Kinder in MV: Schlechte Milchzähne trotz guter Versorgung?

25. September 2019

Kinder und Jugendliche aus Mecklenburg-Vorpommern gehen zu selten zum Zahnarzt. Nur ein Drittel der Kinder von drei bis sechs Jahren (34,6 Prozent) hat im Jahr 2017 eine zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung wahrgenommen. Bei den 6- bis 18-Jähri­gen sind immerhin knapp zwei Drittel (64,8 Prozent) mindestens einmal beim Zahnarzt gewesen. Das geht aus Auswertungen des BARMER Zahnreports 2019 hervor. „Die Inanspruchnahme der Kinder- und Jugendzahnprophylaxe liegt hierzulande leicht unter Bundesschnitt. Dieser Wert muss verbessert werden“, fordert Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der BARMER in Mecklenburg-Vorpommern anlässlich des Zahngesundheitsta­ges.
Erwachsene aus Mecklenburg-Vorpommern sind hingegen überdurchschnitt­lich oft beim Zahnarzt gewesen.

Drei von Vier (75,3 Prozent) haben 2017 mindestens einmal zahnärztliche Leistungen in Anspruch genommen. Bun­desweit gehen 71,5 Prozent regelmäßig zum Zahnarzt. „Bei der zahnmedizi­nischen Versorgung gibt es laut BARMER Zahnreport große regionale Unter­schiede. Der Osten Deutschlands ist viel häufiger beim Zahnarzt als der Westen“, erklärt der BARMER-Landeschef. Mit zusätzlichen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen beginnend im Säuglingsalter will die Kran­kenkasse Kinder frühzeitig mit dem Besuch beim Zahnarzt vertraut machen.

Mit die höchsten Karieswerten bei Erstklässlern in MV

Denn es gibt im Land große Probleme bei der Mundgesundheit von Kleinkin­dern. Zu diesem Ergebnis kommt die epidemiologische Begleituntersuchung (DAJ-Studie), welche letztmalig 2016 die Karieshäufigkeit und den Sanie­rungsgrad bei Drei-, Sechs- und Zwölfjährigen bundesweit erhoben hat. „Be­reits über 14 Prozent der Dreijährigen aus Mecklenburg-Vorpommern leiden der Studie zufolge an frühkindlicher Karies. Das sind alarmierende Zahlen. Es darf nie vergessen werden, wie wichtig ein gesundes Milchgebiss für die gesamte kindliche Entwicklung ist“, verdeutlicht Prof. Dr. Dietmar Oester­reich, Präsident der Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern. Der Nordosten nehme hier keine Sonderrolle ein, frühkindliche Karies sei ein deutschlandweites Problem.

Besorgniserregend sind die Studienergebnisse vor allem bei den Sechs- bis Siebenjährigen im Land: Sie haben bei der Kariesverbreitung mit 2,23 dmft (Maß für die Zahl von erkrankten, fehlenden und gefüllten Milchzähnen) nach Sachsen-Anhalt (2,31 dmft) bundesweit die höchsten Werte. „Der Sa­nierungsgrad der Erstklässler hierzulande liegt im bundesweiten Vergleich im oberen Drittel, was zumindest auf eine gute Inanspruchnahme der zahn­ärztlichen Dienstleistungen hinweist. Allerdings ist die Behandlung in diesem Alter sehr anspruchsvoll und nicht selten nur unter Vollnarkose möglich“, er­klärt Prof. Oesterreich.

Präventionsmaßnahen sollen Mundgesundheit verbessern

Bei den Zwölfjährigen wurde für Mecklenburg-Vorpommern hingegen bun­desweit der deutlichste Kariesrückgang in den letzten Jahren festgestellt. Mit einem DMFT* von 0,5 kann den Jugendlichen eine sehr gute Mundgesund­heit entsprechend dem Bundesschnitt attestiert werden. „Die Ergebnisse bei den Zwölfjährigen sind sehr erfreulich. Es ist das Ergebnis konsequenter Vorsorge. Dennoch besteht insbesondere bei den Kleinkindern noch deutli­cher Präventionsbedarf. Maßnahmen, welche die Gesamtbevölkerung errei­chen, müssen intensiviert werden“, fordert der Präsident der Zahnärztekam­mer MV.

Dazu gehört, die breite Öffentlichkeit über die richtige Nutzung von Fluoriden aufzuklären. „Nach den neuesten Empfehlungen der Deutsche Gesellschaft für Präventivzahnmedizin sollten Kinder vom ersten Zahn an und zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta putzen“, erklärt Prof. Oesterreich. Auch haben sich Krankenkassen und Zahnärzte im vorherigen Jahr dafür stark gemacht, dass bei der Novelle des Kindertagesförderungsgesetzes MV die tägliche Mundhygiene aufgenommen wird. „Jetzt gilt es, die Einrichtun­gen bei der Umsetzung zu unterstützen“, sagt Prof. Oesterreich.

Mit dem zahnärztlichen Kinderpass der Zahnärztekammer und der Kassen­zahnärztli­chen Vereinigung sollen Eltern motiviert werden, parallel zu den ärztlichen Kinderuntersuchungen, mit ihrem Nachwuchs regelmäßig zum Zahnarzt zu gehen. Er beinhaltet zahlreiche Informationen bereits für die werdende Mut­ter und für die zahngesunde Entwicklung des Kleinkindes. Zu­sammen mit dem ärztlichen Kinderuntersuchungsheft wird gleichzeitig die Dokumenta­tion der Untersuchung vorgenommen. „Zahnärztliche Vorsorge muss vom ersten Zahn an einsetzen,“ so Oesterreich abschließend.

Neue zahnärztliche Kassenleistungen im Säuglingsalter

Zur Vermeidung frühkindlicher Karies, übernehmen alle gesetzlichen Kran­kenkassen seit dem 1. Juli dieses Jahres zahnärztliche Früherkennungsun­tersuchungen schon ab dem sechsten Lebensmonat. Bisher waren diese erst ab dem dritten Lebensjahr Kassenleistung. Damit wird eine Versor­gungslücke geschlossen, da die erste Früherkennungsuntersuchung bereits mit Durchbruch der ersten Milchzähne erfolgen sollte. „Eltern sollten die neuen Früherkennungsuntersuchungen als Chance nutzen, eine natürliche Beziehung zwischen ihren Kindern und dem Zahnarzt aufzubauen. Der erste Zahnarztbesuch sollte bei Kindern in positiver Erinnerung bleiben und nicht erst bei Zahnschmerzen erfolgen. Dann stehen Kinder weiteren Besuchen sehr viel offener gegenüber“, sagt BARMER-Landeschef Henning Kutzbach.

* Der Kariesindex dmft/ DMFT beschreibt Zähne (T = teeth), die eine kariöse Läsion besitzen (D = decayed), aufgrund von Karies gezogen wurden (M = missing) oder mit einer Füllung versorgt wurden (F=filled). Mit Kleinbuchstaben wird das Milchge­biss, mit Großbuchstaben das permanente Gebiss bezeichnet.


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