Warum sich Gastronomen abgezockt und Stadtvertreter überrumpelt fühlen

10. April 2015

Das wollen einige Stadtvertreter nicht auf sich sitzen lassen: Die Gastronomen in Waren sollen ab diesem Jahr für die Nutzung der Flächen vor ihren Einrichtungen deutlich mehr zahlen als bislang, die Verwaltung schiebt den Schwarzen Peter zu den Stadtvertretern, doch die geben ihn zurück.

„Ich werde verdammt sauer, wenn ich so etwas höre. Richtig ist, dass ich die Änderung der entsprechenden Satzung beantragt habe, aber aus einem anderen Grund. Mir ging es darum, dass es nicht sein kann, dass mobile Händler wie beispielsweise der Bratwurststand so viel zahlen müssen. Deshalb wollte ich eine Änderung. Dass die Gastronomen jetzt so viel mehr bezahlen sollen, wurde uns von der Verwaltung in diesem Zusammenhang untergejubelt“, erklärte FDP-Mann Toralf Schnur und reagierte damit auf einen Beitrag von „Wir sind Müritzer“ zu diesem Thema. Andere Stadtvertreter bestätigten diese Sichtweise gegenüber WsM.

Erhöhung um mehr als 50 Prozent

GeldscheineBei der Erhöhung der so genannten Sondernutzungsgebühr handelt es sich keineswegs um Peanuts. Laut beschlossener Satzung zahlen die Gastronomen pro Quadratmeter beanspruchter Verkehrsfläche bis zu 15 Cent mehr am Tag. In der Saison werden somit jetzt 35 Cent je Quadratmeter fällig.
Für Vlado Onufrak so viel Geld, dass er darüber nachdenkt, auf seiner beliebten Terrasse des „Tutti Frutti“-Eiscafés vor dem Speicher am Hafen in diesem Jahr deutlich weniger Tische und Plätze anzubieten. Verständlich, denn bei ihm macht die Erhöhung satte 53,33 (!) Prozent aus – steigt von rund 9000 Euro im Jahr 2014 auf  rund 13 800 Euro im Jahr 2015 .

„Wo soll das Geld herkommen? Wir verdienen nur wenige Monate im Jahr, ich bezahle 40 Mitarbeiter, und zwar vernünftig, ich investiere regelmäßig in mein Mobiliar, damit es am Hafen ansprechend aussieht und dann das“, so der Gastronom im Gespräch mit „Wir sind Müritzer“. Auch andere betroffene Restaurantinhaber fühlen sich regelrecht abgezockt von der Stadt und gucken sogar neidisch in andere Städte.

Andere Städte wollen Wirtschaft fördern

In Neubrandenburg beispielsweise zahlen Gastronomen lediglich 0,09 Cent pro Tag (Waren 35 Cent), in Röbel und Malchow sind es nur 0,07 Cent pro Tag und die Neustrelitzer Stadtväter wollen gar nur eine Bearbeitungsgebühr von 80 Euro. Denn sie möchten zum einen die Wirtschaft fördern sowie die Schaffung von neuen Jobs fördern und sie wissen nach eigener Aussage zum anderen, dass die Gastronomen mit ihren Angeboten für mehr Attraktivität sorgen.

In Waren, so die Unternehmer, weiß man das offenbar nicht und ist gerade dabei, die vor allem im Sommer bei Einheimischen und Urlaubern überaus beliebte gastronomische Kultur in der Innenstadt und am Hafen zu zerstören.

Ob die Stadt durch diese Gebührenerhöhung wirklich so viel mehr einnimmt, bleibt abzuwarten. Denn wenn die Gastronomen jetzt weniger Stühle und Tische stellen, machen sie logischer Weise weniger Umsatz. Und das bedeutet dann auch weniger Gewerbesteuer für die Stadtkasse…..

Hafengross


4 Antworten zu “Warum sich Gastronomen abgezockt und Stadtvertreter überrumpelt fühlen”

  1. Norbert Bluhm sagt:

    Das grundsätzliche Problem (nicht nur in der Warener Stadtvertretung) ist 1., dass viele Gemeindevertreter die Vorlagen der Verwaltung weder inhaltlich, rechtlich noch rechnerisch vor Beschlussfassung prüfen (können) [„Die machen da schon alles richtig“, lautet die vorherrschende Meinung.]. 2. „GroKo“-Durchwinken Mode geworden ist und 3. die „Opposition“ nicht gehört wird.
    Da, dem Vernehmen nach, der Warener GroKo jetzt auch von Seiten der hiesigen Gastronomen für diesen rückwirkenden Gebührenerhöhungsbeschluss Wind ins Gesicht bläst, wäre es ja ein Leichtes, CDU/SPD würden zur nächsten Sitzung die Beschlussaufhebung beantragen und beschließen.
    Ein Grundproblem besteht allerdings darin, dass die, die Geld erwirtschaften, es nicht verteilen und die Umverteiler nichts erwirtschaften. Würde mit dem Erwirtschafteten gut gehaushaltet, wär’s ja gut (Stichworte: überteuertes Bürgerbüro, desolates Adressbuch). Würde die Verwaltung ihren ordnungsrechtlichen Rahmen ausschöpfen, wär’s noch besser (Stichworte: Kontrolle der Hundesteuer und Einhaltung der Stadtordnung).
    Zudem gibt’s de facto weder eine persönliche noch kollektive Verantwortlichkeit. Da liegt der Hase im Pfeffer.

  2. Peter Sohr sagt:

    Weitsicht und Nachhaltigkeit bei der Ausarbeitung von geplanten Geldbeschaffungsmaßnahmen a la Gebührenbescheidvergabe für Flächennutzung in der Außen-Tagesgastronomie wäre schon ideal.
    Leider merkt man davon nicht so viel.

    Wir hatten dazu schon einmal einen Beitrag:

    https://www.wir-sind-mueritzer.de/allgemein/stadt-will-bei-gastronomen-kraeftig-abkassieren/#comments

  3. Willi sagt:

    Oh, je mir kommen die Tränen wenn ich diesen Bericht lese. Vor Jahren gab es unten am Hafen eine kleine Eisdiele eine kleine Gaststätte. Jetzt hat nach meinen Informationen ein Besitzer die ganze Geschäftszeile (Eis) am Hafen. Also so schlecht kann es diesem Besitzer nicht gehen. Hier sollte man mal sehen was der kleine Bürger an Grundsteuer (400%) an die Stadt zu zahlen hat (ohne Einkommen). Nicht nur Gastronomie sondern auch der kleine Mann/Frau wird hier in Waren kräftig zur Kasse gebeten.

  4. Charly sagt:

    Waren leistet sich schon einen wirklich ganz besonderen Bürgermeister. Da kann der Stadtrat ruhig schon mal Beschlußvorlagen verschlafen. In Schilda würde man das mal wieder einen Schildbürgerstreich nennen. Na dann gute Nacht!