Prozess noch länger: Weitere Zeugen im Fall Alt Rehse

5. September 2019

Die Fenster an der ehemaligen Gaststätte Rethra in Alt Rehse sind gekippt, das Gras steht aber weiter kniehoch: „Ab und zu sieht man den Bewohner mal hier“, erzählt ein Dorfbewohner. Der „Bewohner“ des Ex.Lokals – der 54 Jahre alte Axel Ingo G. – steht seit sieben Monaten in einem eigentlich aufsehenerregenden Prozess in Neubrandenburg vor Gericht. Das Verfahren läuft aber hinter verschlossenen Türen – und es wird noch mindestens bis Ende Januar 2020 laufen. Nach Informationen von „Wir sind Müritzer“ hat die Kammer des Landgerichtes unter Vorsitz von Henning Kolf Termine bis dahin geplant. Ob diese reichen – selbst das ist laut Gericht noch nicht klar.

Nur eins scheint sicher: Der Angeklagte erscheint pünktlich zu den Verhandlungen – obwohl sein Haftbefehl Anfang 2019 aufgehoben worden war –, und sorgt mit immer neuen Anträgen für einen immer längeren Prozess. Und er scheint sich Augenzeugen zufolge inzwischen so sicher zu fühlen, dass er einige Dörfler und Amtspersonen schon wieder bedrohte, wie sie gegenüber „Wir sind Müritzer“ erklärten.

Der Angeklagte kam zuletzt mit einem seiner Anwälte mit dem Auto zum Prozess. Er trug Jackett. Vor dem Verhandlungssaal verkündet ein Schild „Nicht-öffentliche Sitzung“. Das soll noch mindestens 10 weitere Verhandlungstage so gehen, auch am 27. Dezember. In dem Prozess soll ja – unter anderem mit Polizisten und Einwohnern aus dem Dorf – möglichst detailliert beleuchtet werden, in welchem psychischen Zustand sich der 54-Jährige im Frühjahr/Sommer 2016 befand.

Damals sorgte der Mann immer wieder für Aufsehen im Ort. Mehrfach mussten Polizisten kommen, weil es Ruhestörungen gab. In der Ex- Gaststätte lebte G. damals mit der 32 Jahre alten Sarah H.. Zuletzt fanden Polizisten nicht nur den lauten Hausbesitzer, sondern auch eine zum Teil bereits verweste Leiche. Die Tote war in Decken gewickelt, auf eine Sackkarre geschnallt und soll etwa zwei Monate vorher gestorben sein.

Termine bis Ende 2020 geplant

Untersuchungen ergaben später, dass es sich um die 32-Jährige aus Rheinland-Pfalz handelte, die durch eine Kuppelshow bei Sat.1 bekannt geworden war. Sie soll gefesselt gewesen und dann verhungert und verdurstet sein. Die genaue Todesursache konnten Rechtsmediziner nicht mehr ermitteln. Der Angeklagte hatte im ersten Prozess auch bedauert, nicht rechtzeitig einen Arzt geholt zu haben. Ob das aber in dem jetzigen Prozess verwendet werden kann, ist nicht klar.

Vor zwei Jahren wurde G. zu fünf Jahren Haft verurteilt, er soll „vermindert schuldfähig“ gewesen sein. Der Bundesgerichtshof hob aufgrund einer Revision seines Anwaltes das Urteil aber auf und ordnete eine Neuverhandlung an. Nun wird geprüft, ob der Mann damals so krank war, dass er die Konsequenzen seines Handelns gar nicht überblicken konnte , also „vollkommen schuldunfähig“ war.

Sollte das der Fall sein, könnte er sogar freigesprochen werden. Wenn noch immer eine Gefahr von ihm ausgehen würde, müsste er aber befürchten, dauerhaft in einer Psychiatrie untergebracht zu werden. Besonders viel dürfte in diesem Fall vom Gutachten der Psychiaterin abhängen – und auch vom Verhalten des Angeklagten während des Prozesses.

Von den bisher verurteilten 60 Monaten Haft – die aber nicht rechtskräftig wurden – hat er in U-Haft bereits 31 Monate „abgesessen.“ Sollte er komplett freigesprochen werden, hätte er Anspruch auf Haftentschädigung. Das Urteil soll öffentlich verkündet werden, die Termine sind zunächst bis zum 27. Januar 2020 geplant.


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