Was ist an den Straßenleuchten los? Naturschutzprojekt braucht Unterstützung

23. September 2020

In einigen Kommunen Deutschlands hängen seit diesem Jahr merkwürdige sackähnliche Gebilde an einigen Straßenleuchten. Wer genau hinschaut, findet auch zeltartige Konstruktionen auf den Gewässern in der Nähe dieser Straßenleuchten. Was hat es damit auf sich? Es handelt sich hierbei um Insektenfallen, mit denen das Projekt „Artenschutz durch umweltverträgliche Beleuchtung“ dem nächtlichen Insektensterben auf der Spur ist. Weltweit nimmt die nächtliche Himmelshelligkeit jährlich um zwei bis sechs Prozent zu, mit unabsehbaren Konsequenzen für Ökosysteme. Straßenbeleuchtung hat einen nicht unbedeutenden Anteil daran, aber auch die private Beleuchtung wie Werbeschilder, Garten- und Balkonbeleuchtung nimmt rasant zu. Künstliches Licht aber kann nachtaktive Fluginsekten stark beeinträchtigen. Welche Insekten besonders betroffen sind und welche Art von Beleuchtungsdesign weniger negative Auswirkungen zeigt, wird im Rahmen des Projektes in den Städten Krakow am See (Mecklenburg-Vorpommern) und Fulda (Hessen), sowie den Ortschaften Neuglobsow und Gülpe (beide Brandenburg) untersucht.

Um das Vorkommen und Verhalten der Insekten über vier Jahre zu untersuchen und die Ergebnisse vergleichen zu können, muss die Beleuchtungssituation aber erst einmal verändert und an manchen Orten sogar verschlechtert werden. Die lobenswerte Halbnachtschaltung in vielen Gemeinden, die nur in wenigen Stunden, wenn tatsächlich nur Passanten unterwegs sind, eingeschaltet ist, muss in der Projektlaufzeit während der Untersuchungen in den Monaten März bis Oktober aufgehoben werden. Denn Ziel ist es alle Insektengruppen zu untersuchen, aber nicht alle fliegen in den frühen Abendstunden, für viele beginnt der Tag erst weit nach Mitternacht.

Das Projekt wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert. Die technischen Voraussetzungen für das insektenfreundliche Straßenbeleuchtungsdesign werden durch das Fachgebiet der Lichttechnik an der TU-Berlin untersucht. Die ökologischen Auswirkungen eines optimierten Straßenbeleuchtungsdesigns werden wissenschaftlich durch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) begleitet.

Wichtig dabei sind die Datenerhebungen durch Freiwillige, die sich als Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an dem Projekt beteiligen möchten. Ohne diese Unterstützung kann weder die Masse der Insekten bestimmt, noch die Auswirkung der Beleuchtung auf den Nachthimmel kontinuierlich gemessen werden. Mitmach-Aktionen und Umweltbildung bieten das Umweltzentrum Nossentiner-/Schwinzer Heide, das Umweltzentrum Fulda, das Stechlinsee-Center in Neuglobsow und der NABU Westhavelland. Alle Termine werden auf der Website des Projektes (www.tatort-strassenbeleuchtung.de) bekannt gegeben. Folgende Mit-Mach-Aktionen bietet das Projekt an:

  • Mithilfe während des monatlichen Insekten-Monitorings beim Aufstellen und Entleeren der Fallen
  • Workshops für die Bestimmung der gefangenen Insekten, in welchen erlernt werden kann, wie die Insekten in Ordnungen gruppiert werden und welche ökologischen Funktionen sie erfüllen
  • Messungen der Nachthimmelshelligkeit

Interessierte aus ganz Deutschland können Beobachtungen über die Sichtbarkeit der Sterne anhand der App „Verlust der Nacht“ messen. Im Rahmen des Projektes werden gezielt Messveranstaltungen durchgeführt werden, um die Auswirkungen des neuen Straßenbeleuchtungsdesigns lokal zu untersuchen. Außerdem sucht das Projekt Expertinnen und Experten, die einzelne Insektenordnungen, z.B. Nachtfalter oder Eintagsfliegen, bis auf Artniveau bestimmen können. Anwohnerinnen und Anwohner werden gebeten, durch Installation von Photometern auf ihren Grundstücken die nächtliche Himmelshelligkeit dauerhaft zu messen und diese Daten dem Netzwerk beizusteuern.

Die Anwohnerschaft der Straßenabschnitte, in denen das Insektenmonitoring stattfindet, kann das Projekt unterstützen, indem sie einmal pro Monat eine kleine Stellfläche für Lichtfallen auf ihren Grundstücken zur Verfügung stellen.

Nicht zuletzt wird die Meinung der Anwohner und Besucher über das neue Straßenbeleuchtungsdesign in Form von Interviews erhoben werden. Wahrscheinlich aber fühlen sich beide Gruppen wohler mit weniger Licht auf Augenhöhe ‑ die Insekten und der Mensch.

Sind Sie interessiert? Dann nehmen Sie die Einladung zur Auftaktveranstaltung des AuBe-Projekts am 30.10. im Stechlinsee-Center in Neuglobsow war. Aufgrund der Corona-Präventionsmaßnahmen ist die Anzahl der Teilnehmenden begrenzt. Eine Anmeldung ist bis zum 25.10. möglich. Die Plätze werden nach dem Datum der Anmeldung vergeben. Bei Interesse an der Auftaktveranstaltung oder um sich im Projekt zu beteiligen, senden Sie bitte eine E-Mail mit Ihrem Namen und Wohnort an: poststelle-nsh@lung.mv-regierung.de oder aube@igb-berlin.de.

Bild: Straßenlaterne mit Insektenfalle Krakow am See
Foto: Martin Post


Eine Antwort zu “Was ist an den Straßenleuchten los? Naturschutzprojekt braucht Unterstützung”

  1. Nachdenklicher sagt:

    Das ist sehr schön. Allerdings sollte es bei viel einfacheren Dingen beginnen. Da wird vom Umweltamt das sauber halten von Flächen verlangt, das heißt, der Mecklenburger Magerrasen, wie man es nun nennt, muss gemäht werden und das passiert- ich musste es oft beobachten- wenn er voll Insekten ist. Auch werden Wiesengräben und andere ja nun beinahe jährlich mit dem Bagger bearbeitet, was dort lebenden Insektenlarven das Leben kostet und nicht nur denen, sondern auch vielen Lurchen u.a. Schafft diesen zerstörenden Unsinn endlich ab! Überlasst den Insekten Lebensräume, die sowieso nicht genutzt werden, pflegt die als solche, aber mit Sinn und Verstand. Das muss nicht mal Geld kosten.