Krebs-Stiftung „Betroffen“ startet landesweite Impfkampagne

19. September 2019

Jedes Jahr erkranken 4.600 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, 1.500 sterben daran. Absolut vermeidbar, findet die Stiftung „Betroffen“. Daher startet sie eine landesweite Kampagne für eine Impfung gegen die krebsauslösenden Humanen Papillomviren (HPV). Ein prominentes Gesicht und das Gesundheitsministerium Mecklenburg-Vorpommern unterstützen die Aufklärungskampagne.
„Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr Kind mit einer einfachen Impfung vor Krebs schützen. Toll, oder?“ Mit diesen Eingangsworten wendet sich die bekannte Moderatorin und Autorin Andrea Ballschuh im Video der Kampagne „MV gegen HPV“ an die Eltern in Mecklenburg-Vorpommern. Als Mutter einer neunjährigen Tochter weiß sie, wovon sie spricht.

„Ich war mir der Bedeutung der HPV-Impfung anfangs nicht bewusst, bis Prof. Birth und ich im Vorfeld der Windflüchter-Charity-Gala 2019 darüber sprachen. Von da an war mir klar: Das muss ich aktiv unterstützen“, sagt Ballschuh.

Was viele Eltern nicht wissen: Seit 2006 existiert eine sichere und wirksame Impfung gegen die krebsauslösenden Humanen Papillomviren (HPV). Einige HPV-Typen sind nachweislich für die Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs, Krebs im Anus und im Mund-Rachen-Raum verantwortlich. Trotzdem ist landesweit nur knapp die Hälfte aller Mädchen im Alter von 9-14 Jahren und kaum Jungs im gleichen Alter geimpft.

„Das muss sich ändern“, appelliert Prof. Dr. Matthias Birth. Der Stiftungsgründer sowie Ärztlicher Direktor und Chirurgie-Chefarzt am Helios Hanseklinikum Stralsund beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Krebserkrankungen. Er weiß: „In der HPV-Impfung steckt ein enormes Potenzial. Eine Impfung gegen Krebs – das war jahrzehntelang ein medizinischer Traum. Diese Chance müssen wir nutzen und die Impfrate erheblich steigern, um unsere Kinder zu schützen.“

Finanzielle Unterstützung vom Land

Dieses Ziel will die Stiftung vor allem durch Aufklärung erreichen. Alle Informationen rund um das Thema HPV gibt es leicht verständlich aufbereitet auf der Internetseite www.mv-gegen-hpv.de. „Wir wollen auf verschiedenen Kanälen, online, Social Media, Plakaten und weiteren auf die HPV-Impfung aufmerksam machen. Und wir gehen genau dorthin, wo sich die Zielgruppe der Kampagne befindet: in den Schulen. Wir sprechen bei Elternabenden vor, arbeiten mit Kinderärzten und Sportvereinen wie den erfolgreichen Basketballern der Rostock Seawolves zusammen. Dieses Engagement wollen wir landesweit mit weiteren Kooperationen ausbauen“, erklärt Prof. Birth.

Unterstützung gibt es vom Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit MV. Harry Glawe (CDU) setzt sich schon länger für höhere Impfraten in unserem Land ein. Er greift der Kampagne „MV gegen HPV“ finanziell mit 40.000 Euro über zwei Jahre unter die Arme. Die Stiftung investiert zusätzlich im gleichen Zeitraum wenigstens 30.000 Euro, um möglichst viele Menschen zu erreichen. „Es ist notwendig auf das Thema HPV insgesamt noch stärker aufmerksam zu machen. Die Aufklärung über die HPV-Impfung muss Jugendliche auch erreichen, um ein mögliches Erkrankungsrisiko frühestmöglich zu senken. Je mehr Menschen geimpft sind, desto größer ist auch der Schutz für alle noch Ungeimpften, da sich die Viren insgesamt schlechter in der Bevölkerung ausbreiten können“, machte Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsminister Harry Glawe deutlich.
„Präventive Impfungen sind bisher die einzige Möglichkeit, um vor Infektionskrankheiten zu schützen, für die es keine oder nur eingeschränkte Therapiemöglichkeiten gibt. Insbesondere Krankheiten wie beispielsweise Kinderlähmung, Masern, Diphtherie, Wundstarrkrampf, Hepatitis B oder Influenza können zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Besonders wichtig sind die Basisimpfungen im Kindes- und Jugendalter und die späteren Auffrischungsimpfungen, um lebenslang einen Schutz aufzubauen“.

HPV-Infektion kann Krebs auslösen

Zurzeit sind über 150 verschiedene HPV-Typen bekannt. Fast jeder Mensch infiziert sich im Laufe seines Lebens mit HPV. Eine Ansteckung erfolgt über direkten Hautkontakt oder bei den genitalen HPV-Typen über Geschlechtsverkehr. Ein intaktes Immunsystem kann die Viren bekämpfen, dies gelingt aber nicht immer. Dabei merkt der Betroffene nicht, ob er infiziert ist. Je nach HPV-Typ kann das ganz unterschiedliche Folgen haben: Unangenehme Haut- oder Genitalwarzen, Gewebeveränderungen an Gebärmutterhals, Schamlippen, Scheidenvorhof, Scheide, Penis, After oder im Mund-Rachen-Raum. Aus diesen Gewebeveränderungen kann sich im Laufe mehrerer Jahre eine Krebserkrankung entwickeln, mit Abstand am häufigsten: Gebärmutterhalskrebs.

Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkeh

Die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) empfiehlt die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren, also möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr. „Das ist entscheidend, da die Impfung nutzlos ist, wenn die Viren einmal übertragen wurden“, erklärt der Stiftungsgründer. „Viele Eltern scheuen sich vielleicht, so früh mit ihren Kindern über Sex zu sprechen. Doch sind wir mal ehrlich: Es gibt zwei Gruppen, die voneinander nicht glauben, dass sie Sex haben: Eltern von ihren Kindern und Kinder von ihren Eltern.“

Die Impfung erfolgt mit zwei Impfdosen im Abstand von 5 bis 13 Monaten in den Oberarm. Bei Jugendlichen ab 15 bis einschließlich 17 Jahren sind drei Impfungen notwendig. Gegenwärtig sind in Deutschland verschiedene Impfstoffe zugelassen, die gegen die Infektion von zwei, vier oder neun HPV-Typen ausgerichtet sind. Alle Impfstoffe verhindern eine Infektion mit den Hochrisiko-Typen 16 und 18, die nachweislich in engem Zusammenhang mit dem Gebärmutterhalskrebs stehen. Die Impfung nehmen Kinder- und Frauenärzte vor. Der Impfstoff ist sicher und sehr gut verträglich.

Warum auch Jungen impfen?

Seit 2019 übernehmen die Krankenkassen auch die Kosten für die HPV-Impfung der Jungen. Die HPV-Typen, gegen die geimpft wird, sind nicht nur für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs, sondern auch für die Entstehung von Anal- und Peniskrebs sowie der nicht bösartigen, aber dennoch höchst unangenehmen und schwer zu behandelnden Genitalwarzen verantwortlich. Und natürlich können sexuell aktive Jungen und Jugendliche, die mit HPV infiziert sind, das Virus weiter übertragen. Um einen vollständigen Schutz der Bevölkerung zu erreichen, sei es daher sinnvoll, alle sexuell aktiven Personen, also auch Jungen und männliche Jugendliche, gegen HPV zu impfen, macht Prof. Birth deutlich.


Kommentare sind geschlossen.