Nach Tod von Leonie: Kreis trennt sich von AWO-Bereitschaft

12. Februar 2020

Nach dem Tod der sechsjährigen Leonie aus Torgelow hat der dortige Landkreis Vorpommern-Greifswald die Weichen in Sachen Kindeswohlgefährdung für das Jugendamt neu gestellt. So wurde dort das Großamt für Jugend und Soziales wieder in zwei getrennt verantwortete Ämter – Jugendamt und Sozialamt – aufgespalten. Statt bisher nur eines Mitarbeiters eines freien Trägers, der die Bereitschaft übernimmt – wie im Fall der Torgelower Patchwork-Familie – sollen künftig je eine Fachkraft vom Jugendamt und eine Fachkraft eines Trägers vor Ort hinfahren, um Kinder in Augenschein zu nehmen.
Außerdem ist eine Kooperation mit der Gerichtsmedizin Greifswald geplant, um Kinder künftig besser gemeinsam begutachten zu können.

Zudem wurde der bisherige Bereitschaftsdienst-Vertrag mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gekündigt, wie Sprecher Achim Froitzheim  sagte. Der Fall Leonie, bei dem später auch Misshandlungen beim kleineren Bruder bekannt wurden,  habe sehr schnell gezeigt, dass bestehende Absprachen mit diesem Träger von diesem nicht erfüllt wurden.

Einen vom Richter in der Urteilsbegründung wichtigen Aspekt könne der Kreis aber nicht erfüllen. So könne nur der Gesetzgeber Kinderärzte zu Meldungen an das Jugendamt verpflichten. Im Prozess war auch bemängelt worden, dass die bisherige Kinderärztin aus Wolgast keinen Kontakt zu einer neuen Kinderärztin im Raum Torgelow bekam. Die Mutter hatte das versäumt. Die Familie war erst Mitte 2018 von Wolgast nach Torgelow gezogen und so vom Radar bei Jugendamt, Kita und Ärzten verschwunden.

Der Kreis will die Jugendamt-Mitarbeiter zudem noch besser schulen und „die Kommunikation mit der Polizei verbessern.“

Leonie war am 12. Januar 2019 tot in der Wohnung der Mutter und des Lebensgefährten in Torgelow in Vorpommern gefunden worden. Der Stiefvater gab an, dass das Kind eine Treppe hinuntergestürzt sei. Das glaubte ihm das Gericht nicht. Richter Jochen Unterlöhner sprach von „massiven Misshandlungen“ durch den Stiefvater, die über eine längere Zeit gedauert haben müssen. Der Mann wurde zu „Lebenslänglich“ verurteilt. Er hat Revision dagegen eingelegt, blieb aber in U-Haft.

Damals am 12. Januar 2019 war eine AWO-Mitarbeiterin als Bereitschaftsdienst in die Familie gerufen worden, hatte aber keine Unregelmäßigkeiten festgestellt und war wieder gefahren. Dabei hatte die Frau die Kinder – den kleinen Bruder und ein Baby – damals wohl gar nicht gesehen, da viel Polizei, Rettungskräfte und eine Medizinerin in der Wohnung waren. An dem Vorgehen gab es später Kritik. So wurden die Verletzungen beim Bruder, die auch vom Stiefvater stammen sollen, nicht berücksichtigt.

Ob auch noch gegen die Mutter verhandelt wird, ist nach wie vor unklar.


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