Jugend-Trainer sagt nach Angriffen auf seine Familie „Tschüss“

19. Juni 2015

Broken glass 3D Soccer Ball 2Der wegen Nazi-Vorwürfen in die Schlagzeilen geratene Jugendtrainer des SV Waren 09, R. D., hisst im wahrsten Sinne des Wortes die weiße Fahne. Er hat sein Traineramt aufgeben. Sehr schweren Herzens, wie er gegenüber „Wir sind Müritzer“ in einem sehr offenen und ehrlichen Gespräch erklärt. Ein Rückzug nicht als Schuldeingeständnis, sondern um in erster Linie seine Familie, also Frau und Kinder, zu schützen. Und um den Verein aus der Schusslinie zu nehmen.

Wir treffen – auf seinen eigenen Wunsch – einen jungen Mann, der immer noch nicht versteht, was da seit Montag mit ihm, um ihn, gegen und für ihn passiert. An diesem Tag erschien auf einer Internetseite mit dem Namen „Linksunten“ ein Artikel, der mit der Schlagzeile: „Nazi als Jugendtrainer beim SV Waren 09“ überschrieben war.
Ein Artikel, der, so formuliert es ein anderes 09-Mitglied, wie Benzin als Brandbeschleuniger wirkt. Plötzlich „flammt“ es überall auf. In allen Medien wird berichtet – in vielen sachlich, in anderen eher nicht. Und mittendrin R. D.
Ein Artikel, den jeder geschrieben haben kann, das lässt diese Seite zu. Aber auch ein Artikel, der Insider-Wissen vermuten lässt.

Nicht nur verbale Anfeindungen

Wir treffen einen jungen Mann, der fix und fertig  ist, seit Montag nur wenige Stunden geschlafen und dennoch versucht hat, seinem sehr anstrengenden Schicht-Job gewissenhaft nachzugehen. Bis gestern. Da ging nichts mehr. Deshalb hat er in der Chefetage um Urlaub gebeten und auch bekommen. Man schätzt seine Arbeit und seinen Einsatz dort – übrigens auch die Kollegen mit Migrationshintergrund.

Und wir treffen einen jungen Mann, der Angst um seine Familie hat. „Es gab in den vergangenen Tagen viele Anfeindungen, nicht nur verbal“ so der 39-Jährige, der aber nicht näher darauf eingehen wollte, der aber bei vielen Mitmenschen die Toleranz, die sie selbst fordern, vermisst. Aber es gab auch ganz, ganz viel Zuspruch. Vor allem von den Kids und Eltern. Das baut ihn auf.

Doch was ist dran an den Vorwürfen, die ausschließlich an einigen Fotos festgemacht werden, Fotos, die zumeist nicht einmal er selbst gepostet hat, sondern Bekannte? Sitzen wir einem Neonazi, wie in einigen Veröffentlichungen behauptet, gegenüber?

„Ich bin ein Mensch mit einer eigenen Meinung. Die sage ich und die hat nichts mit irgendwelchen politischen Richtungen zu tun. Aber ich gebe zu, dass ich Ansichten vertrete, die bei vielen als rechts gelten. Ein Nazi bin ich aber nicht“, sagt R. D. äußerlich ruhig, aber innerlich sichtbar angespannt.

Sport ist Sport – ganz ohne Politik

Er war nach eigenen Angaben nie bei irgendeiner Demo von Rechtsradikalen, hat nie Flyer verteilt und vor allem: Er hat mit den ihm anvertrauten Mädchen und Jungen, darunter auch Kids anderer Nationalitäten, nie über Politik oder ähnliches gesprochen. Im Training ging es fast ausschließlich um Sport. Fast – weil der 39-Jährige für die Kids auch Ansprechpartner für andere Probleme, die Kinder nun mal haben, war.

Das bestätigen auch zahlreiche Eltern in Mails an „Wir sind Müritzer“. „Wir sind bestimmt nicht rechts, nicht links, gar nichts. Aber diese Vorwürfe sind so was von absurd. Unser Kind liebt Trainer René, der sich rührend um die Kleinen gekümmert und ihnen Selbstvertrauen gegeben hat“, so eine Mama gegenüber WsM. Das sind Sätze, die den Jugendtrainer rühren. Auch bei ihm haben sich Eltern gemeldet. Und Kinder, die unsagbar traurig sind und sogar weinen, weil ihr Coach aufhört.

Immerhin habe D. erst eine ernst zunehmende Mannschaft aus der E3-Jugend gemacht. Die ist nach Aussagen von vielen Mamas und Papas bei den bisherigen Vereinschefs leider hinten ‚runter gefallen. Denn als die kleinen Kicker anfingen, liefen sie noch mit löchrigen Shirts auf den Platz und machten sich schon so zum Gespött der Gegner. Jetzt verfügen sie Dank ihres Trainers, der keine Hilfe vom Verein bekam, sondern Sponsoren an Land, zog, über eine Super-Ausstattung.

Doch die Fotos, die einmal im Netz sind, lassen sich nur schlecht löschen. Und da gibt es eben zum Beispiel ein Bild, das den Anschein macht, als zeige der Warener mit seinen Kumpels den Hitlergruß. „Das war definitiv kein Hitlergruß. Wir waren einfach gut drauf, haben gefeiert“, erklärt der 39-Jährige, der bis vor wenigen Tagen selbst noch aktiv Fußball in einer Dorf-Mannschaft gespielt hat. Und die Band, die mit einigen Titeln auf dem Index steht? „War mir nicht bekannt, bis ich es in den Artikeln gelesen habe.“
Auch die Bedeutung der T-Shirt-Aufschrift „Kraft durch Freude“ will ihm bis zu jenem Beitrag nicht bewusst gewesen sein.

Spielraum für Spekulationen

Mit dem, was mit ihm gerade passiert, hat R. D. nicht im schlimmsten Albtraum gerechnet. Konnte er auch nicht, denn vor rund drei Jahren ist er wegen eines auffälligen Tattoos an der Wade – ein Ornament – vom Vorstand angesprochen und kurzeitig suspendiert worden. Doch alle Trainer – wirklich alle, ohne Ausnahme – haben ihm damals das 100prozentige Vertrauen ausgesprochen. „Damit war für mich die Sache erledigt“, erzählt der Trainer, der nicht verheimlicht, eine ziemlich wilde Jugend hinter sich zu haben, der jetzt aber stolzer und glücklicher Familienvater mit zwei Kindern ist und der die eine oder andere Jugendsünde bereut.

Warum die Sache mit den Fotos – auch sie stehen schon länger im Netz – gerade jetzt hochkocht, kann sich der Müritzer nicht erklären.  Aber: „Ich glaube, man wollte nicht mich, sondern den Verein treffen, was auch die anonymen Mails an sämtliche Sponsoren zeigen“, vermutet R., der zuletzt 16 Mädchen und Jungen im Alter von 8 bis 16 Jahren trainiert hat. Ziemlich erfolgreich sogar, denn sein Team steht in der Kreisliga von zehn Mannschaften auf dem fünften Platz, was der E3-Jugend offenbar sogar im Verein niemand zugetraut hat.

Das freut R. D. ungemein, doch damit ist nach fast fünf Jahren erst einmal Schluss. Wegen ein paar Fotos im Netz, die zwar Spielraum für Spekulationen lassen, aber nichts beweisen. Die Eltern einiger Kids, die von dem Coach trainiert wurden, haben bereits angekündigt, ihren Nachwuchs aus dem Verein abzumelden, und auch der Co-Trainer will sich zurückziehen.

Seine Vermutung, dass er nur das Opfer ist, um dem Verein zu schaden, teilen übrigens auch andere Vereinsmitgieder. Denn die Nazi-Vorwürfe kommen für 09 zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Der Verein hat seine erste Männermannschaft gerade aus finanziellen Gründen aus der Oberliga abgemeldet, steigt deshalb gleich drei Klassen tiefer und versucht nunmehr, neu durchzustarten.

Erste Erfolge waren da, bis die Nazi-Schlagzeilen die Runde machten…

 

 © ysfylmz – Fotolia.com

14 Antworten zu “Jugend-Trainer sagt nach Angriffen auf seine Familie „Tschüss“”

  1. O Man sagt:

    Alles Gute Rene und Deiner Familie . Aber du sollst wissen wir stehen zu Dir .

  2. k.frind sagt:

    Letztends erst wurde ein Politiker als Nazi beschimpft,er erstatte Anzeige,weil er es als ,,Beleidigung“ empfand.Er hat sich gegen so einen Ruf gewehrt. Wenn dem Trainer so viel an den Kinder liegt und er kein Nazi ist warum kämpft er dann nicht um zu bleiben? Jeder der kein Nazi ist würden solche Behauptungen aus der Haut fahren lassen dem würde sich die Kimme kringeln. Ein Rückzug ist nicht gut im Gegenteil,da bleibt für fremde Leute immer der Beigeschmack das doch immer etwas dran gewesen sein könnte an den Gerüchten. Egal wo er neu Fuß fassen möchte das gemunckle wird ihm immer bleiben.Wenn gar nichts an den Vorwürfen dran ist verstehe ich nicht warum er sich samt Verein dagegen wehrt das wären sie den Kindern aus diesen Verein schuldig. Wenn jemand die Kid’s soviel bedeuten dann rennt man und biegt das gerade.Rückzug ist da mal nicht das richtige,warum auch wenn er nicht’s damit zu tun hat.

    • Erstens möchte er seine Familie, die sich derzeit massiven Angriffen ausgesetzt sieht, schützen. Und zweitens ist das, was über ihn in den letzten Tagen sehr unerwartet hereingebrochen ist, nur schwer zu verkraften.

      • mikki sagt:

        Und ‚Wir sind Müritzer‘ haben mit der ersten Berichterstattung auch Schuld daran. Aber man kann ja auch schnell zurückrudern. Ich finde es traurig, dass man in diesem Staat schon soweit ist, dass man sich schon nicht mehr traut, bitte ‚rechts‘ herum fahren zu sagen. Ich kenne den Trainer nicht, aber bei allen was ich bisher über ihn gelesen habe, würde es mich freuen, wenn er weiter machen würde. Die Bilder, die auch hier zu sehen sind, kann man wirklich auch falsch deuten. Und ich denke, es gibt viele Kinder und Eltern im Verein, die sich wünschen, dass er bleibt. Die Eltern, die meinen, der Trainer wäre ein rechter Faschist, können ihre Kinder ja wo anders trainieren lassen. Mal sehen evtl. wird der nächste Trainer ein ‚Linker‘ Chaot, die ‚Linken‘ Chaoten sind in diesen Staat ja die besseren.

        MfG

  3. Schulz sagt:

    Was bitte schön hat sein Trainer Job mit seiner privaten Angelegenheit zu tun?
    Hier wird dieser Mensch fertiggemacht bzw. kaputtgespielt & Familie massiv bedroht.
    Seine private Einstellung spielt überhaupt keine Rolle gegenüber seinen Job.
    Es gibt doch wirklich viel schlimmeres auf der Welt.

  4. Micha sagt:

    Na super , da wurde ja wieder ganze arbeit geleistet von jemandem der Stress machen wollte . Normalerweise ,müsste er weiter machen um solchen Leuten, den Triumph zu nehmen die einem so dass Messer von hinten in Rücken stechen ! ! Egal ob die Vergangenheit nicht so gelaufen ist wie es eigentlich sollte , aber eventuell genau aus diesem Grund wollte er die Kids davor bewahren auf die gleiche Bahn zu kommen wie er selber. Armes Deutschland, hier werden Mörder , Kinderschaender und andere versucht zu Resozialisieren und hier wird wegen etwas was Jahre zurück liegt eine Hexenjagd gestartet . Für die Kids ,muss er ja eine besondere Rolle gespielt haben als Trainer und mit dem was er gemacht hat mit Ihnen man hörte nur gutes…… Und jetzt nimmt man allen ihre Illusion und macht viele Jahre arbeit platt ….. Er hat eine Arbeit und eine Familie und kommt seinen Pflichten nach jeder hat seine Chance verdient …..! !
    Ich denke, er war schon lange auf dem richtigem Weg um alles zu ordnen…. Na ja ,mal sehen wie es weiter geht Kopf hoch…..

  5. Julius sagt:

    Es ist beschämend, was zum einen von einem kleinen Kreis in der schönen Stadt Waren (Müritz), aber auch von den vielen Medien in den letzten Tagen initiiert worden ist. Ohne, dass irgend jemand sachlich und unvoreingenommen recherchiert hat, wurde eine Hetzjagd veranstaltet. Denken wir mal zurück, das gab es in den letzten 100 Jahren zuhauf in Deutschland. Erst die Jagd auf Kommunisten, dann auf Juden, Nazis und Sozis. Das Bewußtsein der Menschen sollte inzwischen soweit gereift sein, dass man auch mit Andersdenkenden fair umgeht. Ich vermisse ein klares Bekenntnis zum – jetzt leider ehemaliegen -Trainer Domröse vom Vorstand des SV Waren 09. Aber auch Waren´s Stadtpräsident und Bürgermeister sollten sich, nachdem sie sich sachkundig gemacht haben, öffentlich zu Wort melden. Oder muss der nächste Trainer ein Parteibuch von SPD oder CDU haben? Ein aufrichtiges Dankeschön an den Trainer für viele Jahre ehrenamtliche Tätigkeit.

    • hansi sagt:

      nazis wurden in der brd noch nie verfolgt, schon garnicht weil man ja nr ein zwei fotos von ihnen mit komischen tshirts und posen hatte.

  6. Tyler Durden sagt:

    Ach wieder so ein armes unschuldiges Lämmchen, der doch gar nichts gemacht hat. Der arme Rene, konnte er doch nicht ahnen das diese Nazi Musik auch noch verboten ist und ein richtiger Hitlergruß kann das ja eh gar nicht gewesen sein, schließlich steht er ja gar nicht stramm, sondern lümmelt nur auf der Couch rum…zusammen mit den anderen regionalen Nazis, die im Prinzip jeder in der Stadt kennt und auch weiß wie die ticken. Klar ist deren wirklich aktive Zeit längst rum, Frau und Kinder fordern halt ihren Tribut, aber Nazis sind es immer noch. Als es früher darum ging, Mitte der 90’er, Zecken zu klatschen, da waren sie alle gerne dabei. Oder zusammen im Garten sitzen und laut Nazimusik hören um lauthals mitgrölen und die ganze Nachtbarschaft terrorisieren, läuft ja, die Jungs sind halt so.

    Die Kommentare hier sind auch ein guter Indikator dafür, wie es in der mecklenburgischen Kleinstadt läuft…es wird völlig akzeptiert, man selbst ist ja genau der gleichen Meinung, zeigt es nur nicht so offen. Und alles und jeder der dagegen was sagt, ist der Feind, der Verräter, das Schwein…

  7. Stefan sagt:

    Oh man,

    anstatt zu seiner Gesinnung zu stehen, heulen sich wieder eine kleine Gemeindschaft aus. Wo ist denn plötzlich euer Stolz?
    Natürlich weiss niemand wieder von i-was und der Vergleich zwischen der Minderheitenverfolgung im 3. Reich und der Kritik an einem rechtem Jugendtrainer kommt, wie auf Abruf.
    Muss doch sogar dem dümmsten Menschen zu dämlich vorkommen. Gut, hier den Leuten wohl nicht.
    Waren ist wirklich eine schöne Stadt – nur wohnen dort offensichtlich Menschen, die halt mit menschenfeindlichen Ideologien sympathisieren und da ist es schön, dass vorher zu wissen, bevor man am Ende als (nicht-rechter) Auswärtiger in solch lustige Partyrunde, wie von diesem Trainer, gerät.

  8. Marek sagt:

    Leute, es ist doch ganz einfach:

    Wer Nazi-Musik macht, Nazi-Tshirts trägt („Kraft durch Freude“) und den Hitlergruß zeigt, Nazi-Tattoos hat und selbst zugibt zumindest rechte Ansichten zu haben, der ist ein Neo-Nazi. Da gibt es nichts zu diskutieren und da gibt es auch keine Toleranz einzufordern.

    Dieser Mensch ist nicht etwa in die rechte Ecke gedrängt worden, sondern hat sich von ganz allein dort hinbegeben. Die Kommentare hier sind genauso überflüssig und ekelhaft wie der Artikel selbst. Indem die menschenverachtenden Ansichten dieses Neo-Nazis zumindest relativiert werden (die Kinder weinen weil er weg ist blabla, die Fotos sind keine Beweise blabla), versucht man auch noch diesen für die Dorfgemeinschaft angeblich so wichtigen und tollen Menschen zu schützen.

    Schönes Deutschland.

  9. k.frind sagt:

    Die meisten Aufreger waren wohl darauf bezogen das jeder ,,seine“ eigene Meinung haben darf und was eine Meinung mit so einen Job zu tun hat.Stimmt jeder kann seine eigene Meinung haben aber in einem Verein zählt nun mal die Meinung aller Personen.Das was ich kurios finde ist,das es immer noch Menschen gibt die das 19. Jahrhundert nach heulen,irgendwelche Leute nachäffen,einfach zeitlich sinnlos auf einer Stelle rumstehn. Statt mal auf die Uhr zu kucken,und sein Talent sinnvoll zu nutzen.

  10. Wingart sagt:

    Wir waren vor einigen Jahren in dieser schmucken Kleinstadt im Urlaub.
    Mit Erschrecken und großem Ekel mußte ich feststellen, das dort in bester Lage ein Nazi-Devotionalen-Laden seine „Waren“ anbot, dessen Besitzer ein bei uns bekannter NPD-Funktionär war.

    Urlaub werden wir in dieser Rechtsversumpften Gegend mit Sicherheit nicht mehr machen…

  11. Schulz sagt:

    Hallo also wirklich Frau / Herr Marek Die Kommentare sind nicht überflüssig sondern jeder hat seine eigne Einsicht & Darstellung über das Thema.
    Wir wollen garnicht diese Menschen irgendwie schützen aber es ist doch nicht nachvollziebahr das gerade eben dieser Trainer ( Mensch) jetzt der Sündenbock sein soll.
    Wie schon beim ersten mal mitgeteilt habe ( schreiben) das seine private Einstellung überhaupt nicht mit seinem Trainer –
    Job zu tun hat.
    Das sind zwei verschiedene Welten.