entscheidungen der Bürger richten, erst recht nicht, wenn sie mit völlig eindeutigen Mehrheiten erfolgt sind. Alles andere wäre doch seitens der Politik unverantwortlicher Populismus. Und welche Politiker, die sich spätestens am „Tag der Demokratie“ wieder salbungsvoll gegenseitig als die wirklichen „Demokraten“ beweihräuchern, möchten sich schon dem Verdacht des populistischen, und – nach veröffentlichter Meinung damit zwangsläufig – „rechts“populistischen Hinterherlaufens hinter dem Bürgerwillen aussetzen. Was wahrer Bürgerwille ist, wird schließlich von unseren Politikern verantwortungsbewusst in ihren Parteigremien und Fraktionen festgelegt.

    Es ist schon eine Unverschämtheit der Bürger, darauf zu beharren, mit ihrem Bürgervotum ernst genommen werden zu wollen. Schließlich haben sie bei der Wahl der Stadtvertreter ihre Stimmen doch abgegeben. Da kann ein Stadtvertreter jetzt wohl verlangen, daß es dabei bleibt und der Bürger respektiert, daß er bis zur nächsten Wahl gefälligst keine Stimme mehr zu haben und „die Schnauze zu halten“ hat, damit „Demokratie“ ungestört durch Bürgermeinungen durch die zelebriert werden kann, denen dies nach ihrem Selbstverständnis allein zusteht: Den erwählten Politikern der Stadtvertretung.

    Unfaßbar, daß Menschen wie Toralf Schnur das einfach nicht begreifen wollen und mit ihrem extremistischen Unterstützen so unverantwortlicher Vorgänge bürgerlicher Meinungsbildung wie Bürgervotum zur Ortsumgehung oder Bürgerentscheid zum Schwimmbad penetrant schlimmsten demokratiefeindlichen Populismus betreiben. Pfui. Das ist geradezu zynische Anbiederung beim Bürger. Zeit, daß auch die FDP verboten wird.

  2. Charly sagt:

    Ich kann Herrn Dr. Radisch nur zustimmen. Es ist schon ein unglaublicher Vorgang, erst ein Bürgervotum einzuholen und dann gegen das eindeutige Abstimmungsergebnis zu handeln. Frei nach dem Motto: „was stört’s den Mond, wenn ihn der Hund anbellt“. Die Vertreter der etablierten politischen Parteien haben ihr Mandat vom Souverän, dem Wahlvolk, erhalten und sind allein diesem Mandat verpflichtet. Das scheint völlig in Vergessenheit zu geraten. Und genau dieser Verlust der Bodenhaftung ist der Hauptgrund dafür, daß sich das Wahlvolk von den etablierten Parteien ab und den extremen Politgruppierungen wie NPD und Pegida zuwenden. Wen wundert’s ?

  3. Fritz sagt:

    in der Tat, ein unglaublicher Zynismus. In jedem Falle sollten diese völlig volksfernen Entscheidungsträger für die Kosten, die der nutzlose Volksentscheid verursacht hat in Regress genommen werden. Es ist nun wirklich nicht mehr einzusehen, daß wir für solcherart Fehlentscheidungen und Zuwiderhandlungen auch noch mit unseren sauer verdienten Steuern und Abgaben haften sollen.

  4. w sagt:

    Die Westspange wurde kleingeredet von denen, die eine „richtige“ Umgehung wollen. Das waren nicht so sehr lärmgeplagte Mozartsträßler. Es ging um Fahrzeiten für Brummis! Die sind ganz offiziell mit >60% im Punktesystem übergewichtet und damit fast allein maßgeblich für Bundesverkehrsprojekte. Das Bürgervotum war eine kleine Gesetzeslücke, die bravourös genutzt wurde.
    Die Westspange gilt dem Begriff nach nicht als Umgehung. Dass man sich ihrer nun erinnert, mag wieder den einen freuen und den anderen ärgern. Da wäre, Herr Möller, mal ein neuer Versuch einer transparenten Politik möglich. Erst mal wurde hoffentlich(!?) die monströse Brücke über den Tiefwarensee abgewendet. Hoffentlich deshalb, weil die Rechtmäßigkeit des Bürgervotums durch die PRO-Fraktion angegangen werden, dieses ausgehebelt werden soll.

    Wer nicht gerade an dieser wohnt, kann sich freuen, wenn durch die Westspange kleine Fakten geschaffen werden, die letztlich verhindern, dass der Güterfernverkehr mit bald tausenden von Gigalinern über den Tiefwarensee donnert und Spaziergänger, Angler und Kanuten in permanenten Dieselmief hüllt. Denn wenn die schnelle Ost-West-Verbindung mit dieser Brücke ausgebaut ist, würde sie viel mautpflichtigen Verkehr von den Autobahnen 19 und 20 absaugen. So das Kalkül.

    Und die Bahn? Sie kommt oder auch nicht. Z.B. auch bei der Bahnhofssanierung werden, vom Bund genehmigt, weitere Gleisanlagen beseitigt. Kein Umdenken in Sicht. Suchen wir einen tragfähigen Kompromiss, der die Brücke obsolet macht, etwas Entlastung für uns Bürger bringt und den Spediteuren einige Minuten spart.

    Vielleicht gibt es bessere Lösungen. Aber nichts tun bedeutet, dass alles weiter unsicher bleibt. Eins ist gewiss: Die Speditionslobby lässt nicht locker.