„Ich konnte sie nicht erwürgen, weil ich sie immer noch liebe“

16. April 2019

Eigentlich war schon alles klar, trotzdem endet es nun vor Gericht: Ein Fliesenleger (51) und seine Frau (47) aus Gülzow bei Malchin wollten sich nach 23 Ehejahren trennen. „Wir hatten uns auseinandergelebt“, erklärt der 51-Jährige gestern am Landgericht Neubrandenburg. Ein Anwalt der Frau hatte damals schon alles ausgerechnet, er hätte 1200 Euro monatlich Unterhalt zahlen müssen, und er sei auch einverstanden gewesen. Trotzdem: Der Mann muss sich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor Gericht verantworten. Er soll am 8. Dezember 2018 versucht haben, seine schon damals von ihm getrennt lebende Ehefrau zu erwürgen.

Eine Mischung von Eifersucht und zu viel Alkohol soll zu dem außergewöhnlichen Ereignis in dem kleinen Dorf geführt haben. Der Angeklagte hatte schon über Jahre auswärts gearbeitet – meist in Hamburg und Stade – und war nur am Wochenende zu Hause. Die Frau sorgte für Haus, Hof und Einkauf und kümmerte sich um zwei Kinder. Damit die Familie gut auskam, kamen noch Aufträge für den Mann am Wochenende dazu. Um sich zu erholen, gab es am Wochenende auch Schnaps, was der Frau aber langsam zuviel wurde.

Diese Probleme konnte das Paar aber nicht lösen. Nach der erwachsenen Tochter zog schließlich 2018 auch der Sohn aus. „Wenn ich am Wochenende nach Hause kam, haben Kumpel erzählt, dass meine Frau manchmal woanders übernachtet“, sagte der Angeklagte. Genaueres bekam er aber nicht heraus. Letztlich habe man es mit einem Trennungsjahr im eigenen Haus, mit getrennten Bädern und getrennten Schlafzimmern versucht.

Dann kam der 8. Dezember, im Ort war Weihnachtsmarkt. Beide gingen getrennt hin, und kamen getrennt wieder. Dann wollte der 51-Jährige – der schon sehr viel Glühwein, Schnaps und Cola-Wodka „intus“ hatte – seine Frau zur Rede stellen. Sie lehnte ab und schloss sich ein, er durchbrach zwei Türen. An das meiste könne er sich nicht erinnern, erklärt er. Dann habe er die Frau im Stehen gewürgt, das aber gemerkt und von allein aufgehört. „Ich konnte das nicht, weil ich sie immer noch liebe“, sagte der Angeklagte.

Zum Glück konnte die Frau zu einer Freundin fliehen, die sie „total verängstigt“ aufnahm. Ärzte versorgten die Verletzungen am Tag danach. Der Gülzower sprach erst mit einem Bruder, am Morgen stellte er sich der Polizei. Seitdem sitzt er in U-Haft. Vor Gericht gesteht er den Übergriff. Zum Motiv gefragt, erklärt er: „Das war alles zuviel, die ganzen Lügen und so weiter.“

Die Freundin der Geschädigten räumt vor Gericht auch ein, dass die attackierte Frau damals einen Freund hatte. Diesen habe sie jetzt nicht mehr. Der Angeklagte sei ein eher ruhiger Typ gewesen.

Das Urteil gegen den 51-Jährigen soll am 29. April fallen. Seine „Noch-Ehefrau“, die damals die Scheidung betrieben hatte, hat vor Gericht geschwiegen. Als nahe Angehörige steht ihr ein besonders weitreichendes „Zeugnisverweigerungsrecht“ zu. Sie zog auch die Entbindung ihrer Ärzte von der Schweigepflicht aus dem Ermittlungsverfahren zurück und untersagte dem Gericht, ihre Aussagen bei der Polizei gegen ihren „Noch-Ehemann“ zu verwenden. Eine psychiatrische Gutachterin soll auch noch die Schuldfähigkeit des Angeklagten bewerten. Dem 51-Jährigen droht eine mehrjährige Haftstrafe.


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