NDR: Zocken ohne Ende – Wann ist es Computerspielsucht?

18. September 2021

Zum Weltkindertag am 20. September wirft das „Kulturjournal“ im NDR-Fernsehen ab 22.45 Uhr einen Blick auf den Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen, der im ersten Lockdown noch deutlich zugenommen hat. Gaming, Soziale Medien, Internet. Nach einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) nutzen 700.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland Computerspiele riskant oder pathologisch. Daddeln, bis der Arzt kommt.
Einer, der die Kontrolle übers Spielen komplett verloren hat, ist der 18-jährige Lucas. Er schmiss die Schule und traf sich nicht mehr mit Freunden, um Tag und Nacht zu zocken.

Seit einigen Wochen erholt er sich auf der Jugend-Suchtstation im UKE. Drei Monate lang bleiben Jugendliche wie Lucas in der Regel hier. Die Patienten finden durch Therapien, Sport und das Erlernen von Instrumenten langsam zurück ins Leben. Am Anfang steht, wie bei allen Suchterkrankungen, ein kalter Entzug, danach werden sie langsam an einen normalen Umgang mit Medien gewöhnt. Aber was ist es, was Jugendliche so am Computerspiel fasziniert?
Das Gehirn ist bei jungen Menschen noch im Wachstum und dadurch besonders anfällig für Verführungen. Da die Impulskontrolle noch nicht vollständig ausgebildet ist, sind Pubertierende Versuchungen wie etwa Computerspielen fast hilflos ausgeliefert.

In der Corona-Pandemie ist der Medienkonsum noch deutlich gestiegen. Während des ersten Lockdowns stieg die Bildschirmzeit von Kindern und Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren von pro Tag durchschnittlich fünf bis sechs Stunden werktags nochmal um 75 Prozent, das Homeschooling nicht mitgerechnet. Was tun? Eltern sind verunsichert, streiten Tag für Tag mit ihren Kindern um die Mediennutzung. Expert*innen sind sich uneinig. Was ist zu viel, was schädlich?

Hirnforscher Prof. Dr. Manfred Spitzer etwa sagt, dass Medienkonsum Kindern Schaden zufüge. Kommunikationsforscher Prof. Dr. Christoph Klimmt dagegen verteufelt Gaming nicht, sondern sieht sogar noch Vorteile für Kinder darin, weil sie beim Computer spielen mit Spaß kognitive Fähigkeiten verbessern würden. Erste Kitas setzen auf Medienkonsum so früh wie möglich, um die Kinder auf die digitale Welt vorzubereiten, und machen mit den Kleinen ein „Tablet-Diplom“.

Computerspiele und soziale Medien, ein Milliardengeschäft, das mit Suchtfaktoren spielt. Prof. Dr. med. Rainer Thomasius, ärztlicher Leiter des Suchtbereichs am UKE, klagt, dass die Spiele-Industrie sich aus der Verantwortung ziehe. Felix Falk vom Verband der deutschen Games-Branche sieht aber auch den Staat und die Eltern in der Pflicht. Doch 50 Prozent der Eltern machen ihren Kindern gar keine zeitlichen Einschränkungen bei der Computernutzung, 33 Prozent beaufsichtigen die Inhalte nicht.


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