Zahl der Kampfmittel-Soforteinsätze deutlich zugenommen

3. März 2020

Der Munitionsbergungsdienst Mecklenburg-Vorpommern hatte im vergangenen Jahr ordentlich zu tun – unter anderem auch in der Müritz. „Die Kampfmittelbeseitigung ist auch über 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer noch eine Mammutaufgabe. Und das wird auch noch die nächsten Jahrzehnte so bleiben“, sagte Innenminister Lorenz Caffier.
In insgesamt 467 Fällen wurden in MV zusammen 13,5 Tonnen Kampfmittel geborgen (die höchste Gesamtmasse bei Soforteinsätzen seit dem Jahr 2005), in 293 Fällen waren dies ehemals reichseigene Kampfmittel (Deutsches Reich bis 1945), in 19 Fällen ehemalige alliierte Kampfmittel und in den restlichen Fällen sonstige Kampfmittel (neuzeitliche Kampfmittel, zivile Munition) sowie sichergestellte Pyrotechnik und sonstige munitionsähnliche Gegenstände.

Die Einsätze wurden von den Mitarbeitern der vier Standorte Munitionsbergungsdienstes durchgeführt. Hierbei hatte der Zuständigkeitsbereich Schwerin mit 170 Einsätzen den höchsten Anteil, es folgen Mirow (112), Mellenthin (106) und Jessenitz (79 Einsätze).

Das Fundaufkommen pro Einsatz erstreckt sich hierbei von Einzelfunden (einzelne Infanteriepatrone) mit 10 Gramm über Bombenfunde mit jeweils 250 kg und 500 kg Masse für ein einzelnes Kampfmittel bis hin zu komplexen, mehrtägigen Einsätzen. So wurden z.B. aus dem Trichtergelände einer gesprengten Munitionsanstalt bei Fürstensee in fünf Arbeitstagen 2,1 Tonnen Granaten oder aus einer Munitionsvergrabung bei Dassow in fünf Arbeitstagen insgesamt 2,46 Tonnen Kampfmittel geborgen – die Nachsuche durch eine beauftragte Fachfirma ergab weitere 885 Kampfmittel.

Keine Unfälle bei der Beseitigung in MV

Allerdings darf die Gefährlichkeit der zum Teil nur wenige Gramm Sprengstoff enthaltenden kleinen Kampfmittel nicht unterschätzt werden. Bei der unkontrollierten Explosion einer Handwaffenpatrone ist schon mit schweren Verletzungen zu rechnen. Die Detonation einer 2 cm Sprenggranate mit nur 10 Gramm Sprengladung führt in der Regel zu tödlichen Verletzungen. Auch bei den oben genannten Kampfmittelfunden waren einige, die nach Einschätzung der Fachleute des Bergungsdienstes aufgrund fehlender Handhabungs- und Transportfähigkeit noch am Fundort gesprengt werden mussten.

Innenminister Lorenz Caffier rechnet damit, dass die Aufwendungen zur Abwehr der von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren noch lange nicht reduziert werden können. Erfreut zeigt er sich darüber, dass es keine Unfälle bei der Kampfmittelbeseitigung gegeben hat. Er führt dies auf die gute Ausbildung, die Umsicht und Professionalität sowohl des Personals des Munitionsbergungsdienstes M-V als auch der beauftragten zivilen Räumfirmen zurück.

Die Gesamtkosten für diese Einsätze beliefen sich auf fast 170.000 Euro (Personalkosten und Technikkosten wie Fahrtkosten, Einsatz von Spezialtechnik), insgesamt waren die Fachleute des Munitionsbergungsdienstes bei diesen Einsätze 3.132 Stunden unterwegs und haben dabei 61.591 Kilometer zurückgelegt.

Vorsorgliche Absuche

Das Fundaufkommen der Soforteinsätze ist wie in den vergangenen Jahren über das gesamte Land verteilt. Schwerpunkte sind die bekannten und im Kampfmittelkataster dokumentierten Belastungsflächen. Im Kampfmittelkataster wird auch jeder einzelne Soforteinsatz mit allen relevanten Daten, wie z.B. Stückzahl und Art der geborgenen Kampfmittel erfasst. Seit der Einführung im Jahr 2000 sind dies rund 9.248 Einsätze mit insgesamt über 199 Tonnen Kampfmitteln. Diese Dokumentation dient u.a. auch der Verifikation der bislang bekannten Angaben von kampfmittelbelasteten Flächen. Daneben bietet sie z.B. konkrete Hinweise auf auffällige Häufungen von Soforteinsätzen und sich daraus möglicherweise ergebenden Handlungsbedarf.

Die Anzahl der Soforteinsätze ist in den vergangenen Jahren insgesamt betrachtet leicht rückläufig, hat aber seit 2017 (333 Einsätze) und 2018 (398 Einsätze) im Jahr 2019 wieder (467 Einsätze) deutlich zugenommen. Ebenso hat die Masse der bei diesen Einsätzen geborgenen Kampfmittel überproportional zugenommen (2017: 3,8 Tonnen, 2018: 7,4 Tonnen, 2019: 13,5 Tonnen).

Ein weiterer Aspekt ist die seit Jahren durch den Munitionsbergungsdienst vorangetriebene vorsorgliche Absuche von Baugeländen in kampfmittelbelasteten Flächen vor dem Bodeneingriff durch Baufirmen. In einigen Bereichen, wie z.B. in der Landeshauptstadt Schwerin, wird durch die zuständige Bauordnungsbehörde eine Baugenehmigung in kampfmittelbelasteten Flächen erst dann erteilt, wenn vorher die Gefährdung durch Kampfmittel beseitigt wurde. Hierzu werden die durch den Bergungsdienst  bereitgestellten Daten aus dem Kampfmittelkataster des Landes genutzt, um die Kampfmittelbelastungsflächen zu lokalisieren. Dies führt dazu, dass in Schwerin seit Jahren keine „Zufallsfunde“ von Bombenblindgängern mehr erfolgen.

Auf keinen Fall berühren

Die vom Bergungsdienst initiierte Neufassung der Kampfmittelverordnung soll unter anderem diese Vorgehensweise im gesamten Land verbindlich machen, so dass das unkontrollierte Freilegen von Kampfmitteln bei Bauarbeiten mit der damit verbundenen Gefährdung des Baupersonals zukünftig landesweit vermieden wird.

Der Munitionsbergungsdienst des Landes hält für die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Einsätze in den vier Außenstellen auch nach Dienstschluss zwei Teams in Rufbereitschaft, die rund um die Uhr und an Sonn- und Feiertagen zur Verfügung stehen, um kurzfristig reagieren zu können. Durchschnittlich mehr als 1x pro Tag muss ein Team zu einem Einsatz ausrücken, um zufällig durch unbeteiligte Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns aufgefundene Kampfmittel beseitigt werden müssen.

Jede Person, die einen kampfmittelverdächtigen Gegenstand findet, sollte folgendes beherzigen:

Nicht berühren, anfassen oder Lage verändern
Information der Polizei oder der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde, diese informiert den MBD M-V, der das Problem beseitigt.

Informationen zur Arbeit des Munitionsbergungsdienstes M-V sind auch abrufbar unter der Internetadresse
http://www.brand-kats-mv.de/Munitionsbergung/

Fotos: Archiv


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