Der bekannteste Kranichschützer Deutschlands ist verstummt: Wolfgang Mewes starb unerwartet mit 79 Jahren

31. Oktober 2022

Wer in der Müritz-Region und in ganz Mecklenburg-Vorpommern etwas zu den Kranichen wissen wollte, konnte immer Wolfgang Mewes fragen. Der 79-jährige studierte Biologie- und Sportlehrer aus Karow war einer der Mitbegründer des Naturparks Nossentiner/Schwinzer Heide, wozu auch Teile der Müritz-Region und der Drewitzer See gehören, und galt als einer der bundesweit wichtigsten Kenner der majestätischen Großvögel. Nun müssen die Familie, der Naturpark und auch die Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz Deutschland auf Mewes profunde Kenntnisse verzichten: Der hilfsbereite Naturfreund ist am 20. Oktober plötzlich gestorben. „Er ging sozusagen mit den Kranichen, die ihren Winterzug begonnen haben“, sagte seine Frau gegenüber „Wir sind Müritzer“.

Ob es um die Rastgebiete der Kraniche ging, wie den Rederangsee, den Drewitzer See oder die Langenhägener Seewiesen und die riesigen Wiesengebiete in Nordbrandenburg und den Zingster Bodden, Mewes wusste immer Bescheid. Er kannte sehr viele Brutnester persönlich, bangte mit den Vögeln darum, dass die Gelände um die Neststandorte feucht genug waren, damit natürliche Feinde fernblieben. Und sorgte auch dafür, dass die Bauern ihre Äcker so abernteten, dass auch noch etwas für den „Winterspeck“ der Kraniche übrig blieb. Denn ohne ihre Nahrung in ganze MV und Brandenburg würden viele Kraniche ihre Winterwanderung Richtung  Frankreich, Spanien und Nordafrika nicht überstehen.

Auch zur „Sprache“ – also dem Trompeten und anderen Lauten der Großvögel – forschte der Vogelfreund. Nach einer starken Zunahme der Brutgebiete von 1990 bis 2015 musste Mewes zuletzt wieder stark gesunkene Nachwuchszahlen bei den Kranichküken aufnehmen. Dazu führte die monatelange Trockenheit ab 2018, denn ohne Wasser haben Waschbären, Füchse und andere Nesträuber leichteres Spiel. Manch ein Kranich-Paar gab die Kükenversorgung angesichts der Dürrejahre auch auf, da zu wenig Nahrung da war.

Er rechne damit, dass der Bestand noch stabil bleibt, sagte Mewes zuletzt im Sommer noch zu WsM. Die Großvögel werden bis zu 12 Jahre alt. In der Zeit könne weiter genug Nachwuchs erbrütet werden, dass der Bestand in MV stabil bleibt. Dazu müssen die Vögel aber auch genug  ungestörte Rückzugsräume behalten.

Mewes starb sechs Tage vor seinem 80. Geburtstag, ohne vorher ernsthaft erkrankt gewesen zu sein. Er hinterlässt zwei erwachsene Kinder, vier Enkel und einen Urenkel. Am 12. November soll am Karower Meiler eine Trauer- und Gedenkveranstaltung für ihn ausgerichtet werden.

In Mecklenburg-Vorpommern finden Kraniche trotz der letzten Trockenjahre immer noch stabile Lebensbedingungen vor. So lebt die Hälfte aller etwa 12 000 Brutpaare des Graukranichs in Deutschland zwischen Elbe und Oder. Mewes schätzte, dass es rund 3000 Brutpaare in Brandenburg und 1500 in Niedersachsen gibt, wo manche Großvögel in der Diepholzer Moorniederung auch überwintern.

Es folgen Sachsen-Anhalt (800), Schleswig-Holstein (550) und Sachsen (500), auch Bayern hat 40 Brutpaare.


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