Nach Messerattacke: Angeklagter hofft auf Freispruch und will demnächst nach Penzlin

3. Januar 2020

Bekommt Penzlin einen jungen Hünen, der derzeit noch vor Gericht steht, als Einwohner oder muss der junge Mann nun nochmal in das Neustrelitzer Gefängnis? Über diese Frage entscheidet am 8. Januar das Landgericht Neubrandenburg. Die „Rahmendaten“ des Prozesses (WsM berichtet) sind jetzt klar: Die Staatsanwaltschaft will vier Jahre und sechs Monate Haft für den 24-jährigen Neubrandenburger wegen „gefährlicher Körperverletzung“. Nebenkläger Sönke Brandt, der das Opfer vertritt, sieht den Ex-Footballspieler der Tollense Sharks ebenfalls als „schuldig“ an. Aber der Verteidiger hält dagegen. Sein Mandant sei nur eingeschritten, als viele Leute bedroht wurden. Deshalb sei das Ganze Notwehr gewesen, sagte der Anwalt am Landgericht und verlangte Freispruch.

Der Angeklagte aus der Region, der erst in der Jugendstrafanstalt seinen Hauptschulabschluss nachholte und danach als Messebauer arbeitete, soll am 21. Juni beim sommerlichen und abendlichen „Chillen am Bierbaum“ vor dem Datzebergcenter einen Bekannten niedergeschlagen und danach noch lebensgefährlich mit einem scharfen Messer verletzt haben. 17 Zentimeter maß die Halswunde im Kehlbereich, eine Notoperation rettete den Mann.

Die Verhandlung am Gericht ergab schon, dass der kleinere 33 Jahre alte Geschädigte an dem Tag wohl selbst besonders aggressiv auftrat und mit diesem „kleinen Fleischerbeil“ auf die anderen Bekannten zugestürmt war. Er hatte sich wegen eines Faustschlages, den er nach einer Provokation vorher kassiert hatte, wohl rächen wollen. Er schob das auf einen Cocktail aus Alkohol, Drogen und einem Schmerzmittel gegen Zahnschnerzen.

Doch die Sachlage ist scheinbar komplizierter, als es anfangs in der Anklage klang. Mehrere Zeugen berichten von „Notwehr“ des Angeklagten ohne wirklich Genaues bei der Auseinandersetzung gesehen zu haben. Brandt argwöhnt, dass die Bekannten ihren Freund mit dem Spitznamen „Marshall“ wohl schützen wollten, der Anwalt sprach sogar von einem „Zeugenkomplott.“

Dagegen schilderten zwei Kinder, wie der Geschädigte mit mindestens einem Messer angestürmt kam. Dann habe ihm „Marshall eine reingehauen.“ Plötzlich habe der Geschädigte am Boden gelegen und stark geblutet.

Das Gericht muss nun klären, ob der Angeklagte nach dem Schlag den am Boden liegenden Mann wirklich noch in den Hals geschnitten hat. Der Staatsanwalt meint ja und das sei nicht mehr von Notwehr gedeckt. Der Verteidiger wies das empört zurück: Der „wahre Aggressor war der Geschädigte.“ Dessen Auftritt sei einen Einsatz eines polizeilichen Sondereinsatzkommandos wert gewesen, sagte der Anwalt.

Und weil der Anwalt den Kindern ihre Beobachtung nicht abnimmt, sieht er die Umstände der Auseinandersetzung weiter nicht aufgeklärt.

Und wenn das der Fall bleibe, dann müsse sein Mandant – der erst 2018 eine zweieinhalbjährige Freiheitsstrafe verbüßt hatte – aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden. Der 24-Jährige, der in Penzlin wohnen, in der Region arbeiten und Kontakt zu seinen zwei Kindern halten will, könnte sich auch wieder als Footballer vorstellen. Das Rätsel will das Landgericht Neubrandenburg am 8. Januar auflösen.

Foto: Felix Gadewolz


Kommentare sind geschlossen.