Jugendlicher niedergestochen – Haft wegen versuchten Mordes

4. Dezember 2023

Dieses Mal hat die Justiz vergleichsweise schnell und nach Einschätzung von Beobachtern auch mit der gebotenen Härte reagiert. Das Landgericht Neubrandenburg hat einen 18-jährigen Jugendlichen aus Neustrelitz für eine brutale Messerattacke zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der junge Mann, der den Angriff auf das 17 Jahre alte Opfer im Juni 2023 im Bahnhofstunnel zwar eingeräumt hatte, sich aber an die Messerstiche nicht mehr erinnert, wurde des versuchten Mordes schuldig gesprochen.

„Das Ganze war Selbstjustiz, und das aus einem vollkommen nichtigen Anlass heraus“, fasste Richterin Daniela Lieschke im Schlusswort zusammen. Was war damals passiert? Fest steht, dass sich eine größere Gruppe Jugendlicher und junger Erwachsener aus Neustrelitz und Neubrandenburg – wie häufig – am Freitag zum Feiern am Glambecker See getroffen hatte. Dabei soll – so die Version des 18-Jährigen – das spätere Opfer einigen Mädchen wohl zu nahe gekommen sein. 

Die Rede war davon, dass der 17-Jährige betrunken war und einem Mädchen einen Schuh ausgezogen und ein anderes am Oberschenkel berührt hatte. Einem anderen Jugendlichen soll das aufgefallen sein, dieser forderte Konsequenzen. Doch der Verurteilte und ein junger Ukrainer, eigentlich ein Freund des späteren Opfers, „regelten das“ und erklärten noch am See, dass die Sache „geklärt sei.“ Im Prozess kam nur heraus: Drei Mädchen saßen auf einer Bank, als sich  der Neubrandenburger dazusetzen wollte. Das lehnten die jungen Damen ab, er ging weg, das war wohl auch alles.  

Der 17-Jährige bemerkte aber, dass weiter eine aggressive Grundstimmung am See herrschte und ging zum Bahnhof, um zurückzufahren. Unterdessen gingen der 18-jährige Neustrelitzer und der Ukrainer über die Wohnung des Täters auch zum Bahnhof. Dabei war auch der dritte Jugendliche, der die Konsequenzen gefordert hatte. Unterwegs soll mehrfach der Satz gefallen sein, dass der 17-Jährige „eine auf die Fresse“ bekommen sollte. In der Wohnung soll der Täter auch das Messer eingesteckt haben.

Dann passierte es. Am Tunnel vermummten sich die Drei. Der 17-Jährige mit Kopfhörer in den Ohren dachte nicht, dass das Trio etwas von ihm will, er ahnte nichts Böses.. Plötzlich schlug einer der Angreifer auf ihn ein, danach folgten mehrere Messerstiche, auch als der Geschädigte schon am Boden lag. Dann flüchteten die Drei.

Vor Gericht kam heraus, dass der eher klein gewachsene 18-Jährige der Angreifer war. Den fast zwei Meter großen Ukrainer hatte er wohl zum Schutz zum Mitkommen bewegt. Der Dritte, gegen den gesondert ermittelt wird, soll das Handy des Opfers gestohlen haben. Alle Drei flohen. Sie wurden später ermittelt. Die beiden Angeklagten kamen in U-Haft.

 Das Opfer schleppte sich stark blutend noch ein Treppe zum Bahnsteig hinauf, dort halfen ihm mehrere Frauen, die auf einen Zug warteten. Dann kamen Rettungskräfte, der junge Mann überlebte knapp dank mehrerer Notoperationen. Heute hat er immer noch ein Taubheitsgefühl im Arm und fragt sich immer noch, wie das passieren konnte.

Mit dem Urteil ging die Kammer von Richterin Lieschke noch ein Jahr über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Der Verteidiger des 18-Jährigen  hatte „nur“ auf versuchten Totschlag plädiert und eine geringere Haftstrafe verlangt. Man müsse auch an die Entwicklung des 18-Jährigen denken, dem von der Jugendgerichtshilfe und von der JVA eine gute Führung und ein „ausgeprägter Gerechtigkeitssinn“ attestiert worden war.

Dem folgte die Richterin aber nicht. Wenn die Bevölkerung die Rechtsprechung und Strafen verstehen soll, könne man für solche Verbrechen keine „Pille-Palle-Strafen“ verhängen, sagte Lieschke. Das Verfahren gegen einen mitangeklagten jungen Mann aus der Ukraine wurde kurz vor Prozessende eingestellt. Ihm konnte nur nachgewiesen werden, dass er den 18-Jährigen nicht von dessen überraschender Attacke abhalten konnte und auch nachher keine Hilfe geholt hatte. Weder er, noch das Opfer hatten überhaupt ein Messer gesehen. Mit fünf Monaten U-Haft habe der junge Ukrainer bereits eine angemessene Zeitspanne verbüßt. So hoch wäre keine Strafe für einen Ersttäter ausgefallen. Und eine Entschädigung für die U-Haft bekomme er nicht.


Eine Antwort zu “Jugendlicher niedergestochen – Haft wegen versuchten Mordes”

  1. ABC sagt:

    Gute Strafe! Ich finde, es muss jeder wissen, dass eine schwere Straftat auch hart bestraft wird. Und nicht, dass alle Angeklagten plötzlich eine schwere Kindheit hatten und der Schonung bedürfen.