FDP-Chef rät Malchows Bürgermeister zu Widerspruch

30. April 2018

Zur Diskussion der in der Malchower Stadtvertretung über das Hissen der Regenbogenfahne (WsM berichtete), hat sich jetzt der FDP-Kreisvorsitzende Toralf Schnur zu Wort gemeldet. Er hält das Aufhängen der Fahne für verfassungs- und rechtswidrig und begründet das so:

„Es ist für viele Menschen vollkommen merkwürdig, dass es beispielsweise in der Stadt Malchow zu schweren Diskussionen kommt, die lediglich eine Fahne betreffen. Allerdings ist die Diskussion zum Aufhängen einer Regenbogenfahne im Ergebnis nicht so leicht, wie sie scheint. Ein Blick zur Bedeutung dieser Fahne zeigt, dass diese Fahne einst als Zeichen bzw. Symbol für Aufbruch, Veränderung und Frieden, der Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt von Lebensformen, der Hoffnung und der Sehnsucht entstanden ist. Nun haben in der Vergangenheit mehrere Gruppierungen diese Fahne vereinnahmt, um auf Probleme aufmerksam zu machen. Die bekannteste Bevölkerungsgruppe ist aktuelle die Schwulen- und Lesbenbewegung. Kurz gesagt, stellt diese Fahne ein Symbol für einen Teil der Gesellschaft dar.

Mit dem Antrag der Fraktionen DIE LINKE und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen in der Stadtvertretung der Stadt Malchow entsteht nunmehr ein erhebliches Dilemma, welches letztlich auch zu einer kontroversen Diskussion führen muss bzw. musste.

Die Gesetzgebung von Bund und Land schreibt allen ehrenamtlichen Stadtvertretern vor, dass sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit darauf zu achten haben, dass die Stadt Malchow gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern zur Neutralität angehalten wird. Dieses Neutralitätsgebot des Staates genießt Verfassungsrang und ist damit in unserem Rechtstaat sehr hoch angesiedelt. Dieses grundsätzliche Gebot zur Neutralität des Staates verlangt, dass der Staat (in diesem Falle die Stadt) keine ihm zuzuordnende bzw. eigene Meinung zu unmittelbar einzelnen Aktionen haben darf. Der Staat hat nicht das Recht, zwischen Meinungen zu unterscheiden und das auch nicht, wenn Meinungen besonders starke bzw. besonders kleine Zustimmungen finden. Der Staat muss sich neutral verhalten, selbst wenn es noch so viele fordern, dies anders zu tun, denn nur so kann ein Staat überhaupt ein Rechtstaat sein. Der Staat darf sich somit im Ergebnis keine Partikularinteressen auf die Fahnen schreiben, da er ansonsten beginnt, meinungsbildend zu wirken. Genau diese Meinungsbildung ist aber nicht Aufgabe des Staates, sondern Aufgabe der Politik.

Stadtvertreter sind entgegen ständig wiederholter falscher Behauptungen aber keine Politiker im engeren Sinne, sondern vielmehr Teil der Verwaltung und somit ebenso an die verfassungsrechtlich vorgegebene Neutralität gebunden. Die von der Verfassung eingeforderte Neutralität bietet die Möglichkeit einer inhaltlichen Auseinandersetzung, allerdings nur in der Innenwirkung, also innerhalb der Stadtvertretung und Stadtverwaltung. Eine Mehrheitsentscheidung, selbst eine einstimmige Entscheidung innerhalb der Stadtvertretung würde in jedem Fall dazu führen, dass der Staat sich auf die politische Ebene begibt und schlussendlich aufhört das zu sein, was er sein sollte, nämlich eine neutrale Verwaltungseinheit bzw. die Exekutive.

Allein der Umstand, dass die Antragsteller mit Hilfe eines Antrages versuchen, die Neutralität aufzugeben und die Stadt zu zwingen, quasi die mit dem Symbol verbundenen Positionen zu vertreten, stellen den Grundgedanken einer freiheitlich demokratischen Grundordnung in Frage. Mit dem Herausstellen bestimmter spezifischer Partikularinteressen werden regelmäßig auch andere Partikularinteressen berührt oder sogar in den Hintergrund gestellt. Genau dieser Umstand ist mit der Verankerung des Neutralitätsgebotes des Staates in unserer Verfassung erkannt worden und genau deshalb Bestandteil dieser geworden. Mit dem Aufhängen von Symbolen oder Fahnen stellt man somit einen verfassungsrechtlichen Grundsatz in Frage. Es mag den Antragstellern fern liegen die Verfassung brechen zu wollen, aber im Ergebnis lässt ihr Verhalten keinen anderen Schluss zu. Es soll versucht werden, die Neutralität aufzugeben.

Als Vorsitzender der FDP im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte möchte ich deutlich machen, dass ich die Position des Bürgermeisters von Malchow ausdrücklich teile. Zur Wahrung des Rechtstaates kann und darf eine Stadt keinerlei Fahnen oder Symbole auf staatlichen Wegen und Plätzen präsentieren und damit Meinungsbildend wirken. Ich hoffe, dass der Bürgermeister gegen diesen offensichtlich rechtswidrigen Beschluss in Widerspruch geht, um zu verhindern, dass die grundlegenden demokratischen Regeln nicht in Frage gestellt werden.“


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