Krankenhausreport: Gelegenheitschirurgie gefährdet Leben

8. Oktober 2020

Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 100.000 Menschen nach einer Operation im Krankenhaus. Viele dieser Todesfälle wären durch eine Operation in einer Klinik mit mehr Erfahrung vermeidbar. Diesen Schluss legt der aktuelle Krankenhausreport der Barmer nahe. Allein bei Eingriffen wie bei Pankreas- und Darmkrebs könnten in zehn Jahren knapp 3.800 Todesfälle verhindert werden, wenn diese Operationen in Krankenhäusern mit doppelt so hoher Fallzahl durchgeführt würden. Trotzdem erfolgen immer noch viele Eingriffe in Häusern, die vergleichsweise wenig Erfahrung haben.

Der Krankenhausreport hat fünf Indikationen exemplarisch untersucht. Dazu gehören die bariatrische Chirurgie, Operationen an der Wirbelsäule sowie Eingriffe bei Bauchaortenaneurysmen, Darmkrebs und Pankreaskrebs. Um die Ergebnisse der Datenanalyse vergleichbar zu machen, wurden stets dieselben Analyseparameter zugrunde gelegt. Dazu gehören die 30-Tage-Sterblichkeit, Wiedereinweisungsraten und Komplikationen. Darüber hinaus wurde der Anfahrtsweg zu den Kliniken ausgewertet. Den Reportergebnissen zufolge erreicht die große Mehrheit der Bevölkerung ein Krankenhaus mit einer hohen Fallzahl innerhalb von 60 Minuten. Um bessere Qualität bei planbaren Operationen zu erzielen, lohne sich ein etwas längerer Anfahrtsweg. Vor allem bei komplizierten Eingriffen sollten hohe Fallzahlen und Spezialistenteams bei der Auswahl gewichtiger sein als die unmittelbare Wohnortnähe.

Erfahrung reduziert Komplikationen und Zahl der Wiedereinweisungen

Den Report-Ergebnissen zufolge wird sehr deutlich, dass sich vor allem bei den Krebs-Operationen, aber auch der Adipositaschirurgie Erfahrung auszahlt. „Bei örtlichen Tumorentfernungen im Fall von Darmkrebs verringert eine Verdopplung der Fallzahl die Sterblichkeit von 4,4 Prozent um 0,8 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent. Außerdem wird die Rate an spezifischen Komplikationen von 16,6 Prozent um 2 Prozentpunkte verringert. Damit die Patienten keinem unnötigen Risiko ausgesetzt sind, sind vorgegebene Mindestmengen für bestimmte Eingriffe ein sinnvolles Instrument“, betonte Prof. Dr. Boris Augurzky, Autor des Krankenhausreports und Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen.

Allerdings sei eine deutlich breitere Datenbasis erforderlich, um noch weiter zum Thema Qualität forschen zu können. „Es braucht zusätzliche Datenquellen mit medizinischen Parametern. Hier sind klinische Register enorm hilfreich. Diese müssen nun zügig und konsequent ausgebaut werden“, sagte Augurzky. Eine Zertifizierung von Krankenhäusern könne für die Patientinnen und Patienten eine gute Orientierung bieten.


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