Von Treppe gefallen oder misshandelt? – Prozess um Tod von sechsjähriger Stieftochter Leonie beginnt

24. September 2019

Anfang Januar hatte der Tod der sechsjährigen Leonie aus Torgelow in Vorpommern viele Menschen erschüttert (WsM berichtete), nun beginnt die juristische Aufarbeitung. Heute beginnt das Landgericht Neubrandenburg den Prozess wegen „Mordes durch Unterlassen“ gegen den Stiefvater des Mädchens. Der damals 27 Jahre alte Mann hatte die Rettungskräfte am 12. Januar gerufen, weil die Stieftochter angeblich eine Treppe in der Wohnung in Torgelow hinuntergefallen und sich tödlich verletzt haben soll.
Als die Helfer kamen, konnten sie dem Mädchen nicht mehr helfen. In der Wohnung waren noch ein zwei Jahre alter Bruder, ein Baby und die leibliche Mutter aller drei Kinder. Das Baby ist das gemeinsame Kind des Beschuldigten mit der Frau.

Gutachtern kamen die Verletzungen des Mädchens aber unnormal für einen Treppensturz vor. Somit geriet der Beschuldigte nach und nach unter den schrecklichen Verdacht, er habe Leonie geschlagen und dabei so am Kopf verletzt, dass sie an diesen Folgen starb. Um seine Tat zu vertuschen, soll er erst zu spät Retter geholt haben. Weil er auch den Zweijährigen misshandelt haben soll, wird ihm zudem „Misshandlung von Schutzbefohlenen“ vorgeworfen. Auch die Mutter muss mit Strafverfolgung rechnen, da sie ebenfalls nicht eher Hilfe geholt habe.

Was an dieser Anklage dran ist, das soll durch den umfangreich geplanten Prozess nun ans Licht kommen. Der Beschuldigte hat die Vorwürfe bisher bestritten. Da Beobachter annehmen, dass er bei dieser Aussage mit dem Treppensturz bleibt oder sogar vor Gericht schweigt – was sein Recht wäre, wie das jedes Angeklagten – sind bereits 13 Verhandlungstermine geplant. Dazu sollen 40 Zeugen gehört werden, darunter der leibliche Vater von Leonie und ihrem Bruder, dazu Bekannte des Paares, das erst kurz vorher aus Wolgast nach Torgelow gezogen war, und natürlich auch die Mutter von Leonie.

Außerdem verlässt sich die Schwurgerichtskammer auf den Sachverstand von mindesten vier Gutachtern, die aus der Gerichtsmedizin und der Psychiatrie kommen. Der psychiatrische Gutachter ist besonders erfahren, er hatte zuletzt den Mörder der 18-jährigen Maria aus Zinnowitz aus Usedom begutachtet und ihn als „gefährlich“ eingestuft. Dieser hatte eine Einweisung in die Psychiatrie erhalten und kann vorerst nicht damit rechnen, überhaupt noch einmal freizukommen.
Dem Stiefvater aus dem Torgelower Fall droht ebenfalls eine lebenslängliche Haftstrafe – das soll aber erst Ende November feststehen.


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