Ortsumgehung: Briefwähler gucken in die Röhre
Waren. Gegen die Abstimmung zur Ortsumgehung für Waren regt sich neuer Widerstand. Dabei geht es aber gar nicht mal um die Frage, ob die Umgehung gebaut werden soll oder nicht und auch nicht um die Frage, ob der Entscheid am 22. September überhaupt Sinn macht, sondern darum, dass etliche Wähler an diesem Bürgervotum überhaupt nicht teilnehmen dürfen.
Die Abstimmung zur Ortsumgehung steht bereits seit längerem in der Kritik, weil die Gegner der Meinung sind, dass sie in Wahrheit nur eine Schein-Befragung ist. Denn ob die Ortsumgehung komme oder nicht, werde nicht in Waren, nicht in Schwerin, sondern im Bundestag entschieden. Und da sei es ganz egal, wie die Müritzer am 22. September votieren.
Ungeachtet dessen scheint das Interesse sowohl an dem Bürgerentscheid als auch an der Bürgermeisterwahl in Waren groß zu sein. Denn bis gestern haben bereits schon mehr als 1700 Frauen und Männer ihre Briefwahlunterlagen angefordert. Und das sind nach Aussage von Wahlleiter Marc-Olaf Stibbe deutlich mehr als bei anderen Wahlen. „Sonst hatten wir immer insgesamt so um die 2000 Briefwähler. So wie es aussieht, werden es dieses Mal deutlich mehr“, meinte Stibbe.
Dabei seien es nicht nur ältere Menschen, die ihre Kreuzchen jetzt schon machen möchten, sondern auch Wähler, die am 22. September beruflich verhindert sind, zu diesem Zeitpunkt die Seele im Urlaub baumeln lassen oder sich einfach den Sonntag freihalten wollen. Außerdem seien auch viele Wahlunterlagen in alle Teile Deutschlands und sogar ins Ausland wie in die Schweiz oder nach Dänemark verschickt worden. Dort leben Warener, die ihren ersten Wohnsitz in Waren haben.
„Beschneidung der Rechte“
Aber: Die vielen Briefwähler dürfen in Sachen Ortsumgehung kein Wörtchen mitreden. Sie bekommen diesen Stimmzettel nämlich gar nicht zugeschickt. Eine Entscheidung des Schweriner Energieministeriums mit ihrem Minister Volker Schlotmann. „Man hat sich dort wegen des Aufwandes und aus Kostengründen entschieden, an die Briefwähler keine Stimmzettel zur Ortsumgehung zu schicken“, bestätigte Marc-Olaf Stibbe. Es sei denn, die Briefwähler kommen ins Amt. Dort geben sich die Warener schon jetzt die Klinke in die Hand, um ihre Stimme abzugeben.
„Ich mache ja Briefwahl, weil ich nicht ins Amt kann. Das ist schon ein Unding und eine Beschneidung meiner Rechte, dass ich nicht zur Ortsumgehung mitreden darf. Wer solche Entscheidungen trifft, ist nicht wirklich an Demokratie interessiert“, so ein Warener, der sich aus beruflichen Gründen nicht an der Müritz aufhält.
Ein Kommentar zum Bürgervotum
Wer soll das verstehen? Da gibt sich MV-Energieminister Volker Schlotmann seit Wochen ach sooo demokratisch und lässt sich gerne für sein initiiertes Bürgervotum zur Warener Ortsumgehung feiern. Da werden keine Kosten und Mühen gescheut, um die Warener zu informieren und sie zur Abstimmung am 22. September zu bewegen. Und da druckt man Infozettel über Infozettel, damit auch alle wissen, um was es geht. Doch dann verwehrt man vielen Warener einfach die Möglichkeit, ihre Stimme abzugeben. Wegen ein paar Euro mehr.
Der Hinweis, die Briefwähler könnten ja ins Amt kommen und dort ihr Kreuzchen machen, ist mehr als lächerlich und schon fast eine Beleidigung. Denn die meisten Briefwähler machen nun mal Briefwahl, weil sie eben nicht ins Amt gehen können. Entweder, weil sie sich gar nicht zu Hause aufhalten oder aber aus gesundheitlichen Gründen. Mit Gleichbehandlung hat das wohl eher nichts zu tun.
Und trotzdem scheint Volker Schlotmann sich nach wie vor mit seiner Idee als Super-Politiker präsentieren zu wollen. Wie sonst ist es zu erklären, dass er das Ergebnis der Abstimmung erst am 25. September verkünden möchte? Höchstpersönlich, aber ganze drei Tage nach der Wahl!
Sorry, aber auch hierfür dürften die Warener zu Recht kein Verständnis haben. Braucht der Herr Minister seinen Extra-Auftritt im Scheinwerferlicht oder will er uns allen Ernstes weiß machen, dass die Auszählung so lange dauert? Das Ergebnis muss – so wie auch das der Bundestags- und Bürgermeisterwahl – noch am selben Abend bekanntgegeben werden. Alles andere macht das gesamte Bürgervotum endgültig zur Lachnummer.
Antje Rußbüldt-Gest