Ex-Ministerpräsident Berndt Seite aus Walow wird 80 Jahre alt

22. April 2020

Einer der bekanntesten Müritzer – Ex-MV-Ministerpräsident Berndt Seite aus Walow – feiert heute einen besonderen Geburtstag. Er wird 80 Jahre alt. Doch wie das in diesen unwägsamen Zeiten durch das neuartige Coronavirus so ist: Auch Jubilare sind strengen Beschränkungen unterworfen. Dem Tierarzt, den die friedliche Revolution innerhalb weniger Monate von Röbel aus an die Spitze der Landespolitik und auch in die Bundespolitik spülte, macht das aber wenig aus.
„Ich werde mit meiner Frau zu Hause feiern und wer mich besuchen will, den lade ich zu meiner nächsten Buchpremiere ein“, sagte Seite „Wir sind Müritzer.“

Dieses neue Buch mit dem Titel „Sommerschnee“ enthält Gedichte und Erzählungen und soll am 1. August in der Kinokirche Nossentin erstmals vorgestellt werden. „Sommerschnee“ steht lyrisch für den Samen der Pappeln, die im Sommer millionenfach über das Land treiben und von früheren Zeitgenossen sogar zum Stopfen von Federbetten genutzt wurden.

In der Kinokirche hat der prominente Ex-Politiker, der sich seit seinem Ausscheiden aus der Politik intensiv dem Schreiben widmet, mehrfach Bücher vorgestellt. Diesmal soll auch seine Tochter wieder dabei sein.

Seite, der in der DDR in der Synode der evangelisch-lutherischen Kirche tätig war, hatte in der politisch bewegenden Zeit 1989/90 politische Verantwortung übernommen. Er wurde damals zum Sprecher des Neuen Forums in Röbel gewählt. Nach der Volkskammerwahl im März 1990 kandidierte er als Landrat in Röbel – und gewann. Man konnte damals nicht erst Veränderungen einfordern und dann einfach wieder nach Hause gehen, war sein Leitspruch.

So trat Seite der CDU bei, wurde deren Generalsekretär in MV und 1992 in der Regierungs- und Werftenkrise als Ministerpräsident Nachfolger des gestürzten Alfred Gomolka. Damals wurde ein aus DDR-Zeiten unbelasteter Politiker mit Weitblick gesucht. Die Herausforderungen waren groß. Tausende wurden arbeitslos durch Umstrukturierungen in der Landwirtschaft und bei Betrieben. Es gab Arbeitslosenquoten von 30 Prozent und höher, nur gemildert durch große Beschäftigungsgesellschaften. „Letztendlich haben wir aber die Grundlagen gelegt, dass bis 1998 die Treuhandprivatisierungen abgeschlossen und große Investitionen angegangen werden konnten“, resümiert Seite heute. Von mehreren zehntausend Beschäftigten in der Werftindustrie blieben nur knapp 2000 Jobs, nicht viel anders war es in der Landwirtschaft – ein Aderlass, wie ihn der Westen Deutschlands zu großen Teilen bis heute nicht kennt.

Er sei sehr dankbar dafür, dass er Flucht und Vertreibung als Fünfjähriger überlebt habe, sagt Seite, der 1940 im damals deutschen Schlesien geboren wurde. Die Familie floh in den letzten Kriegstagen. Nach seiner Ausbildung zum Tierarzt kam Seite nach Walow in Mecklenburg, wo er seit mehr als 50 Jahren lebt. Die DDR-Zeit habe er „mit ‚gut‘ überstanden“. Dann kam die politische Wende-Zeit, in der man kaum zum Luftholen gekommen sei. 2002 schied Seite aus dem Landtag aus, widmet sich seither konsequent dem Schreiben.

Inzwischen hat er 16 Bücher veröffentlicht. „Die letzten 20 Jahre waren die schönsten in meinem Leben“, sagt der Jubilar. Trotz des Abschieds aus der Politik ist er in der CDU geblieben. Von der aktiven Politik würde er sich manchmal mehr Weitblick wünschen.

„Wir sind Müritzer“ gratuliert ganz herzlich.


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