Langer Weg aus der Arbeitslosigkeit – Eine Vermittlerin berichtet

3. August 2019

Auch nach vielen Jahren Arbeitslosigkeit gibt es die Chance, wieder im Job-Leben Fuß zu fassen. Es ist zwar kein leichter Weg, aber mit dem eigenen Willen und fachlicher Unterstützung sowie persönlicher Betreuung kann man es schaffen. Das beweist die Geschichte von Anke Lorzenz.
Arbeitsvermittlerin Gisela Salow vom Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte Süd, erzählt ihre Geschichte:
„Seit knapp zwei Jahre betreue ich neben vielen anderen Bewerbern auch Anke Lorenz. Im Juni 2017 lernte ich Frau Lorenz als eine sehr introvertierte ,aber freundliche Person kennen. Zu dem Zeitpunkt ging sie bereits seit ca. 18 Jahren keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Als junge Frau hatte sie nach dem Ende der Schule Hauswirtschafterin gelernt. Im Anschluss fiel sie gleich in die Arbeitslosigkeit. Die Dauer der Arbeitslosigkeit wurde nur durch Teilnahmen an Trainingsmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten unterbrochen. Lediglich für vier Wochen im Jahr 2009 fand sie eine Nebenbeschäftigung im Reinigungsbereich.

Inzwischen war Frau Lorenz 38 Jahre, ihre Langzeitarbeitslosigkeit sehr weit fortgeschritten, und durch ihre fehlende Berufspraxis verlor sie immer mehr an Selbstwertgefühl. Aktuelle Bewerbungsbemühungen lagen nicht vor, daher bestand auch kein direkter Kontakt zu Arbeitgebern. Sie offenbarte mir auch ihre Ängste, sich allein bei unseren regionalen Arbeitgebern vorzustellen. Alles in allem nicht die besten Voraussetzungen für Frau Lorenz und mich, einen Arbeitsplatz für sie zu finden. Möglichkeiten sahen wir beide im erlernten Beruf, in der Reinigungsbranche, als Zimmermädchen oder auch als Helferin in der Küche. Ich konnte das Vertrauen von Frau Lorenz gewinnen. Mit der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten im Reinigungsbereich begannen wir.

Rückschlag – Erneute Arbeitslosigkeit

Durch die gemeinsame Stellensuche in der Jobbörse, aber auch durch meine Kontakte zu Arbeitgebern konnten einige wenige Stellen gefunden werden. Frau Lorenz erhielt Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen, ich begleitete sie zu Vorstellungsgesprächen, um ihr so ein Stück weit ihre Unsicherheit zu nehmen und sie bei der Gesprächsführung zu unterstützen – allein die fehlende Berufserfahrung von Frau Lorenz blieb der Hemmschuh Nummer 1.

Nach langem Suchen fanden wir eine Ausschreibung in der Tourismusbranche in Neustrelitz für einen Minijob.  Für zwei Stunden täglich waren Reinigungsarbeiten an einer Badestelle während der Saison 2018 ausgeschrieben. Es galt also, nichts wie Bewerbungsunterlagen fertigmachen und schleunigst einzureichen. Frau Lorenz bekam den Zuschlag!  Es war nach Jahren eine erste beständige Aufgabe, die sie so allmählich an den Arbeitsmarkt heranführte. Es war gut für sie und hat ihr Spaß gemacht.

Durch meine 17-jährige Tätigkeit im gemeinsamen Arbeitgeberservice hatte ich einen guten Kontakt zu einem Familienferienpark, den ich nutzen konnte. Nach Gesprächen mit dem Unternehmen konnte Frau Lorenz im Sommer 2018 noch für die Dauer von drei Monaten dort als Helferin in der Küche eine Beschäftigung auf Probe aufnehmen, mit dem Ziel der weiteren Beschäftigung und Verringerung bzw. Beendigung ihrer Hilfebedürftigkeit. Das Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte-Süd hat dieses Arbeitsverhältnis gefördert.

Frau Lorenz begann diese Tätigkeit. Das Arbeitsverhältnis wurde jedoch frühzeitig beendet. Zu lange stand Frau Lorenz nicht in einem Arbeitsprozess und zu groß war die Umstellung auf eine Teilzeitbeschäftigung von 30 Wochenstunden auf dem ersten Arbeitsmarkt. Gesundheitliche Probleme kamen erschwerend dazu. Ein Rückschlag für Frau Lorenz – sie wurde erneut arbeitslos.

Unser gemeinsames Fazit war: Frau Lorenz benötigt ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Unterstützung bei Behördengängen und bei der Bewältigung der damit einhergehenden Bürokratie, z.B. dem Ausfüllen von Anträgen etc. Sie blieb in meiner Betreuung, die ich in der Folge sogar noch intensivierte. Erneut sichteten wir gemeinsam den hiesigen Arbeitsmarkt.

Nach 20 Jahren geht es endlich vorwärts

Im nächsten Umfeld von Frau Lorenz existieren viele gastronomische Einrichtungen, die ständig Helferinnen in der Küche und in der Reinigung/Zimmerreinigung suchen. Beide Bereiche kamen für Frau Lorenz in Betracht und sie bewarb sich weiter. Mit ihrer Zustimmung nahm ich Kontakt mit dem Arbeitgeber „Alter Kornspeicher“ am Hafen in Neustrelitz, Restaurant „Wildwasser“ auf. Mit der Inhaberin, Frau Töllner, habe ich im Rahmen meiner Tätigkeit seit mehreren Jahren guten Kontakt. Das Unternehmen war interessiert an Frau Lorenz. Sie erhielt einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch, zu dem ich sie erneut begleitete.

Auf Grund offenliegenden Vermittlungshemmnissen konnte der Arbeitsplatz erneut als „Beschäftigung auf Probe“ für die Dauer von 3 Monaten gefördert werden. Frau Lorenz arbeitete in dieser Zeit im geteilten Dienst, zeitweise auch im Schichtdienst für 30 Stunden in der Woche.  Von Beginn an wurde vereinbart, dass ich sie auch während dieser Beschäftigung intensiv begleite, um bei auftretenden Problemen sofort unterstützend zur Seite zu stehen. Durch die Gespräche mit ihr ist es gelungen, dass sie die Beschäftigung nicht abbrach, sondern sich weiter der Herausforderung stellte.

Nach Beendigung der Beschäftigung auf Probe schätzte die Unternehmung ein, dass sich Frau Lorenz in den drei Monaten gut bewährt hat. Sie arbeitete die ihr übertragenden Aufgaben zuverlässig ab und fügte sich gut ins Team ein. Eine neue Tür öffnete sich, allerdings bedurfte es weiterhin einer begleitenden Unterstützung. Frau Lorenz selbst fühlte sich als Person in dem Unternehmen, im Team, in der Küche gut aufgenommen. Sie wurde von allen so akzeptiert, wie sie ist.

Seit dem 01.01.2019 gibt es für die nachhaltige Wiedereingliederung von langzeitarbeitslosen Menschen in den ersten Arbeitsmarkt neue gesetzliche Regelungen, die es mir ermöglichten, dem Unternehmen für die weitere Beschäftigung von Frau Lorenz erneut eine finanzielle Unterstützung anzubieten, denn Frau Lorenz gehört zu dem Personenkreis, für den diese Förderungen gedacht sind. Frau Töllner stellte den Antrag auf Förderung und so ist Anke Lorenz seit dem 1. Februar 2019 weiter in Teilzeit als unterstützende Kraft in der Küche des alten Kornspeichers in Neustrelitz tätig. Dieses Förderprogramm sieht in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung eine ganzheitliche beschäftigungsbeglei-tende Betreuung vor. Für diese Betreuung bin ich weiterhin ihre Ansprechpartnerin im Jobcenters. Ich bin weiter für sie da!

Frau Lorenz fühlt sich noch immer wohl im Team und die Arbeit macht ihr Freude. Sie berichtet stolz mit einem Lächeln, dass sie zwischenzeitlich ihr Moped – das nicht mehr fahrtauglich war – gegen einen gebrauchten Pkw eingetauscht hat. Schritt für Schritt erarbeitet sie sich derzeit ihren Arbeitsalltag zurück und wird wieder selbständiger.

Anke Lorenz merkt selbst – jetzt geht es endlich vorwärts – nach inzwischen 20 Jahren!

Foto unten: Gisela Salow, Anke Lorenz, Carola Töllner


Eine Antwort zu “Langer Weg aus der Arbeitslosigkeit – Eine Vermittlerin berichtet”

  1. Klinker sagt:

    So eine komplexe Unterstützung hatte ich mir auch immer vorgestellt während meiner “Betreuungszeiten“ durch die Arbeitsagentur. 95% meiner Tätigkeiten habe ich mir alleine gesucht, was machbar war, los ging es mit 618 Euro netto monatlich für 30 Stunden/Woche, täglich 115 km fahren. Ein Taschengeld blieb übrig! Damit konnte ich meine Zeiten von Arbeitslosigkeit begrenzen. Ohne Eigenbemühungen wäre ich wohl auch auf 20 Jahre bekommen.

    Frau Lorenz wünsche ich viel Erfolg.