Nachbar in Malchin getötet: Staatsanwaltschaft will höhere Strafen und legt Revision ein

4. November 2020

Die Urteile im Prozess um eines der schwersten Verbrechen an der Mecklenburgischen Seenplatte werden wohl noch einmal höchstrichterlich überprüft. Das müsste der Bundesgerichtshof in Karlsruhe machen. Wie ein Sprecher der Neubrandenburger Staatsanwaltschaft  gegenüber „Wir sind Müritzer“ mitteilte, hat die Anklagebehörde Revision gegen die Ende Oktober verhängten Urteile (WsM berichtete) gegen den Vater und dessen Sohn eingelegt. Schlicht gesagt: Der Staatsanwaltschaft sind die Haftstrafen deutlich zu gering ausgefallen.
Die zuständige Kammer am Landgericht Neubrandenburg unter Führung von Richterin Daniela Lieschke hatte den 40-jährigen Malchiner und seinen 18 Jahre alten Sohn vor einer Woche zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und neun Monaten sowie vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Vater wurde des „Totschlags im minderschweren Fall“ und „Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte“ für schuldig befunden, der Sohn des „versuchten Mordes“.

Damit war das Gericht allerdings weit unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft geblieben. Deren Vertreter hatte, unter Auschluss der Öffentlichkeit, ebenfalls wegen Totschlags neuneinhalb Jahre Haft für den Vater sowie neun Jahre Haft für den 18-Jährigen gefordert. Der Sohn hatte vor Gericht gestanden, dass beide Ende Juni 2019 bei einer Grillfeier mit viel Alkohol einen Nachbarn in Malchin getötet hatten. Der wegen ähnlicher Delikte bereits vorbestrafte Vater schwieg.

Das Opfer, ein 61-Jähriger aus dem Wohnhaus, hatte sich mehrfach über „die Gören“ beschwert, die großen Krach machten. Der 40-jährige Vater soll andere Gäste, die dem „Nörgler“ schon eher „einen Scheitel ziehen“ wollten, anfangs noch beruhigt haben. Später habe er den Sohn hinauf zu dem Mann geschickt, um diesen zu der Feier einzuladen.

Als der Geschädigte nach dem Essen unten im Hof im betrunkenen Zustand aber nochmal über die „Scheiß-Gören, die man umlegen müsste“ fabulierte, seien bei dem Vater „die Sicherungen durchgebrannt“, wie die Richterin es beschrieb. Der 40-Jährige habe erst gegen den Stuhl getreten, auf dem das Opfer saß. Dann sei der 61-Jährige derart hart geschlagen und getreten worden, auch gegen Kopf und Hals, dass sein Kehlkopf brach. Als der Geschädigte bewusstlos dort lag, habe der Sohn ihm eine Flasche mit Wasser in den Hals gesteckt. Und die Nase zugehalten. Das Gericht wertete das als Verdeckungsmordversuch. Der 61-Jährige starb an den schweren Verletzungen infolge der Schläge und zum Teil auch an Ertrinken.

Der 40-jährige Malchiner soll damals „alkoholisch vollkommen enthemmt“ gewesen sein, später auch noch mindestens ein Auto demoliert und die Polizisten mit einer Schaufel und einem Fleischerbeil bedroht haben. Erst Warnschüsse hatten den Mann stoppen können. Sein Verteidiger hatte eine geringere Freiheitsstrafe für den 40-Jährigen verlangt. Er soll auch eine Entzugstherapie machen. Auch der Verteidiger des Sohnes hat Rechtsmittel eingelegt.

Er hatte für den 18-Jährigen sogar Freispruch gefordert. Nach seiner Auffassung habe der nicht vorbestrafte Sohn angeblich unter dem psychischem Druck des Vaters gehandelt. Alle Seiten wollen nun die Urteilsbegründung abwarten, dann wird entschieden, ob die Revision aufrechterhalten wird. Danach würde der BGH entscheiden – allerdings dauert das in der Regel mindestens ein Jahr. Vorerst bleiben die Verurteilten in Haft.

Fotos: Felix Gadewolz


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