Harnsteine und deren Therapie

16. Dezember 2017

In unserer Serie „Gesundheit!“, die wir in Zusammenarbeit mit dem MediClin Müritz-Klinikum ins Leben gerufen haben, geht es heute um Harnsteine. Harnsteine sind eine Erkrankung, an der immer mehr Menschen leiden. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Neuerkrankungen vervielfacht.

Im MediClin Müritz-Klinikum in Waren in der Klinik für Urologie werden regelmäßig Patienten mit Harnsteinen behandelt.

Oberarzt Dr. Markus Rodat erklärt, wie es zur Bildung von Harnsteinen kommen kann und wie diese erkannt und therapiert werden können. Der erfahrene Mediziner ist bereits seit 11 Jahren in der Klinik tätig und führt fast täglich Eingriffe mit modernsten Methoden zur Entfernung von Harnsteinen durch.

Aber zuerst einmal: Wie, wo und warum entstehen überhaupt Harnsteine?

Harnsteine sind Ablagerungen, die sich in der Niere aus Kristallen bilden – quasi Ausfallprodukte des Urins. Dies kann man sich so vorstellen, als wenn man Salz oder Zucker in eine zu geringe Menge Wasser gibt und sich die Kristalle nicht auflösen können. Stattdessen ballen sie sich im Harntrakt zwiebelschalenartig auf und rufen steinartige Gebilde hervor. Am häufigsten sind diese Ablagerungen aus Calziumoxalaten, sie machen etwa 70 Prozent aller Harnsteine aus. Ein kleiner Anteil von Harnsteinen besteht aus Harnsäurekristallen – diese Steinart kann man medikamentös auflösen.

Zumeist erkranken Erwachsene an Harnsteinen. Kinder sind sehr selten von dieser Erkrankung betroffen. Vorkommen können Harnsteine im gesamten Harntrakt. Je nach Lage des Steins spricht man von Nierensteinen, Harnleitersteinen oder Blasensteinen. Während Blasensteine meist aufgrund von Blasenentleerungsstörungen entstehen, treten Nieren- und Harnleitersteine häufig durch nicht optimale Ernährungsgewohnheiten, zu wenig Flüssigkeitszufuhr, Veranlagung, chronische Infekte oder Übergewicht und Stoffwechselstörungen auf.

 „Patienten, die an Harnleitersteinen leiden, kommen zumeist mit Koliken über die Notaufnahme – oft sogar mit dem Rettungswagen – ins MediClin Müritz-Klinikum. Koliken sind ganz plötzlich und heftig einsetzende Schmerzen, die intervallartig einsetzen und auch wieder nachlassen. Es sind die stärksten Schmerzen, die ein Mensch haben kann und sie sind vergleichbar mit Geburtswehen“, sagt Dr. Markus Rodat und erklärt: „Nachdem in der Notaufnahme ausgeschlossen wurde, dass es sich um eine andere Baucherkrankung handelt, wird über Ultraschall und Röntgenaufnahme der Harnstein diagnostiziert und dessen Lage im Harntrakt festgestellt. Anschließend wird die Therapie eingeleitet.

Sind die Entzündungsparameter im Blut niedrig und der Stein eher klein, warten die Ärzte unter der Verabreichung starker Schmerzmittel mitunter auch ab, dass der Stein spontan abgeht. Ist dies nicht der Fall muss der Stein operativ entfernt werden.“

Diese operativen Entfernungen von Harnsteinen werden regelmäßig von Dr. Markus Rodat und seinen Kollegen, im Team um Chefarzt Dr. Andreas Baars, im Klinikum durchgeführt. Der erfahrene Oberarzt erläutert: „Der medizinische Fachbegriff für diesen Eingriff ist Ureterorenoskopie, kurz URS und in Laiensprache Harnleiterspiegelung.

Über die Harnröhre wird ein Ureteroskop, ein 3mm dünnes und ca. einen halben Meter langes Instrument über die Blase in den betreffenden Harnleiter eingeführt. Das Instrument ist mit einer Kamera sowie einer Lichtquelle ausgestattet. Ein Schnitt ist nicht notwendig, es handelt es sich hierbei um einen minimal-invasiven Eingriff.

Ist der Stein zu groß, um ihn im Ganzen über das Ureteroskop herauszuholen, wird er mit Hilfe eines modernen HOLMIUM- Lasers zertrümmert. Die Therapie mittels dieses modernen Lasers wird bereits seit 2012 in Waren durchgeführt. Ein zweites Ureteroskop-Modell ist zudem flexibel. Dies hat den Vorteil, dass man auch abgelegene Regionen im Nierenbeckensystem erreicht, um dort Steine zu entfernen.

Nur ein- bis zweimal im Leben

Am Ende des Eingriffs wird eine 2 mm dünne Harnleiterschiene aus Silikon in den Harnleiter eingelegt. Diese reicht vom Nierenbecken bis in die Blase. Sie ist außerhalb des Körpers nicht sichtbar. Damit wird verhindert, dass Schwellungen, welche auf Grund des operativen Eingriffs auftreten können, den Harnleiter verschließen. Diese dünne Silikonschiene verbleibt für ein bis zwei Wochen im Körper und wird dann vom behandelnden Urologen per Blasenspiegelung ambulant und unkompliziert entfernt. Zwei Nächte nach der eigentlichen Operation zur Entfernung des Harnsteins, können die Patienten in der Regel wieder nach Hause. Der Eingriff selber bereitet keine Schmerzen. Nach dem Eingriff kann die Silikonschiene ein unangenehmes Gefühl hervorrufen, welches sich aber bei Bedarf durch Schmerzmittel behandelt lässt.“ Zum Glück bilden die meisten Patienten nur ein- bis zweimal im Leben Steine und müssen deshalb nicht ihre Lebens- und Ernährungsgewohnheiten umstellen.

Große Steine in der Niere müssen mittels eines alternativen Eingriffs entfernt werden. Dieser nennt sich Perkutane Nephrolithotomie (PNL). Hier wird ein bleistiftgroßes Instrument, das Nephroskop, über einen kleinen Schnitt am Rücken, direkt ins Nierenbecken eingeführt. Über dieses Instrument kann wiederum auch der HOLMIUM-Laser eingeführt  werden, um den Stein in Kleinteile zu zertrümmern und diese dann zu entfernen. Steine im Nierenbecken können fast die Größe des Nierenbeckens selber erreichen.

Bis zur Hühnerei-Größe

Die Operation zur Entfernung eines Steins im Nierenbecken selbst, ist komplikationsbehafteter, da das Nierengewebe durchbohrt werden muss. Dies kann in einigen Fällen zu Blutungen führen. „Der Krankenhausaufenthalt nach solch einem Eingriff ist etwas länger. Die Patienten bleiben drei bis vier Nächte zur Beobachtung auf der Station der Klinik für Urologie“, sagt Dr. Markus Rodat.

Und schließlich die dritte Form von Harnsteinen, Blasensteine,  können bis zu einer Größe eines Hühnereis heranwachsen und bilden sich direkt in der Blase. Die Ursache dafür ist das dortige Vorkommen von Restharn, der nach dem Wasser lassen noch in der Blase verbleibt. Blasensteine gehen in häufigen Fällen mit einer Prostatavergrößerung einher und treten daher häufig bei älteren Herren auf.  Diese Steine werden per Zystoskop (Blasenspiegelungsgerät) entfernt. Um eine immer wieder drohende Neubildung zu vermeiden ist hier allerdings oft zusätzlich eine operative Verkleinerung der Prostata über die Harnröhre sinnvoll und ratsam.

Die aktuellen Methoden zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung wird Dr. Markus Rodat im nächsten Beitrag in der Rubrik „MediClin– Gesundheit!“ erläutern.

Foto im Text: Oberarzt Dr. Markus Rodat vor einer Harnstein-OP

Foto unten: Oberarzt Dr. Markus Rodat und Chefarzt Dr. Andreas Baars im OP

Text und Fotos: Jenny Beckert, MediClin Müritz-Klinikum


Kommentare sind geschlossen.