Handtaschenraub: Angeklagter streitet ab – Opfer erkennt ihn

21. Juli 2020

Um eine Reihe besonders hinterhältiger Handtaschendiebstähle geht es seit gestern am Amtsgericht in Neubrandenburg (WsM berichtete). Angeklagt ist ein 30 Jahre alter Mann, der zur Tatzeit im Frühjahr 2016 gerade „auf Bewährung“ draußen war. Ihm wird Raub in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung vorgeworfen. Doch obwohl eines der Opfer den Mann zu Prozessbeginn im Gericht auch erkannte, hat der Beschuldigte eine ganz andere Erklärung:

Er habe die Handtasche der Frau zufällig gefunden. „Es war in der Nähe vom Bahnhof“, sagte der Angeklagte, „es lag im Gebüsch und ich hätte wohl auch Geld herausgenommen, aber es waren nur Papiere und kein Geld mehr drin.“ Auf diesem Wege seien die Fingerabdrücke und DNA an die Handtasche gekommen, so seine Erklärung. Mit den Raubfällen habe er nichts zu tun. Für den bereits vorbestraften jungen Mann geht es um eine mehrjährige Haftstrafe.

Die Treppe hinunter geschubst

Er hatte zu der Zeit eine Wohnung in der Neustrelitzer Straße in Neubrandenburg, deren Miete er nicht mehr aufbrachte, und in dieser Gegend passierten innerhalb kurzer Zeit auch die drei Überfälle. Dabei hatte sich der Täter immer hilfsbereit gegeben und war so mit den Frauen irgendwie in die Häuser hineingekommen. Dann entriss er den Opfern plötzlich ihre Taschen: Einmal waren 13, einmal 3 und beim letzten Mal am 3. Mai 150 Euro in den Behältnissen.

Bei der letzten Tat am 3. Mai – dem Geburtstag des Angeklagten – hielt das Opfer stark dagegen. Da wurde sie eine Treppe hinunter geschubst und zog sich zwei Brüche zu. Der Mann flüchtete, das Geld wurde, wie auch vorher, aus der Geldbörse gestohlen und der Rest „entsorgt“. Die Taschen-Beute wurde Mitte Juni 2016 gefunden und die DNA-Spur wies auf den damals 26-Jährigen hin.

„Ich habe mal gemusst“

Inwieweit das Gericht dem Angeklagten Glauben schenkt, wird sich am 23. Juli erweisen, wenn der Prozess weitergeht und auch die anderen Opfer als Zeugen gehört werden sollen. Wie Nebenklage-Anwalt Horst Förster sagte, habe der Angeklagte immer wieder Geld gebraucht und auch ein Fahrrad einer Bekannten damals ohne deren Wissen verkaufen wollen. Auf Fragen, warum er denn überhaupt den Verbleib der Taschen kannte, gab der Angeklagte an, er sei „zufällig über die Fußgängerbrücke am Bahnhof gegangen und habe mal gemusst.“

Um die Aussage zu prüfen, machte sich das Gericht kurzerhand gleich auf den Weg zu der Fußgängerbrücke, die gleich gegenüber liegt. Nach der Rückkehr beantwortete der Angeklagte aber keine weiteren Fragen mehr. Am 23. Juli soll nach dem Willen der Kammer am besten auch ein Urteil gefällt werden. Vorher werden aber noch die anderen Geschädigten und andere Zeugen gehört –  wenn es nicht noch überraschend eine andere, eventuell geständigere Erklärung seitens des Angeklagten geben sollte.


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