Neuer Bus in MV: Für die Gesundheit der Arbeitnehmer

23. Juli 2017

Gesunde Mitarbeiter sind ein wichtiger Baustein für den wirtschaftlichen Erfolg. Deshalb gewinnt die betriebliche Gesundheitsvorsorge immer mehr an Bedeutung. Aber wie lässt sich diese in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern positiv und nachhaltig beeinflussen? Daran arbeiten und forschen Mediziner und Wissenschaftler an der Universitätsmedizin Greifswald unter Hochdruck. In dieser Woche haben sie gemeinsam mit Gesundheitsminister Harry Glawe in Greifswald ein neuartiges Gesundheitsangebot für kleine und mittelständische Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern und den dafür ausgestatteten Einsatzbus „PAKt-MV mobil“ vorgestellt.

Ein großer Bus mit vier Funktionsräumen und einem Präventiometer wird ab Herbst durch Mecklenburg-Vorpommern touren und Betriebe ansteuern. „Es geht um eine mobile Gesundheitsförderung von Mitarbeitern in ländlichen Regionen, die in dieser Form einzigartig ist. Mit dem Vorhaben soll ein effizientes betriebliches Gesundheitskonzept für Mitarbeiter von Unternehmen vor allem in ländlicheren Regionen entwickelt und auf seine Alltagstauglichkeit getestet werden“, betonte Gesundheitsminister Harry Glawe.

„Die Wirksamkeit dieser innovativen Dienstleistung wird durch das Institut für Community Medicine untersucht und ausgewertet. Wir brauchen geeignete und zeitgemäße Instrumente der Gesundheitsförderung. Hier helfen Anreize und Motivation, mehr für das Wohlbefinden der Belegschaft zu tun und die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu stärken. Betriebliche Gesundheitsförderung ist zwar vielerorts ein Thema, aber wird noch zu wenig praktisch umgesetzt. Aufgrund ihrer Größe fehlen in vielen Betrieben Kapazitäten für eine eigenständige betriebliche Gesundheitsförderung“, erläuterte Glawe weiter. „Weniger Krankheitstage bringen allen Beteiligten mehr Erfolg. Derartige Angebote stellen auch ein klares Plus für die Attraktivität des Arbeitgebers dar, der einsatzstarke Fachkräfte für sich gewinnen möchte.“

Das Projekt PAKt-MV mobil wird vom Wirtschaftsministerium des Landes MV mit  2,25 Millionen Euro gefördert. Die Projektlaufzeit ist bis 2020 angelegt.

Langfristiger Ansatz steht im Fokus

Die Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern stehen seit vielen Jahren an der Spitze, was die krankheitsbedingten Fehltage anbelangt. Beschäftigte bleiben aus gesundheitlichen Gründen durchschnittlich jährlich etwa 20 Tage ihrem Arbeitsplatz fern. Das liegt über dem bundesdeutschen Durchschnitt von etwa 15 Tagen. Zu dem kommt, dass gerade in einem Flächenland oftmals die Zeit für die regelmäßige Gesundheitsvorsorge fehlt. Genau da setzt „PAKt-MV mobil „zur betrieblichen Gesundheitsförderung an. „PAKt-MV“ steht für eine „mobile Prävention und Gesundheitsförderung für Arbeitnehmer zur Reduktion von Krankheitstagen und Berufsunfähigkeit durch Motivation und Verhaltensänderung“.

Projektleiter sind Prof. Reiner Biffar, Direktor der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und klinische Werkstoffkunde (Schwerpunkt Prävention) und Prof. Carsten Oliver Schmidt vom Institut für Community Medicine (Schwerpunkt Methodik).

„Wenn Berufstätige keine Zeit haben, zum Medizincheck zu gehen, dann kommen wir zu ihnen vor die Tür gefahren“, erläuterte Professor Reiner Biffar das Grundprinzip des Konzeptes. „Allerdings legen wir trotz schneller Ergebnisse aus dem Präventiometer sehr großen Wert auf eine individuelle Langzeitbetreuung, damit eine tatsächliche Verbesserung für den Einzelnen erzielt wird“, so Biffar.

„Die wissenschaftliche Begleitung des Projektes ist von großer Bedeutung, um die Relevanz der durchgeführten Messungen und Maßnahmen nachzuweisen“, hob Prof. Carsten Oliver Schmidt hervor. Studienergebnisse der großen Greifswalder bevölkerungsbezogenen Study of Health in Pomerania (SHIP) werden genutzt, um Gesundheitsrisiken besser bewerten zu können. „Erfolgreiche Check-ups müssen Personen mit einem erhöhten Krankheitsrisiko ausreichend sicher identifizieren“, unterstrich Schmidt. „Dies stellt erhebliche Anforderungen an eine hohe Messgenauigkeit der verwendeten Technologien, wobei die Kosten für einen späteren Einsatz in einem vernünftigen Rahmen bleiben müssen.“

Wie funktioniert PAKt-MV mobil?

Interessierte Unternehmen können mit dem Studienteam einen Bus-Termin vor Ort vereinbaren, der an die Bedürfnisse des Betriebes und die unterschiedlichen körperlichen Belastungen der Kollegen angepasst werden kann. Die Mitarbeiter, die das Programm durchlaufen möchten, werden im Vorbereitungsraum von einem der Studienassistenten in Empfang genommen und eingewiesen. In einem kurzen Interview werden anschließend wichtige Informationen abgefragt, die Körpermaße genommen und ein Sehtest durchgeführt.

Die nächste Station ist der Präventiometer-Raum. Ein Avatar, Anna, führt den Probanden freundlich durch den Check-Up und sagt genau, wann rechts gedrückt, vorn gelesen oder links gepustet werden muss. Mit Hilfe des neuartigen Gerätes erfolgt ein interaktiver Gesundheitscheck im Schnellverfahren, bei dem relevante Vitalparameter erfasst sowie individuelle Risikofaktoren aufgezeigt werden.

Dazu gehören je nach Vereinbarung der Blutdruck, Puls und die Sauerstoffsättigung, eine Körperfettmessung, ein Ruhe-EKG, eine Blutanalyse sowie die Ergometrie, Lungenfunktionsdiagnostik, Ultraschalluntersuchung der Leber, Somatometrie, ein Venen-, Hör- und Sehtest und eine Knochensteifigkeitsmessung. Insgesamt sind bis zu 16 Untersuchungen mit dem Präventiometer möglich. Ein Check-up dauert zwischen 30 Minuten und einer Stunde, je nachdem welche Untersuchungen durchgeführt werden. Der interaktive Ablauf der Untersuchung soll auch Zielgruppen ansprechen, die in der Regel eher selten Präventionsangebote in Anspruch nehmen.

Die erhobenen Parameter sind Grundlage für ein anschließendes Gespräch mit den Teilnehmern. Ziel ist es, bei Bedarf zu einer Einstellungs- und Verhaltensveränderung zu motivieren und die Teilnehmer auf dem Weg der Gesundheitserhaltung oder -verbesserung aktiv zu begleiten. Sofern der Teilnehmer es wünscht, kann ein Präventionscoaching in Anspruch genommen werden.

Erste Ergebnisse im Jahr 2018

Im hinteren Teil des „PAKt-MV mobils“ können Themen der Gesundheitsförderung mit einem Präventionscoach in Kleingruppen von bis zu fünf Personen diskutiert werden. Professionelle Präventionscoachs bieten auf Basis der Untersuchungswerte spezielle auf den individuellen Teilnehmer abgestimmte Programme in der Region an. Diese kontinuierliche Begleitung findet auch außerhalb des „PAKt-MV-Busses“ statt.

„Durch die Wiederholung der Untersuchungen werden aussagekräftige Gesundheitsprofile entstehen. Viele heutige Präventionsprogramme scheitern gerade an dieser Hürde der Begleitung über die Zeit, die wir mit unserem Ansatz nehmen können“, machte Biffar deutlich. „Mit unserem Vorhaben werden wir ca. 2.000 Beschäftigte im Land erreichen.“

„Es werden während der ganzen Projektlaufzeit Daten erhoben und ausgewertet. Mitte 2018 möchten wir die ersten Ergebnisse präsentieren“, kündigte Prof. Carsten Oliver Schmidt an.

Wer kann sich für „PAKt-MV mobil“ anmelden?

Grundsätzlich alle kleineren, mittelständischen Unternehmen, Filialisten oder öffentliche Einrichtungen. Der Einsatz ist in der Pilotphase landesweit möglich.

Angebote können unter pakt-mv@uni-greifswald.de angefragt werden. Erste Ansprechpartnerin zur Kontaktaufnahme ist Projektkoordinatorin Vivian Werner. Informationen gibt es auch im Internet www.pakt-mv.de

Was passiert mit den Daten?

Der Datenschutz spielt eine große Rolle bei dem Projekt. Allein der Teilnehmer entscheidet, was mit seinen Daten passieren darf. Der Arbeitgeber erhält grundsätzlich keinen Zugang zu den Gesundheitsdaten einzelner Mitarbeiter. Als Bestandteil des Forschungsprojektes wird mit Datenschutz- und Arbeitnehmervertretern, Betriebsärzten sowie Arbeitgebern an geeigneten Modellen gearbeitet, um Untersuchungsergebnisse im Interesse eines besseren Gesundheitsmanagements nutzen zu können.

Was passiert bei einem ernsthaften Krankheitsverdacht?

Die im Rahmen von „PAKt‐MV mobil“ erbrachten Leistungen können und sollen keine haus‐ oder fachärztlichen Kompetenzen ersetzen oder gar mit diesen in Konkurrenz treten. Sofern sich beim Check-up konkrete Verdachtsmomente auf klinisch relevante Erkrankungen ergeben, werden diese Auffälligkeiten den Teilnehmern mitgeteilt und empfohlen, sich bei einem Arzt des Vertrauens vorzustellen.

Warum ist der Bus so groß?

Durch die Wahl eines Gelenkbusses als Träger des Gesamtsystems „PAKt-MV mobil“ sind vier getrennte Arbeitsbereiche im parallelen Einsatz möglich, um einen wirtschaftlichen Betrieb organisieren zu können. Mehrere Teilnehmer können auf den verschiedenen Stationen gleichzeitig betreut werden. Das betrifft eine Wartemöglichkeit vor der Untersuchung, das Interview, die Vorbereitung einschließlich der ersten Untersuchungen, der Check-up am und im Präventiometer, das persönliche Gespräch mit dem Präventionscoach und die Schulung in Kleingruppen. Durch den Gelenkbus stehen diese Räumlichkeiten mit ihren speziellen Funktionen ohne große Vorbereitung am Einsatzort zur Verfügung. Beim „PAKt-MV mobil“ handelt es sich um einen niederflurigen Standardstadtbus mit behindertengerechtem Zugang.


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