„Früher habe ich gedacht, so etwas gibt es nur im Film“

9. Juli 2017

In unserer Serie „Hinter den Kulissen des Müritz-Klinikums“ werfen wir heute einen Blick in die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Röbel. Wir treffen Mitarbeiter und erleben, wie viel Leidenschaft, unendliche Geduld sowie starke Nerven sie für diesen Beruf brauchen und auch mitbringen.
Erzieherin Sabine, Schwester Simone, Schwester Lydia und Pfleger Benjamin machen ihre Arbeit sehr gerne. Wir haben die vier Mitarbeiter der Klinik für Psychiatrie des MediClin Müritz-Klinikums in Röbel in ihrem Berufsalltag besucht und einen Einblick erhalten, was diesen Beruf ausmacht.

Pfleger, Krankenschwestern und Erzieher in psychiatrischen Kliniken sind rundum gefordert. Es bereitet ihnen Freude, Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen und in ihrem Genesungsprozess zur Seite stehen zu können, selbst wenn die Zeit mit den Patienten in den Einrichtungen intensiv ist und Geduld sowie starke Nerven gefragt sind. Dazu kommt, dass kein Tag wie der andere ist und die Aufgaben sehr vielfältig sind – und das ist auch gut so.

Am Standort in Röbel gliedert sich das Klinikum in zwei große Bereiche. Zum einen gibt es die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und –psychosomatik (KJPP) für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr, zum anderen gibt es diese medizinischen Fachrichtungen am Standort auch für Erwachsene ab dem 18. Lebensjahr.

Viel Zeit für die Patienten

Die vier MediClin Mitarbeiter des Pflege- und Erziehungsdienstes  sind täglich acht Stunden auf der Station mit den Menschen im Kontakt und gehen ihrer Leidenschaft nach: ihre Hauptaufgabe ist die Betreuung  und Pflege der Patienten.  Sie stehen psychisch erkrankten Menschen während deren Behandlung und Therapie zur Seite und unterstützen sie in ihrem Genesungsprozess.

Dazu gehören zum Teil pflegerische medizinische Tätigkeiten, wie man sie auch aus dem „normalen“ Krankenhaus kennt, zum Beispiel Blutentnahme, Blutdruckmessen oder Medikamentengabe. Zum größten Teil aber betreuen sie die Patienten, sprechen und interagieren mit ihnen und bauen Vertrauen auf – ein sehr wichtiger Aspekt bei vielen psychischen Erkrankungen. Sie beobachten zudem als Co-Therapeut auch das Verhalten der Patienten und bieten Therapien, wie z.B. Entspannungsverfahren an. So kann in Rücksprache mit den Ärzten, Psychologen und Therapeuten der Einrichtung die Therapie für jeden Patienten so individuell wie möglich gestaltet werden.

Die unterschiedlichen Berufsgruppen arbeiten hier interdisziplinär zusammen, sowohl auf den Stationen als auch bereichsübergreifend. Vor allem diese Arbeit in den altersmäßig sehr bunt gemischten Teams ist es, die den Mitarbeitern der Einrichtung jeden Tag aufs Neue Vorfreude auf ihre Arbeit bereitet. Kein Tag ist wie der andere, obwohl es natürlich auch routinierte Prozesse, wie beispielsweise die Visite auf den Stationen gibt.

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

In der Kinder- und Jugendpsychiatrie haben die Pfleger und Erzieher mit Krankheitsbildern wie  Depressionen, Anpassungsstörungen, Traumata oder  Verhaltensauffälligkeiten zu tun. „Als Erzieher haben wir hier vor allem die Aufgabe, unsere Patienten zu motivieren und für etwas zu begeistern. Oft dauert es länger, das Vertrauen der Mädchen und Jungen zu gewinnen. Dann freuen wir uns schon sehr über kleine Erfolge, wie beispielsweise ein gemeinsames Gesellschaftsspiel oder einen Spaziergang am Nachmittag.“, sagt  Sabine.

Die 57-Jährige ist gelernte Erzieherin, bereits seit 17 Jahren in der Klinik in Röbel tätig, hat hier 2004 ihre Weiterbildung zur Fachkraft für Kinder- und Jugendpsychiatrie gemacht  und ist derzeit auf der Station für Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr aktiv. Inzwischen hat sie schon viel gesehen und erlebt in ihren vielen Berufsjahren. „Früher habe ich oft gedacht, so etwas gibt es nur im Film, dass Jugendliche in ihrem erst so kurzen Leben schon so viel mitmachen und erfahren mussten – hier wurde ich eines Besseren belehrt. Umso mehr liegt mir daran, sie aufzufangen und ihnen hier in der Klinik positive, schöne Erfahrungen bescheren zu können.“, erzählt Sabine.

Mit Fingerspitzengefühl

Benjamin ist Pfleger im Bereich der Kinder bis zum 14. Lebensjahr. Er ist gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger.  Dass die Somatik, also die Arbeit in einem herkömmlichen Krankenhaus nicht das Richtige für ihn ist, das hat er schnell gemerkt. Im Jahr 2009 ist er in der Röbeler Klinik gelandet und hat sich dort seinen Wirkungskreis geschaffen.

„MediClin hat mir damals ohne Wenn und Aber die Fachweiterbildung zum Fachpfleger für Psychiatrie ermöglicht und finanziert. Das ist nicht selbstverständlich“, berichtet er. Heute betreut er die minderjährigen Patienten auf der Station täglich acht Stunden lang. „Man braucht hier schon ein gewisses Fingerspitzengefühl und vor allem muss man Kinder mögen. Kreative Qualitäten sind gefragt. Hin und wieder ist es schon eine Herausforderung, die Kinder, die häufig durchaus schwierige Biografien haben, für Aktivitäten zu begeistern. Pflegerische Tätigkeiten, wie man sie aus dem Krankenhaus kennt, nehmen hier nur einen kleinen Teil meiner Arbeit ein.“, erläutert der 29-Jährige und ergänzt noch: „Was ich besonders spannend finde, ist die Arbeit mit den Familien der Kinder und Jugendlichen. Das persönliche Umfeld hat eine großen Einfluss auf die Therapie und Genesung der jungen Patienten und das berücksichtigen wir hier bei unserer Arbeit.“

Enge Abstimmung ist wichtig

Schwester Simone und Schwester Lydia sind im Bereich der Erwachsenenpsychiatrie tätig. Simone ist die leitende Stationsschwester der Station für Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen. Hier beschäftigt sich der Alltag schon etwas mehr mit Arzneimittellehre und somatischer Beobachtung der Patienten, die sich oft mitten im Entzug befinden. „Unsere Hauptaufgabe in der Betreuung der Patienten auf dieser Station ist es, mit ihnen und für sie einen strukturierten Tagesablauf zu schaffen und zu lernen diesen einzuhalten. Wir fördern durch fordern und motivieren zu Verhaltensänderungen. Alle Schwestern auf der Station sind in Gesprächsführung und dem wertschätzenden Umgang mit Patienten ausgebildet.“, erzählt die 48-Jährige.

Der große Unterschied zu einer Schwester oder einem Pfleger im Krankenhaus besteht auch hier wieder in der Arbeit mit dem Patienten. Es ist vielmehr eine richtige Betreuung, als nur eine Versorgung. „Wir arbeiten hier als eine Art Co-Therapeut in flachen Hierarchien. Dass alle Kollegen berufsgruppenübergreifend zusammenarbeiten, ist von enormer Wichtigkeit. Psychiatrische Patienten sind nicht selten sehr erfinderisch und nicht immer berechenbar. Eine enge Abstimmung unseres Teams ist daher unerlässlich“, verrät Simone.

Dass die Arbeit mit den Patienten nicht immer leicht ist, geben Sie alle zu. Jedoch machen das starke kollegiale Miteinander sowie ein intaktes eigenes Privat- und Familienleben viel wieder wett – die Familie und Freunde fangen auf und stärken den Rücken. Dennoch kann es vorkommen, dass auch sie an so manchen Fällen mal etwas mehr „zu knabbern“ haben. Dann haben Sie die Möglichkeit, eine sogenannte Supervision in Anspruch zu nehmen und über die Themen mit externen Psychologen zu sprechen.
Dem Unternehmen liegt viel daran, die psychische Belastung der Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten und damit auch deren Gesundheit immer im Blick zu haben.

Schwester Lydia ist Stationsleitung auf der geschützten psychiatrischen Intensivstation der Röbeler Klinik tätig. Diese Station ist auch gleichzeitig die Aufnahmestation der Akut-Einrichtung, denn einige Patienten befinden sich in akuten Krisen und sind eigen- oder fremdgefährdend. Einige Patienten kommen auch unfreiwillig hierher und werden von uns betreut.  „Wir sind hier auf der Station medizinisch tätig, da einige Patienten medikamentös behandelt werden müssen und wir beobachten viel. In unserem Bereich sind wir noch der Somatik am nahestehendsten, aber eben nicht ausschließlich. Man benötigt hier viel Empathievermögen und muss belastbar sein. Es ist ein toller Job, aber nicht jeder kann ihn ausüben.“ erklärt Lydia.

Kollegiales Miteinander, Verantwortung und viele Freiheiten

Was nicht nur Lydia besonders schätzt an der Arbeit im MediClin Müritz-Klinikum in Röbel das sind: vor allem der Zusammenhalt unter den Kollegen, die Vielfalt der Aufgaben, die Freiheit, eigene Ideen einzubringen und Konzepte für die Stationen mitzuentwickeln, Entscheidungsfreiheiten zu haben, viel Verantwortung übernehmen zu können und auch das selbständige Arbeiten. „Wer gerne mit Patienten arbeitet und es toll findet, auch wirklich viel Zeit für diese zu haben, der ist im Bereich der Psychiatrie genau richtig“, sagt die sympathische junge Frau.

Das Team sucht derzeit sogar noch Verstärkung in den eigenen Reihen. Die Möglichkeit eine Hospitation oder eine sogenannte Probewoche in der Klinik zu absolvieren, besteht und ist auch sehr sinnvoll, denn nicht jede/r Gesundheits- und Krankenpfleger ist auch für die Arbeit in einer psychiatrischen Klinik geeignet oder hat Freude an dieser Arbeit – genau das ist aber wichtig. Genauso wichtig, wie Belastbarkeit, Teamfähigkeit und Empathievermögen.

Bild unten: Sabine, Simone, Lydia und Benjamin geben einen Einblick in ihre Arbeit.

Text und Fotos: Jenny Thoma, MediClin Müritz-Kinikum


Eine Antwort zu “„Früher habe ich gedacht, so etwas gibt es nur im Film“”

  1. Astrid sagt:

    Ich war 6 Wochen zur Behandlung in Röbel. Man hat mir dort sehr gut geholfen. Dort wird tolle Arbeit geleistet und man kann sich wirklich wohlfühlen und gesund werden. Ganz großes Kompliment und einen besonderen Dank an die Schwestern, Ärzte und Psychologen der Station 2.