Immer mehr Kinder in MV haben „Kreidezähne“

8. Oktober 2021

Karies ist nicht das einzige Problem für Kinderzähne: Immer mehr Kinder und Jugendliche aus Mecklenburg-Vorpommern leiden unter sogenannten Kreidezähnen, bei denen eine Störung des Zahnschmelzes vorliegt. „Die Zähne sind verfärbt und fleckig, sie sind oft schmerzempfindlich und so weich, dass sie schließlich bröckeln“, erklärt Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der BARMER in Mecklenburg-Vorpommern. Laut Analyse im aktuellen BARMER Zahnreport seien hierzulande 8,2 Prozent der Sechs- bis Neunjährigen im Jahr 2019 wegen Kreidezähnen in Behandlung gewesen. Hochgerechnet entspräche das knapp 3.500 Mädchen und Jungen in dieser Altersgruppe. Tatsächlich dürften noch weitaus mehr Kinder betroffen seien, da nur schwerere Fälle in zahnärztlicher Behandlung erfasst worden sind.

„Aus Studien zur Mundgesundheit wissen wir, dass Kinder im Nordosten etwas mehr Karies haben als im Bundesschnitt. Mit den Kreidezähnen breitet sich nun eine weitere Zahnerkrankung aus“, so BARMER Landeschef Henning Kutzbach. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde spreche sogar von einer ,neuen Volkskrankheit‘.

Hohe Prävalenz von Kreidezähnen in Rostock und Schwerin

Im Fachjargon werden Kreidezähne als Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) beschrieben, da die Schmelzstörung typischerweise an den ersten bleibenden Backenzähnen (Molaren) und bleibenden Schneidezähnen vorkommt. Laut BARMER Zahnreport variiert das Auftreten von Kreidezähnen regional sehr stark voneinander. So liegt die Betroffenenrate bei den Sechs- bis Neunjährigen in Mecklenburg-Vorpommern mit 8,2 Prozent nur leicht über dem Bundesniveau von 8 Prozent. Die niedrigste Rate hat Hamburg mit 5,5 Prozent und Nordrhein-Westfalen die höchste mit 10,2 Prozent. Auch auf Kreisebene gibt es große Unterschiede: In Rostock sind 10,4 Prozent der Kinder in der Altersgruppe von Kreidezähnen betroffen, in Schwerin 9,4 Prozent. In Vorpommern-Greifswald ist die Betroffenenrate mit 6,2 Prozent die landesweit niedrigste. „Diese regionalen Unterschiede können wir nicht erklären“, sagt Henning Kutzbach.

Zusammenhang von Kreidezähnen und Antibiotika

Über die Ursachen von Kreidezähnen wird viel diskutiert. Den Ergebnissen des BARMER Zahnreports zufolge gibt es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antibiotika und der Entstehung von Kreidezähnen. Kindern mit Kreidezähnen wurden in den ersten vier Lebensjahren gut 10 Prozent mehr gängige Antibiotika verordnet als Gleichaltrigen ohne MIH. „Antibiotika sind ein Segen. Aber hier zeigt sich einmal mehr, dass diese verantwortungsvoll verschrieben werden müssen: so oft wie nötig und so wenig wie möglich“, so Kutzbach. Wie genau Antibiotika die Entstehung von Kreidezähnen fördern, sei noch unklar. Hier bedürfe es weiterer Untersuchungen.
„Wenn Kinder betroffen sind, ist es wichtig, dass sie engmaschig vom Zahnarzt kontrolliert und notwendige Behandlungen wie Versiegelungen oder Füllungen durchgeführt werden. Nur so lassen sich langwierige Folgebehandlungen vermeiden“, sagt Henning Kutzbach. Um Erkrankungen frühestmöglich erkennen zu können, empfehle er, dass Kinder bereits ab einem Alter von sechs Monaten regelmäßig mit ihren Eltern zum Zahnarzt gehen. Die gesetzlichen Krankenkassen hätten dafür bereits 2019 zusätzliche Früherkennungsuntersuchungen eingeführt.

Richtige Mund- und Zahnhygiene durch Gruppenprophylaxe

Um Erkrankungen wie Karies, Kreidezähne und Kieferfehlstellungen frühzeitig zu diagnostizieren, werden in den Krippen, Kitas und Schulen des Landes routinemäßig Untersuchungen (Gruppenprophylaxe) von den Zahnärzten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes durchgeführt. Jasmin von Gadow, Fachgruppenleiterin des Zahnärztlichen Dienstes und Vorsitzende der AG Jugendzahnpflege der Landeshauptstadt Schwerin, besucht dafür regelmäßig Einrichtungen und klärt über richtige Zahn- und Mundpflege auf. Auch Untersuchungen der Mundhöhle gehören dazu.
„Die Gruppenprophylaxe ist ein sehr wichtiger Baustein in der Vorbeugung und Reduktion von Mund- oder Zahnkrankheiten. Kinder lernen hier von Anfang an, wie die richtige Zahnhygiene funktioniert und werden von uns gemeinsam mit den Einrichtungen spielerisch an eine Zahnputzroutine herangeführt“, erklärt von Gadow. Schwierig seien hier die letzten Monate gewesen, weil aufgrund der Corona-Pandemie Besuche in den Kitas und Schulen nur eingeschränkt möglich gewesen seien. „Bis jetzt können wir noch nicht absehen, ob sich das auf die Mundgesundheit der Kinder auswirken wird“, so von Gadow. Wichtig sei vor allem, dass Einrichtungen, die zum Beispiel wegen verstärkter Hygienemaßnahmen das Zähneputzen eingestellt haben, schnellstmöglich wieder damit anfangen.

@Prof. Dr. Katrin Bekes, MME Wien/DGZMK


Kommentare sind geschlossen.