In Teterow werden Immuntherapien für Krebspatienten entwickelt

4. Februar 2018

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe hat in Teterow gemeinsam mit der Miltenyi Biotec GmbH, der Universitätsmedizin Rostock und der Universitätsmedizin Greifswald ein neuartiges Verbundforschungsvorhaben vorgestellt. Im Fokus steht dabei die Entwicklung von Immuntherapien für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs und Darmkrebs. „Das ist ein ambitioniertes und vor allem sehr innovatives Vorhaben. Bei Erfolg können viele Menschen von der heimtückischen Krankheit Krebs gerettet werden. Wir wollen die Chance nutzen, dass in der Zukunft in Teterow patientenspezifische Impfstoffe gegen Darm- und Bauspeicheldrüsenkrebs sowie die dazugehörige Medizintechnik entwickelt und produziert werden“, so Glawe.

Im Verbundvorhaben sollen Strategien für patientenspezifische Immuntherapien für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs und Darmkrebs entwickelt werden. Die Miltenyi Biotec GmbH verfolgt hierbei den Ansatz, sich das körpereigene Immunsystem zunutze zu machen, um den Krebs zu bekämpfen. Dabei werden Immunzellen aus dem Patienten isoliert und so verändert, dass sie eine gezielte Immunantwort gegen den Krebs nach der Rückgabe in den Patienten induzieren können.

„Wir sind davon überzeugt, dass unser Ansatz die Krebsmedizin einen großen Schritt nach vorne bringen kann“, betont Stefan Miltenyi, der Gründer der Firma Miltenyi Biotec. „Unsere Vision ist es, dass in Zukunft jeder Krebspatient seine eigene personalisierte Therapie erhält, die auf die genetischen Besonderheiten seines Tumors zugeschnitten ist.“

Für die Herstellung dieser individuellen Therapeutika ist es erforderlich, die spezifischen Eigenschaften der Tumorzellen eines Patienten genau zu kennen. Hierfür entwickelt die Miltenyi Biotec GmbH einen Prozess, mit dem individuelle genetische Veränderungen der Tumorzellen identifiziert und mit Methoden der Bioinformatik analysiert werden. Diese Information wird dazu genutzt, das Immunsystem so zu schulen, dass es den Krebs erkennen und gegen die Erkrankung vorgehen kann. Ziel ist die Herstellung von maßgeschneiderten und nebenwirkungsarmen Therapien innerhalb weniger Wochen.

Möglichkeiten der Krebstherapien weiter verbessern

Die beteiligten Forschungseinrichtungen, die Universitätsmedizin Rostock (Zentrum für Innere Medizin, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin) und die Universitätsmedizin Greifswald (Klinik für Innere Medizin A), führen basierend auf dem im Projekt entwickelten Prozess eine erste klinische Studie an Patienten durch, die an Bauchspeicheldrüsen- oder Darmkrebs erkrankt sind. Außerdem erarbeiten sie eine umfangreiche Begleitforschung für die klinische Studie und entwickeln neue Analysemethoden, um den Wirkmechanismus der Therapie besser zu verstehen.

Der Krebsspezialist Prof. Dr. Christian Junghanß, Direktor der Klinik für Onkologie der Universitätsmedizin Rostock und universitärer Sprecher des Forschungsverbundes, ist begeistert: „Die Aktivierung, Stärkung und spezielle Ausrichtung des Immunsystems des Patienten gegen die eigenen Tumorzellen ist ein wesentliches Element einer erfolgreichen, modernen Krebstherapie. Die Forschung in diesem Bereich schreitet rasant voran und es ist eine große Freude, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern – von der Landesregierung gefördert – einen starken Forschungsverbund mit den beiden Universitäten sowie einem weltweit bekannten Unternehmen gründen konnten. Wir hoffen, durch unsere Forschungsergebnisse die Möglichkeiten der Krebstherapien weiter zu verbessern.“

„Während wir bei der Behandlung des Darmkrebses in den letzten Jahren schon Fortschritte gemacht haben, ist der Bauchspeicheldrüsenkrebs eine der tödlichsten Krankheiten überhaupt geblieben. Nur mit starken Partnern aus der Biotechnologie und im Verbund mit Partnerkliniken können wir diesen Krebs besiegen“, meint Prof. Markus Lerch von der Universitätsmedizin Greifswald. Darüber hinaus sollen die im Verbundforschungsprojekt benötigten medizintechnischen Geräte zusammen mit den jeweils benötigten Reagenzien entwickelt und als Gesamtpaket zur Anwendung in Forschung und Kliniken vermarktet werden.

Wirtschaftsministerium unterstützt vor Ort

Die Gesamtinvestitionen des Projektes belaufen sich auf rund 12,5 Millionen Euro. Das Wirtschaftsministerium unterstützt die Projektpartner des Verbundvorhabens mit rund 6,4 Millionen Euro. „Insbesondere der Verbund von Wirtschaft und Wissenschaft ist für uns ein erfolgversprechendes Modell in der Technologieförderung, denn nur mit international wettbewerbsfähigen Produkten und Verfahren kann Beschäftigung und Wohlstand in Mecklenburg-Vorpommern in der Fläche gesichert werden“, betonte Wirtschaftsminister Glawe.

Darmkrebs gehört zu den drei häufigsten Krebsarten in Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2014 waren im MV 1.317 Menschen (536 Frauen/781 Männer) an Darmkrebs neu erkrankt. Tendenziell ist die Neuerkrankungsrate in den vergangenen zehn Jahren bei Männern und Frauen leicht rückläufig, weil die Darmkrebsvorsorge in Deutschland eine der besten der Welt ist.

Im Jahr 2014 waren in MV 411 Menschen (197 Frauen/214 Männer) an Bauchspeicheldrüsenkrebs neu erkrankt. Die Neuerkrankungsrate der Männer liegt ca. 30 Prozent über der der Frauen. Die Entwicklung der vergangen zehn Jahre lässt derzeit keinen eindeutigen Trend erkennen und Fortschritte in der Diagnostik haben noch nicht zu einer Besserung der Prognose geführt.

Die Miltenyi Biotec GmbH wurde 1989 gegründet und ist ein weltweit agierendes Unternehmen, das Spezialprodukte für Forschung und Anwendung im Bereich Zell- und Gentherapie herstellt. Weltweit entwickelt, produziert und vermarktet ein Team aus über 2.000 Menschen mehr als 14.000 Hightech-Produkte für die Zellaufarbeitung, Charakterisierung, Zellseparation, Apherese und GMP-Produktion. Mit einem jährlichen Umsatz von über 250 Millionen Euro ist das Unternehmen nach eigenen Angaben Weltmarktführer für Produkte auf dem Gebiet der magnetischen Zellisolierung.

Im Jahr 2002 hat das Unternehmen die Produktionsstätte in Teterow übernommen und beschäftigt dort derzeit über 270 Mitarbeiter. In modernen Produktionsanlagen werden Medizinprodukte, Reagenzien für den klinischen Einsatz der Zelltrennung, Lösungen und Einwegartikel für die Zellkultur u.a. hergestellt. 90 Prozent der Produkte werden im Ausland verkauft. Dabei spielt die Niederlassung Teterow eine große Rolle als unternehmensweites Logistikzentrum für Reagenzien und Geräte und als GMP-Produktionsstätte.


Kommentare sind geschlossen.